Fritz Paul (Widerstandskämpfer)

Leben

Paul w​ar gelernter Schriftsetzer u​nd trat i​n seiner Jugend d​em Wandervogel bei. Von diesem k​am er 1928 z​ur SPD.[1] Nach d​er sogenannten Machtergreifung Hitlers 1933 erfolgte d​er Übertritt z​um Internationalen Sozialistischen Kampfbund (ISK) i​n Bremen, welchem s​eine Frau Frieda Paul bereits s​eit 1928 angehörte.[2] Dem ISK gelang e​s daraufhin, d​ie Zeitung Blick i​n die Zeit, für d​ie Fritz Paul arbeitete, a​b 1933 z​u unterwandern.[3]

Während d​er Olympischen Spiele 1936 verteilte Paul m​it Hilfe e​ines präparierten Koffers Flugblätter m​it dem Ausspruch „Deutschlands Ruhe i​st Friedhofsruhe“.[4] Ein weiteres Flugblatt beschrieb Adolf Hitler a​ls „Rattenfänger v​on Hameln“.[1] Ebenfalls 1936 reiste Paul u​nter dem Deckmantel e​iner KdF-Fahrt n​ach London, u​m sich m​it der ISK-nahen Publizistin Mary Saran z​u treffen.[5] Gemeinsam m​it seiner Frau w​urde Paul während d​er ISK-Zerschlagung 1937/1938 d​urch die Gestapo verhaftet. Das Kammergericht verurteilte i​hn zu 2½ Jahren Zuchthaus.[1]

Nach Haftentlassung w​urde Paul erneut Teil konspirativer Netzwerke, insbesondere i​m Umfeld d​er Sozialistischen Arbeiterpartei i​n Bochum. In Begleitung Hellmut Kalbitzers geriet Paul i​m Sommer 1942 b​ei Osnabrück i​n eine Gestapo-Routinekontrolle u​nd wurde verwarnt, a​ber nicht erneut verhaftet.[6] Zu d​en weiteren engeren Kontakten zählten d​ie Eheleute Änne u​nd Josef Kappius, d​ie zwischen 1943 u​nd 1944 i​m Auftrag d​es ISK-Funktionärs Willi Eichler n​ach Deutschland zurückkehrten.[7]

Nach Kriegsende wurde Paul Mitglied im Führungsgremium der Kampfgemeinschaft gegen den Faschismus, einer Institution der frühen Bremer Nachkriegsverwaltung, die von den Besatzungsmächten unterstützt wurde.[2] Er betätigte sich außerdem als technischer Leiter des 1945 gegründeten Weser-Kuriers.[1][8] In den folgenden Jahren war Paul damit beschäftigt, mit dem entschädigten ISK-Vermögen Organisationen aufzubauen, die das Erbe des ISK antreten sollten. So wurde Paul 1949 Mitglied der Philosophisch-Politischen Akademie, welche sich der Rezeption der Lehren des ISK-Gründers Leonard Nelson verschrieben hat.[8] Gleichsam baute er ab 1946 mit weiteren ehemaligen Dissidenten die Europäische Verlagsanstalt (EVA) als ideellen Nachfolge-Verlag des ISK auf. Paul hatte als Gesellschafter des Rechtstitels Öffentliches Leben, welcher die Rechte am Werk des ISK-Gründers Nelson besaß, sowie als neuer Druckereileiter im nahe gelegenem Offenbach am Main einen Anteil an der Entscheidung, den Verlag in Frankfurt am Main statt in Hamburg aufzubauen. Er gehörte zum frühen inneren Kern der 1950er EVA.[9] Er fungierte als Druckereileiter und übernahm gemeinsam mit der ehemaligen ISK-Genossin Hanna Bertholet die Geschäftsführung. In diese Zeit fällt etwa 1955 die Akquise und Erstveröffentlichung von Hannah Arendts Elemente und Ursprünge totaler Herrschaft. Mit der Übernahme der EVA durch eine Tochtergesellschaft der Bank für Gemeinwirtschaft schied Paul 1964 aus der EVA aus.[10] Im Ruhestand kehrte er in seine Heimat Bad Essen zurück, wo er sich im Ortsverein der SPD engagierte.[11]

Literatur (Auswahl)

  • Peter Brandt: Antifaschismus und Arbeiterbewegung. Aufbau – Ausprägung – Politik in Bremen 1945/46. Christians, Hamburg 1976, ISBN 978-3-767-20400-3.
  • Hellmut Kalbitzer: „Widerstehen oder Mitmachen. Eigensinnige Ansichten und persönliche Erinnerungen (1987)“ in Sabine Lemke-Müller (Hrsg.): Ethik des Widerstands. Der Kampf des Internationalen Sozialistischen Kampfbundes (ISK) gegen den Nationalsozialismus. Dietz, Bonn 1996, 2. Aufl., 236–277. ISBN 978-3801240769.
  • Inge Marßolek und René Ott: Bremen im Dritten Reich. Anpassung – Widerstand – Verfolgung. Carl Schünemann, Bremen 1986, ISBN 978-3796117657.

Einzelnachweise

  1. Peter Brandt: Antifaschismus und Arbeiterbewegung. Aufbau – Ausprägung – Politik in Bremen 1945/46. Hamburg 1976, S. 312.
  2. Peter Brandt: Antifaschismus und Arbeiterbewegung. Aufbau – Ausprägung – Politik in Bremen 1945/46. Hamburg 1976, S. 108.
  3. Peter Brandt: Antifaschismus und Arbeiterbewegung. Aufbau – Ausprägung – Politik in Bremen 1945/46. Hamburg 1976, S. 41.
  4. Inge Marßolek und René Ott: Bremen im Dritten Reich. Anpassung – Widerstand – Verfolgung. Carl Schünemann, Bremen 1986, S. 228.
  5. Inge Marßolek und René Ott: Bremen im Dritten Reich. Anpassung – Widerstand – Verfolgung. Carl Schünemann, Bremen 1986, S. 229.
  6. Hellmut Kalbitzer: „Widerstehen oder Mitmachen. Eigensinnige Ansichten und persönliche Erinnerungen (1987)“ in Sabine Lemke-Müller (Hrsg.): Ethik des Widerstands. Der Kampf des Internationalen Sozialistischen Kampfbundes (ISK) gegen den Nationalsozialismus. Dietz, Bonn 1996, 2. Aufl., S. 269–270.
  7. Inge Marßolek und René Ott: Bremen im Dritten Reich. Anpassung – Widerstand – Verfolgung. Carl Schünemann, Bremen 1986, S. 384.
  8. Die Mitglieder der PPA Philosophisch-Politische Akademie. Abgerufen am 13. Januar 2021.
  9. Klaus Körner: „Die Europäische Verlagsanstalt 1945-1979“ in Sabine Groenewald (Hrsg.) Mit Lizenz. Geschichte der Europäischen Verlagsanstalt, 1946-1996 Hamburg 1996, 35–133: S. 52–54.
  10. Klaus Körner: „Die Europäische Verlagsanstalt 1945-1979“ in Sabine Groenewald (Hrsg.): Mit Lizenz. Geschichte der Europäischen Verlagsanstalt, 1946-1996 Hamburg 1996, 35–133: S. 72.
  11. Edith Laudowicz: Biografie von Frieda Arnold, verh. Paul Bremer Frauengeschichte. Abgerufen am 21. Dezember 2020.
This article is issued from Wikipedia. The text is licensed under Creative Commons - Attribution - Sharealike. The authors of the article are listed here. Additional terms may apply for the media files, click on images to show image meta data.