Geschützte Kreuzung
Eine geschützte Kreuzung ist eine ebenerdige Straßenkreuzung, an dem Radfahrer und Fußgänger vom Kraftverkehr getrennt sind. Rechts abbiegende Fahrzeuge (in Ländern, die auf der rechten Seite fahren, oder links in Ländern, die auf der linken Seite fahren) sind durch eine Fahrzeuglänge von überquerenden Radfahrern und Fußgängern getrennt, was eine längere Reaktionszeit gewährt und zu einer erhöhten Sichtbarkeit führt. Autofahrer, die nach rechts abbiegen wollen, haben eine bessere Sicht auf Radfahrer und Fußgänger, da sie zur Seite schauen können, um Konflikte zu vermeiden, anstatt über ihre Schultern schauen zu müssen.
Diese Art von Kreuzung ist in den fahrradfreundlichen Niederlanden üblich. Einige andere Länder und Verwaltungsgebiete haben angefangen, geschützte Kreuzungen ähnlich denen in den Niederlanden[1] zu errichten, darunter die US-amerikanischen Städte Salt Lake City,[2] Austin, Davis und Boston,[3] und die kanadischen Städte Ottawa, Vancouver und Waterloo. Die erste deutsche geschützte Kreuzung soll 2024 in Darmstadt entstehen.[4]
Merkmale
Eine Reihe von Merkmalen machen diese Kreuzung sicherer:
- eine Verkehrsinsel an der Ecke
- ein zurückgesetzter Übergang für Fußgänger und Radfahrer, im Allgemeinen zwischen 1,5 und 7 Metern zurückgesetzt
- eine vordere Haltelinie, die es Radfahrern ermöglicht, an einer Ampel weit vor dem Autoverkehr anzuhalten, der hinter dem Fußgängerüberweg anhalten muss
- eine separate Ampelschaltung oder zumindest ein Vorgrün für Radfahrer und Fußgänger vermeidet Konflikte zwischen PKWs und Radfahrern und Fußgängern beziehungsweise verschafft ihnen einen Vorsprung vor dem Kraftverkehr
- In vielen Fällen ermöglicht das Design Radfahrern auch bei roter Ampel sicher rechts abzubiegen
Eine deutliche Bodenmarkierung signalisiert, dass der Radweg Vorrang vor dem Kraftverkehr hat. Dazu wird der Fahrradweg mit breiten Streifen markiert. "Haizähne" (Dreiecke mit spitzem Ende, die auf die nicht prioritären Fahrzeuge ausgerichtet sind) können verwendet werden, um rechts abbiegende Autofahrer daran zu erinnern, dass Radfahrer Vorrang haben. Zusätzlich spielt die Farbe des Radweges eine Rolle, um die Priorität des Radverkehrs zu verdeutlichen. Der Radweg wird häufig in roter, grüner oder blauer Farbe markiert. In den Niederlanden wird die rote Farbe des Radweges nicht auf die Oberfläche gemalt, sondern in die oberste Schicht des Asphalts eingebettet, um die Haltbarkeit zu erhöhen und Instandhaltungskosten zu senken. Oftmals werden auch der Rad und Fußweg an der Querungsstelle leicht angehoben, um die Autofahrer zur Geschwindigkeitsreduzierung anzuhalten.
Ein enger Kurvenradius für den rechts abbiegenden Kraftverkehr sorgt für niedrigere Geschwindigkeiten beim Abbiegen und erhöht damit die Sicherheit. Um den Kurvenradius für Autos so gering wie möglich wählen zu können aber dennoch Raum für größere Fahrzeuge vorzuhalten, können die Verkehrsinseln in den Ecken der Kreuzung als "kletterbare" Inseln ausgeführt werden, ähnlich wie die zentrale Insel eines kleinen Kreisverkehrs.
Abhängig vom Verkehrsaufkommen kann eine geschützte Kreuzung mit oder ohne Ampel ausgestattet sein. Eine separate Ampelschaltung für Radfahrer/Fußgänger und Kraftverkehr schafft weitere Sicherheit durch eine zusätzliche zeitliche Trennung der Verkehrsströme. Eine sorgfältige Abstimmung der Ampelphasen ermöglicht Radfahrenden das zweistufige Linksabbiegen ohne lange Wartezeiten.
