Gasometer (Münster)
Der Gasometer in Münster ist ein stillgelegter Erdgasspeicher der Stadtwerke Münster, der seit 1954 die Silhouette des Stadtbildes Münsters mitprägt und fünf Jahrzehnte ununterbrochen in Betrieb war.
Gasometer Münster | |
Außenansicht | |
Standortdaten | |
Staat: | Deutschland |
Region: | Nordrhein-Westfalen |
Stadt: | Münster |
Baudaten | |
Bau: | 1953/54 |
Stilllegung: | 2005 |
Technische Daten | |
Typ: | dreihübiger nicht ummantelter Teleskopgasbehälter |
Bauweise: | vollständig genietete Glockenkonstruktion |
Höhe: | 52 m |
Durchmesser: | 56 m |
Nutzvolumen: | variiert nach verschiedenen Quellen zwischen 60000 und 75000 m³ |
Bauwerk
Die so genannte Glockenkonstruktion des Teleskopgasbehälters wiegt etwa 800 Tonnen und wird lediglich durch den Innendruck hoch gehalten. Wird das Gas im Behälter abgelassen, senkt sich die „Glocke“ bis auf die Sockelhöhe von 12 m und taucht in ein Wasserbassin mit 30.000 Kubikmeter Fassungsvermögen, um einen Speicherraum für das Gas zu bilden.
Der Gasometer ist in den verschiedenen Farben der Stadtwerke Münster gestrichen. Das Wasserbassin ist blau, die Treppe und Umläufe sind gelb, das Traggerüst ist orange und die Tassen sind schwarz gestrichen.
Im Jahr 2005 wurde der am Albersloher Weg in unmittelbarer Nähe der Loddenheide gelegene Gasometer durch ein neues unterirdisches Erdgas-Röhrenlager der Stadtwerke in der Nähe von Albachten abgelöst und befindet sich mittlerweile unter Denkmalschutz.[1] Das Gasometer steht auf einem rund 130.000 m² großen Gelände, das sich im Besitz der Stadtwerke Münster, einem Tochterunternehmen der Stadt Münster, befindet.[1]
Nutzung nach Stilllegung
Die Stadt Münster sucht gegenwärtig eine Nutzungsalternative für das Gebäude. Die Besitzerin, die Stadtwerke Münster, haben kein unternehmerisches Interesse an dem Gasometer und suchen einen Käufer.[1]
Neben einem Studentenwettbewerb des Fachbereichs Architektur an der Fachhochschule Münster wurde auch ein Bürgerforum im Internet eingerichtet. So gab es nach dem Projektierungsentwurf der haushoch3.architekten aus Münster die Idee, die an diesem Standort ein Museum für klassische Fahrzeuge und eine Aussichtsplattform zu etablieren.[2][3] Dieses Vorhaben scheiterte aber an der schlechten Parkplatzsituation am Gasometer.
Ein weiterer Vorschlag sieht vor, den Gasometer zumindest temporär als Musiktheater für ein Musical über die Täufer von Münster zu nutzen.[4] Die hierzu notwendige Genehmigung erteilt der Rat der Stadt Münster am 10. Dezember 2008.[5] Zunächst wurde jedoch die Aufführung des Stücks „Sommernachtstraum“ von William Shakespeare durch das Wolfgang Borchert Theater, das bereits zwei Jahre zuvor Aufführungen im Gasometer durchführte, für den 4. Mai 2012 geplant.[6][7] Für die Förderung des Theaterstücks stellte die Sparkasse Ende 2011 aus ihren Überschüssen 75.000 Euro zur Verfügung.[8] Eine geplante halbkreisförmige Tribüne sollte Sitzplätze für 600 Zuschauer bieten.[6] Tatsächlich finden bis zu 414 Zuschauer Platz auf den Rängen.[9] Die ersten 46 Aufführungen waren ausverkauft und führten mit einer Auslastung von rund 94 % zur insgesamt erfolgreichsten Spielzeit des Theaters.[10] Sämtliche der 46 Vorstellungen waren ausverkauft, so auch die letzte, die am 8. Juli 2012 aufgeführt wurde, so dass insgesamt 20.299 Zuschauer die Aufführungen besuchten.[11]
Im Juni 2013 wurde der Gasometer für ein genreübergreifendes Kunstprojekt genutzt.[12][13] Die Künstlergruppe sozialpalast adaptierte dabei die Polittalk-Sendung Günther Jauch aus dem bauähnlichen Berliner Gasometer Schöneberg, bei der u. a. Johann König auftrat.[12][13]
Die Künstlergruppe Möhre, die Denkmalorte mit Tieren markiert, um auf die Bedrohung der Denkmale hinzuweisen, hängte Anfang Dezember 2013 eine überdimensionale Spinne im Gasometer auf.[14]
