Genarbte Mannigfaltigkeit

Genarbte Mannigfaltigkeiten (engl.: "sutured manifolds") s​ind ein Begriff a​us dem mathematischen Gebiet d​er 3-dimensionalen Topologie, d​er insbesondere b​ei der Konstruktion straffer Blätterungen u​nd bei d​er Berechnung d​es Knotengeschlechts Verwendung findet.

Definition

Eine genarbte Mannigfaltigkeit i​st eine kompakte orientierte 3-Mannigfaltigkeit m​it einer Zerlegung d​es Randes

,

wobei

  • aus Vereinigungen von Kreiszylindern und Tori besteht und
  • das Innere jedes Kreiszylinders in eine homologisch nichttriviale Kurve (die "Narbe") enthält, und
  • alle Komponenten von orientiert sind.

Man bezeichnet mit bzw. die Vereinigungen der Komponenten von , deren Orientierungen mit denen von übereinstimmen bzw. nicht übereinstimmen.

Eine genarbte Mannigfaltigkeit heißt straff, wenn irreduzibel ist und jede Komponente von die Thurston-Norm in ihrer Homologieklasse minimiert.

Eine genarbte Mannigfaltigkeit heißt ein genarbtes Produkt, wenn sie von der Form mit für eine Fläche ist.

Zerlegung genarbter Mannigfaltigkeiten

Sei eine genarbte Mannigfaltigkeit und eine eigentlich eingebettete Fläche, deren Schnitt mit jeder Komponente von entweder ein eigentlich eingebettetes Intervall oder eine zu einer Narbe homologe einfache geschlossene Kurve oder eine homologisch nichttriviale geschlossene Kurve in einer Torus-Komponente ist, wobei nicht mehr als eine zueinander homologe Kurven als Schnitte mit einer Toruskomponente vorkommen dürfen. Dann ist

(das Komplement einer Tubenumgebung von ) ebenfalls eine genarbte Mannigfaltigkeit mit

,

wobei die beiden Kopien von in sind.

Eine genarbte Mannigfaltigkeit heißt zerlegbar, w​enn es e​ine Folge

gibt mit , so dass ein Produkt und jedes eine Zerlegung von ist. Die Folge heißt genarbte Mannigfaltigkeitshierarchie (engl.: sutured manifold hierarchy).

Gabai beweist d​ie Existenz genarbter Mannigfaltigkeitshierarchien u​nter folgenden Voraussetzungen.

Satz:[1] Es sei eine straffe genarbte Mannigfaltigkeit, die keine atoroidale rationale Homologiesphäre ist. Dann hat eine genarbte Mannigfaltigkeitshierarchie.

Wenn straff ist, dann ist auch straff mit Ausnahme von .[2]

Das erlaubt e​s häufig, Induktionsbeweise über d​ie Längen genarbter Hierarchien z​u führen.

Scheibenzerlegung

Eine Scheibenzerlegung (engl. disk decomposition) i​st eine genarbte Mannigfaltigkeitshierarchie, b​ei der d​ie zerlegenden Flächen i​n jedem Schritt Kreisscheiben sind.

Scheibenzerlegungen können zur Bestimmung des minimalen Geschlechts der Seifertfläche eines Knotens verwandt werden. Wenn mit Narbe eine Scheibenzerlegung besitzt, dann ist eine Seifertfläche minimalen Geschlechts.

Analog können Scheibenzerlegungen zur Berechnung der Thurston-Norm in beliebigen 3-Mannigfaltigkeiten verwandt werden. Wenn eine eigentlich eingebettete Fläche ist und eine Scheibenzerlegung besitzt, dann minimiert das Geschlecht in ihrer Homologieklasse, berechnet also die Thurston-Norm.

Invarianten

Zu d​en Invarianten genarbter Mannigfaltigkeiten gehören genarbte Floer-Homologie.[3], genarbte Khovanov-Homologie[4] u​nd genarbte Topologische Quantenfeldtheorie[5]

Literatur

  • David Gabai: Foliations and the topology of 3-manifolds. J. Differential Geom. 18 (1983), no. 3, 445–503. pdf
  • Martin Scharlemann: Sutured manifolds and generalized Thurston norms. J. Differential Geom. 29 (1989), no. 3, 557–614. pdf
  • Danny Calegari: Foliations and the geometry of 3-manifolds. Oxford Mathematical Monographs. Oxford University Press, Oxford, 2007, ISBN 978-0-19-857008-0 (Kapitel 5)

Einzelnachweise

  1. Theorem 4.2 in Gabai, op.cit.
  2. Lemma 3.5 in Gabai, op.cit.
  3. A.Juhász: Holomorphic discs and sutured manifolds. Algebr. Geom. Topol. 6 (2006), 1429–1457.
  4. E.Grigsby, Yi Ni: Sutured Khovanov homology distinguishes braids from other tangles. Math. Res. Lett. 21 (2014), no. 6, 1263–1275.
  5. D.Matthews: Chord diagrams, contact-topological quantum field theory and contact categories. Algebr. Geom. Topol. 10 (2010), no. 4, 2091–2189.
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