Gärtnerplatzviertel
Das auf Initiative des Hofbankiers Karl von Eichthal in den 1860er Jahren geschaffene Gärtnerplatzviertel ist ein Stadtviertel rund um den Gärtnerplatz im Münchner Stadtbezirk Ludwigsvorstadt-Isarvorstadt. Es ist gleichbedeutend mit dem Stadtbezirksteil 2.1 Gärtnerplatz und reicht im Osten bis an die Isar im Stadtbezirksteil Deutsches Museum.
Lage
Umgrenzt wird das Viertel im Nordwesten von der Blumenstraße, im Norden von der Frauenstraße und dem Isartorplatz als Grenze zum Lehel und dem Altstadtring, im Osten von der Isar und im Süden und Südwesten von der Fraunhoferstraße als Grenze zum benachbarten Glockenbachviertel. Oft werden die Begriffe Gärtnerplatzviertel und Glockenbachviertel jedoch synonym für den Gesamtbereich beider Viertel benutzt, da beide zur Isarvorstadt gehören und inzwischen eine ähnliche Struktur aufweisen. Zwar bildet der Straßenzug Müllerstraße – Rumfordstraße die Grenze zum Stadtbezirk 1 Altstadt-Lehel, doch im öffentlichen Verständnis gehört dieser Straßenzug noch zum Gärtnerplatzviertel.
Das Gebiet bildete bis 1992 den Stadtbezirk 12 „Isarvorstadt-Deutsches Museum“.
Mit der Haltestelle Fraunhoferstraße der Linien U1 und U2 ist das Viertel an das Münchner U-Bahn-Netz angeschlossen.
Profil
Das nahe der Isar gelegene Stadtviertel wurde ähnlich wie das Glockenbachviertel von der Schwulenszene geprägt. 2012 zog das schwule Kommunikations- und Kulturzentrum SUB innerhalb der Müllerstraße um und liegt jetzt im Gärtnerplatzviertel. Das traditionsreiche Hotel Deutsche Eiche mit der dazugehörigen Schwulensauna ist auch hier anzutreffen.
Um die Ecke liegt in der Buttermelcherstraße das Herz-Jesu-Kloster der Schwestern vom Göttlichen Erlöser mit Mädchenwohnheim und katholischem Kindergarten. An das Kloster grenzen die Grundschule und eine städtische Kindertagesstätte sowie das Förderzentrum für geistig behinderte Kinder, die Mathilde-Eller-Schule mit Heilpädagogischer Tagesstätte. Zu deren einer Seite liegt das Backhaus der Bäckerei Rischart, zur anderen stand von 1996 bis 2009 der Kawwana-Tempel von Thorwald Dethlefsen.
Nur wenige Häuser weiter befand sich in der Reichenbachstraße bis 2006 die Israelitische Kultusgemeinde mit der Hauptsynagoge und dem angrenzenden jüdischen Altenheim. In der Klenzestraße befand sich das Münchner Osho-Zentrum.
Das bis Ende des 20. Jahrhunderts eher heruntergekommene Viertel, in dem vorwiegend Arbeiter, viele Ausländer und einige Künstler lebten, wie z. B. Rabe Perplexum in einem Rückgebäude in der Fraunhoferstraße, hat sich sehr gewandelt. Eine erste Aufwertung fand durch das jährliche Gärtnerplatzfest statt, das gemeinsam von Ladeninhabern und dem Gärtnerplatztheater organisiert wird. Kleine Läden des Alltags (Eisenwaren, Bäcker, Trachten, Fußpflege), gutbürgerliche Lokale und Kneipen wurden im letzten Jahrzehnt durch Friseure, Modegeschäfte und schicke Lokale ersetzt. Durch einen Coffeeshop wurde der Gärtnerplatz erstmals als Erholungszone und Treffpunkt wahrgenommen. Hier trifft sich inzwischen die Indie- und Alternativszene, was den Anwohnern einiges an Lärmtoleranz abverlangt.
In der Klenzestraße war in den 1980er-Jahren das legendäre Tanzlokal Größenwahn. In der Fraunhoferstraße liegt seit Jahrzehnten das Wirtshaus Fraunhofer mit seiner Kleinkunstbühne und dem Werkstattkino. In der Blumenstraße befindet sich das erste Bürgerhaus Münchens, die Glockenbachwerkstatt, kurz „die Glocke“.
