Gertrud Arper
Gertrud Arper (* 16. Juni 1894 in Weimar; † 22. oder 23. Januar 1968 in Haarlem) war eine deutsch-niederländische Raumgestalterin und Möbeldesignerin.
Leben
Gertrud Julie Arper war eine Tochter von Martha Elfrida Arper geborene Lankwitz (* 1844) und ihrem Ehemann Karl Gotthilf Arper.[1] Zur Herkunftsfamilie gehörte ihre jüngere Schwester Marianne Martha Arper (1897–1998).[2] Am 18. August 1920 heiratete Gertrud Arper den Niederländer Johan Theodoor von Winsen (* 1893). Das Paar hatte drei Kinder: Peter Johan (* 1921), Clara Verena (* 1923) und Johanna (* 1926).[3]
Werk
Arper besuchte die Kunstgewerbeschule Weimar und schloss diese 1915 ab. Bereits während des Studiums zeichnete sie sich durch den Gewinn von studentischen Wettbewerben aus. Sie erhielt den ersten Preis für den Entwurf für „eine Garnitur Rohrmöbel in einfacher Ausführung, bestehend aus Sopha, Sessel mit hoher Lehne, Sessel mit niedriger Lehne, Stuhl, rundem oder eckigem Tisch“ und den zweiten Preis für eine zweite Garnitur in reicherer Ausführung. Die Entwürfe waren auch zur Ausführung durch einen externen Betrieb vorgesehen.[4]
Gleich nach ihrem Abschluss wurde sie von Leiter der Kunstgewerbeschule, Henry van de Velde, an den Architekten H. P. Berlage empfohlen. Sie arbeitete von 1915 bis 1920 in der Bauabteilung der Firma W. H. Müller & Co. unter der Leitung von Berlage. Arper arbeitete für das Bauvorhaben Jachthuis Sint Hubertus. Hélène Kröller-Müller, die Ehefrau des Geschäftsinhabers der Firma W. H. Müller & Co., hatte Berlage gebeten, Teile des Entwurfes von einer Frau ausführen zu lassen. Auch passende Gebrauchsgegenstände sollten von einer Frau entworfen werden.[5] Gertrud Arper wurde deshalb ausgewählt, Flachmuster für Stickereien und Textilien zu entwerfen und eigene Ideen bei der Einrichtung des Wohnhauses einzubringen. Arper arbeitete bis zu ihrer Heirat 1920 für das Büro Berlage. Zur Hochzeit bekam sie von Hélène Kröller-Müller ein Gemälde von Mondriaan geschenkt.[6] Das Ehepaar von Winsen sammelte moderne Kunst, darunter Werke von Fernand Léger.[7]
Arper gehörte zu den Erstunterzeichnern des vorläufigen Programms des Arbeitsrats für Kunst (AfK) im November 1918. Bruno Taut war der Initiator. Zu den Gründungsmitgliedern gehörten 114 Personen verschiedener Fachrichtungen, darunter auch zehn Frauen. Neben Arper waren dies Marie-Anne von Friedlaender-Fuld, Hann Ganzer, Wera Koopmann, Eva Lau, Fürstin Mechtilde Lichnowsky, Fränze Eleonore Roecken, Margarete Scheel, Margarete Schubert und Milly Steger. Käthe Kollwitz schloss sich später an.[8]
Von 1915 bis 1925 war Arper als freiberufliche Entwerferin für die sozialistische Möbelfabrik L.O.V. (Labor Omnia Vincit) tätig. Der einzige noch bekannte Entwurf von ihr aus dieser Zeit ist ein Möbel für ein Damenzimmer aus poliertem Mahagoni mit schwarzem Samtbezug aus dem Jahr 1916 oder 1917. Sie stellte eigene, von L.O.V. produzierte Möbelentwürfe auf der Kunstgewerbeausstellung in Rotterdam 1918 und bei der Ausstellung für ästhetische Konsumgüter in Haarlem 1919 aus. Die Autorin Marjan Groot hält es für möglich, dass Arper auch nach ihrer Hochzeit Hélène Kröller-Müller noch bei der Einrichtung ihres Hauses und ihrer Kunstsammlung beriet. Weiter war sie für die Galerie mit angeschlossenem Atelier De Kerkuil bei Jo van Regteren Altena in Haarlem tätig. Nach Marjan Groot soll sie 1938 und in den 1950er Jahren einige Möbel für De Kerkuil entworfen haben.[6]
Literatur
- Marjan Groot: Vrouwen in de vormgeving in Nederland 1880–1940, NAI Uitgevers/Publishers Stichting, Rotterdam, 2007, S. 165, 400–401, 410, 454. ISBN 978-9064505218
- Marjan Groot: Geschlechtlich konnotierte Sphären im niederländischen Galeriebetrieb der Moderne: die Rezeption von Arts and Crafts, außereuropäischem Kunsthandwerk und Volkskunst. in Jennifer John, Sigrid Schade (Hrsg.): Grenzgänge zwischen den Künsten. Interventionen in Gattungshierarchien und Geschlechterkonstruktionen. transcript Verlag, 2008, S. 20, 21. ISBN 978-3-89942-967-1 Digitalisat
- Marcel Bois: Kunst und Architektur für eine neue Gesellschaft. Russische Avantgarde, Arbeitsrat für Kunst und Wiener Siedlerbewegung in der Zwischenkriegszeit, online 2017, S. 20. Digitalisat
Einzelnachweise
- Stadtarchiv Weimar, Geburtenbuch Weimar 1894, Nr. 367 Personenstandsregister Geburtsregister 272/1 Band 1894.
- Stadtarchiv Weimar, Geburtenbuch Weimar 1897, Nr. 238 Personenstandsregister Geburtsregister 272/1 Band 1897.
- Regional Archive Tilburg in Tilburg (Niederlande), Standesamtsregister Bevolkingsregister Tilburg 1921–1939, Bron: boek, Teil: 0061, Zeitraum: 1921–1939, Tilburg, Archiv 0918, Inventarnummer 0061, Inv. nr. G061 1921–1939 Gezinskaarten – deel 61 – bladen 1-999, folio 279, zuletzt abgerufen am 3. Dezember 2021.
- Preisausschreiben des Studienjahres 1913/14 Jahresbericht der Großherzoglich-Sächsischen Kunstgewerbeschule zu Weimar.
- Brief von Hélène Kröller-Müller an Karl Ernst Osthaus, 24. April 1915, zitiert in Johannes van der Wolk, Honderd jaar Kröller-Müller, in: R.W.D. Oxenaar/A.M. Hammacher/Johannes van der Wolk u. a., Kröller-Müller honderd jaar bouwen en verzamelen, Haarlem: Enschedé 1988, S. 28–29.
- Marjan Groot: Vrouwen in de vormgeving in Nederland 1880–1940, NAI Uitgevers/Publishers Stichting, Rotterdam, 2007, S. 454.
- Andrea Geyer: REVOLT, THEY SAID., online–project von Andrea Geyer, 2012 – fortlaufend.
- Marcel Bois: „Die Kunst! – Das ist eine Sache!, wenn sie da ist“, Zur Geschichte des Arbeitsrates für Kunst in der frühen Weimarer Republik Bauhaus Kooperation Berlin Dessau Weimar gGmbH online, 2018.