Im Februar 2014 drehte die Münsteraner Post-Punk- und Indieband Good Morning Fire Eater den Videoclip zu ihrem Musiktitel Autobahn im Gasometer.[15]
Seit Frühjahr 2016 war die Sektion Münster des Deutschen Alpenvereins auf dem Gelände als Pächter aktiv. In einer ersten Erkundungsphase sollten wichtige Fragen bezüglich möglicher Nutzungsmöglichkeiten als Vereins- und Sportgelände geklärt werden.[16] Im Februar 2018 wurde bekannt, dass der Deutsche Alpenverein sein Projekt „Monte Gaso“ aufgibt.[17] Die Kosten für die aus Sicherheitsgründen erforderliche Entrostung des Industriedenkmals belaufen sich auf rund 800.000 Euro.[17] Für die Finanzierung dieser Arbeiten konnten keine Sponsoren gefunden werden.[17] Damit werden auch alle anderen Planung eingestellt, die vorsahen, den Baukörper zu einem Kletterparcour, das alte Technikgebäude zu einem Clubheim auszubauen und auf der umliegenden Grünfläche einen Naturlehrpfad und eine Freizeitstätte einzurichten.[17]
Seit 2021 wird das gesamte Gelände als offenes soziales Zentrum unter dem Namen „gazometer“ genutzt.[18] Es werden Veranstaltungen, Workshops, Filmvorführungen und viele weitere Formen der Kunst und Kultur angeboten. Ziel ist es, eines der letzten Industriedenkmale Münsters langfristig als Ort der Begegnung für die Öffentlichkeit begehbar zu machen und zu bewahren.
Anfang 2022 wurde bekannt, dass die Stadtverwaltung eine vielfältige Nutzungsstruktur für das Gasometers und dessen Geländes als Bürostandort, für Kultur, Hotellerie und Gastronomie plane.[1]
Weblinks
- Münstersche Zeitung: 360-Grad-Panorama: So sieht der „Sommernachtstraum“ im Gasometer aus (Memento vom 12. Juli 2012 im Internet Archive), Münster, Thomas Thiel, Martin Lohoff, 2. Mai 2012
Einzelnachweise
- Westfälische Nachrichten: Und noch ein Bebauungsplan: Stadt will Gasometer-Gelände überplanen, Münsterischer Anzeiger, Münster, Klaus Baumeister, 17. Januar 2022
- Westfälische Nachrichten: Zeitungsartikel, 8. Mai 2007
- gasometer-muenster.de: Gasometer Münster
- Westfälische Nachrichten: Wo die Wiedertäufer Gas geben, Münster, Dirk Anger, 12. Dezember 2008
- Westfälische Nachrichten: Wiedertäufer-Musical im Gasometer, Münster, Klaus Baumeister, 21. Dezember 2008
- Westfälische Nachrichten: Stahlkoloss als Theaterbühne: Sommernachtstraum im Gasometer, Münster, 24. November 2011
- Sommernachtstraum im Gasometer
- Westfälische Nachrichten: Finanzierungsspritze: Sparkassen-Überschüsse für 100 Projekte, Münster, Klaus Baumeister, 23. Dezember 2011
- Westfälische Nachrichten: Theater im Gasometer: Shakespeare im rostigen Rund, Münster, Karin Völker, 5. April 2012
- Westfälische Nachrichten: NRW: Münsters Wolfgang-Borchert-Theater so gut ausgelastet wie nie, Münster, dpa/lnw, 6. Juli 2012
- Westfälische Nachrichten: Traumhafte Rekordsaison: Im Gasometer ist der Theater-Vorhang gefallen, Münster, Karin Völker, 10. Juli 2012
- Das Kunstprojekt sozialpalast 2013: Ein Gasometer, ein Fernseher und ein Kessel Buntes, abgerufen am 14. Juni 2013
- Westfälische Nachrichten: Ehealltag pur in echt und im Fernsehen: Gasometer wird Sozialpalast, Münster/Kultur, Münster, Gerhard H. Kock
- Westfälische Nachrichten: Möhre hängt Spinne auf, Münster/Kultur, Münster, kok, 4. Dezember 2013
- Westfälische Nachrichten: Eiskalter Videodrehim Gasometer: „Good Morning Fire Eater“ präsentiert Clip zum neuen Song, Münster, 26. Juni 2014
- Westfälische Nachrichten: Gasometer als Kletterparadies? In: Westfälische Nachrichten. Abgerufen am 23. Juni 2016.
- Westfälische Nachrichten: Die Expedition ist gescheiert: Alpenverein Münster verabschiedet sich vom Kletterprojekt im Stadtwerke-Gasometer, Münsterischer Anzeiger, Münster, Helmut P. Etzkorn, 15. Februar 2018
- gazometer – Raum für Kunst, Kultur und Politik von unten. Abgerufen am 21. November 2021 (deutsch).