Auf dem Weg zur Kreuzung verfügen Radfahrer idealerweise über einen geschützten Radweg, der nach Möglichkeit durch eine konkrete Barriere oder einen Randstein von der Straße getrennt ist. Die Breite des Radwegs (eine Richtung) sollte mindestens 2 Meter betragen. In den Niederlanden sind die meisten Einbahnradwege mindestens 2,5 Meter breit. Wenn der Radweg vor der Kreuzung nur farblich markiert aber nicht baulich getrennt ist, kann eine geschützte Kreuzung dennoch eingesetzt werden. Die bauliche Trennung des Radwegs von der Straße erfolgt dann entsprechend kurz vor der Kreuzung.
Geschützte Kreisverkehre
Geschützte Kreisverkehre sind Kreisverkehre, an denen ähnlich wie an geschützte Kreuzungen die Radfahrer und Fußgänger vom Kraftverkehr getrennt sind[6]. In den Niederlanden werden innerorts und außerorts unterschiedliche Designs verwendet. Innerorts befinden sich die Übergänge für Radfahrer und Fußgänger circa eine Fahrzeuglänge von der Kreisfahrbahn entfernt und der Radverkehr hat Vorrang vor dem Kraftverkehr.
Außerorts befinden sich die Rad- und Fußgängerübergänge weiter vom Kreisverkehr entfernt, der Radweg wird mit einer engen Abbiegung an die Querungsstelle herangeführt und der KfZ-Verkehr hat Vorrang vor Radfahrern. Dieses Design könnte möglicherweise auch innerorts sicherer und praktischer sein, wenn der Radweg in beide Richtungen verläuft[7].
Diskussion
Die Unfallforschung der Versicherer (UDV) hat in einer eigenen Untersuchung festgestellt, dass Radfahrer aus LKWs heraus schlechter sichtbar sind als beim herkömmlichen Kreuzungsdesign. Außerdem funktionieren Abbiegeassistenten von LKW, die den Bereich unmittelbar rechts neben dem LKW überwachen, häufig nicht.[8][9] Ein frontal/seitlich ausgerichteter automatischer Notbremsassistent könnte eventuell auf Radfahrer vor dem Fahrzeug reagieren. Einen Vorfahrtsverstoß zu Lasten eines Radfahrers, der noch nicht auf der Kreuzung ist, können diese aber nicht verhindern. Die Ergebnisse der UDV werden teilweise bestritten.[10]
Die Kreuzung verbessert die Sichtbeziehung zwischen Autofahrern und Radfahrern, die bereits unmittelbar vor der Kreuzung sind. Diese können Autofahrer durch die Windschutzscheibe oder das vordere Seitenfenster sehen. Bei Radfahrern, die noch einige Meter weiter von der Kreuzung entfernt sind, hängt die Sichtbeziehung stark von der Stellung des Fahrzeugs ab. Steht es wie in der Zeichnung "Vor und nach dem Umbau" oben, sind solche Radfahrer nur sehr schwer zu sehen. Die abgesetzte Fahrbahn schafft aber einen längeren Reaktionszeitraum für Radfahrer, um auf Fehler von Fahrzeugführern reagieren zu können.
Einzelnachweise
- https://altaplanning.com/wp-content/uploads/Evolution-of-the-Protected-Intersection_ALTA-2015.pdf
- Why Salt Lake City Chose to Build the First Protected Intersection for Bicycling in the U.S.. In: CityLab. Abgerufen am 10. Juli 2015.
- FOUR U.S. CITIES ARE RACING TO OPEN THE COUNTRY’S FIRST PROTECTED INTERSECTION. In: People for Bikes. Abgerufen am 10. Juli 2015.
- hessenschau de, Frankfurt Germany: Modellprojekt: So will Darmstadt Kreuzungen fahrradfreundlicher machen. 7. April 2021, abgerufen am 4. Mai 2021.
- Infrastrukturatlas - Daten und Fakten über öffentliche Räume und Netze Berlin 2020, ISBN 978-3-86928-220-6, dort S. 19
- Video:Dutch roundabout and blog post on the Youtube Chain and web site 'BicycleDutch'
- David Hembrow 2014 post about safer roundabouts, with 2018 update and statistics
- geschützte Kreuzung. UDV. 7. September 2020. Abgerufen am 15. September 2021.
- „Geschützte Kreuzung“ – Sinn oder Unsinn? |. UDV. 17. August 2020. Abgerufen am 9. Oktober 2020.
- WUNDERLÖSUNG SCHUTZKREUZUNG? - Teil 1. Abgerufen am 8. September 2021 (deutsch).