In der Müllerstraße befand sich das Action-Theater, aus dem 1968 das Antiteater hervorging. Beide sind eng mit Rainer Werner Fassbinder verbunden, der in der Reichenbachstraße wohnte.
Im Zuge der fortschreitenden Gentrifizierung wurde das ehemalige Heizkraftwerk Mitte, das von 1955 bis 2001 Fernwärme produzierte,[1] und das umliegende Gelände mit hochpreislichen Eigentumswohnungen bebaut, die unter dem Namen The Seven vermarktet wurden.
An der Isar befinden sich das Europäische Patentamt und das Deutsche Patent- und Markenamt.
Nähe
In unmittelbarer oder mittelbarer Nähe befinden sich
- das Deutsche Museum auf der Museumsinsel
- der Viktualienmarkt
- die Altstadt
- das Isartor
- die Au (rechts der Isar)
- das Glockenbachviertel
Rolle als Partyviertel
Der von jeher beliebte Gärtnerplatz wurde in den Jahren 2020 und 2021 zunehmend zu einer Partymeile und wird an warmen Sommertagen nahezu täglich von der Polizei geräumt.[2][3] Der Platz ist bekannt für die zahlreichen Konflikte zwischen Anwohnern und "Partyvolk" aufgrund der konstanten Lärmbelästigung. Aus diesem Grund hat die Stadt München eine Partyampel für den Platz eingeführt,[4] welche Besuchern anzeigt, wie stark die Auslastung des Platzes ist. Ziel dieser Maßnahme ist es einen Anreiz zu schaffen, Partygänger bei einer gelben oder roten Ampel von einem Besuch abzuhalten.[5]
Da der Platz und die umliegenden Straßen häufig nach Urin oder Erbrochenem riechen hat die Stadt München öffentliche Toiletten in der Corneliusstraße aufstellen lassen.[6][7][8] Anwohner "stöhnen über extreme Lärmspitzen, sehr viel Müll, mutwillig zerbrochene Flaschen und den Gestank nach Urin und Erbrochenem" und "Geschäftsleute sprechen von einer Situation wie am Ballermann".[8]
Literatur
- Martin Arz, Ann E. Hacker: Die Isarvorstadt. Hirschkäfer Verlag, München 2008, ISBN 978-3-940839-00-8.
- Anita Kuisle: Kraftwerk, Schule, Lazarett. Eine Geschichte des Gärtnerplatzviertels. Verlag Franz Schiermeier, München 2010, ISBN 978-3-9813190-8-8.
- Rupert Walser: Gut durchwachsen. In: Galerien am Gärtnerplatz (Hrsg.): Kraft Werk Kunst. Katalog-Magazin 14./15./16. September 2007.
Einzelnachweise
- www.stadtatlas-muenchen.de
- Von Gärtnerplatz bis Universität: Überall Corona-Partys auf Münchens Straßen - Polizei mit Flasche beworfen. In: www.tz.de. 1. Juni 2021, abgerufen am 6. Juni 2021.
- Party bis in die Nacht: Viele Einsätze für Polizei in Oberbayern. In: www.br.de. 30. Mai 2021, abgerufen am 6. Juni 2021.
- Coronavirus in München. Landeshauptstadt München, abgerufen am 6. Juni 2021.
- Heiner Effern, Anna Hoben: München führt Partyampel für den Gärtnerplatz ein. In: www.sueddeutsche.de. Abgerufen am 6. Juni 2021.
- Klo-Problem: Es pressiert am Gärtnerplatz. In: www.abendzeitung-muenchen.de. 3. Juni 2020, abgerufen am 6. Juni 2021.
- Birgit Lotze: Komplexe Lokus-Location. In: www.sueddeutsche.de. 20. Februar 2020, abgerufen am 6. Juni 2021.
- Party-Lärm und Toilettenärger am Gärtnerplatz: Anwohner schildert erschreckende Details. In: www.tz.de. 2. Juli 2020, abgerufen am 6. Juni 2021.