Fritz Grawert († 1449)
Fritz Grawert, auch Vritze und Grauert[1] (* in Stendal; † 13. Mai 1449 in Lübeck) war ein deutscher Kaufmann und Zirkelherr der Hansestadt Lübeck. Er war Stammvater der Lübecker Linie der Familie, aus der zehn Mitglieder der Zirkelgesellschaft und mehrere Ratsherren hervorgingen.
Leben
Fritz Grawert stammte aus Stendal. Sein Geburtsdatum ist nicht bekannt. Spätestens im Zusammenhang mit seiner Hochzeit 1410 verlegte er seinen Lebensmittelpunkt nach Lübeck, wo er als Kaufmann tätig war. Sein am 10. August 1413 verfasstes Testament belegen, dass er schon zu diesem Zeitpunkt über ein beträchtliches Vermögen verfügte, das er seinem Bruder Peter und seiner damaligen Ehefrau vererbte. In diesem Testament erließ er zudem ein Legat für das neugegründete Kloster Marienwohlde und bestimmte drei Dukaten für die Brüder auf dem Berg Zion im Heiligen Land.[2] 1429 wurde er Mitglied der in diesem Jahr neukonstituierten Zirkelgesellschaft in Lübeck (Mitgliedsnummer 154). 1434 war er ihr Schaffer (Schatzmeister), 1439 Schenk und 1447 Dichter der von der Gesellschaft jährlich aufgeführten Lübecker Fastnachtspiele.[3] Neben der Zirkelgesellschaft war er Mitglied der Lübecker Leichnams-Bruderschaft sowie der Antonius- und der St.-Johannis-Bruderschaft.
Am 23. Januar 1441 verfasste er ein zweites Testament, laut dem er das Haus Königstraße 11, die Grundstücke Schüsselbuden12, An der Mauer 10–12, An der Trave 104–106, Wahmstraße 44–46 sowie Gärten vor dem Hüxtertor besaß und über ein Vermögen von 12.000 Mark Lübsch verfügt.[4]
1447 stiftete er eine jährlich zur Oktav des Fronleichnamsfests zu lesende, mit einer Prozession verbundene Messe für das Seelenheil seiner Familie in der Marienkirche Lübeck.[5] 1448 bestätigten die Vikare dieser Kirche, dass die Messe regelmäßig vereinbarungsgemäß abgehalten und aus der ausgesetzten Rente gezahlt würde.[6] Er legte auch fest, dass bei der Vigil vor der Seelmesse am Jahrestag seines Todes an seinem Grab das Responsorium Libera me gesungen werden sollte.[7] Da in dem Memorienkalender der Marienkirche "Feria secunda post dominicam Cantate" als Termin für diese Seelmesse angegeben ist, ist davon auszugehen, dass Fritz Grawert am zweiten Tag nach dem Sonntag Kantate 1449, also am 13. Mai, starb und in der Marienkirche beigesetzt wurde.[8] Ein Grabstein hat sich nicht erhalten.
Familie
Fritz Grawerts Eltern waren Fritz Grauert (* 1350 in Stendal; † 1392 ebenda) und Taleke von Calve (* 1355 in Stendal), die in Stendal geheiratet hatten. Der Großvater von Taleke von Calve war Cone von Calve (* um 1300; † 1349 ebenda), welcher Ratsherr und Meister der Gewandschneider-Gilde in Stendal war. Fritz Grawerts Großvater Friebel Grauert (* 1320 in Stendal; † 1392 ebenda) ist der erste belegbare Vertreter der Familie Grauert/Grawert und gilt somit als Stammvater der Familie. Ob ein Zusammenhang mit der Ende des 13. Jahrhunderts in Lübeck belegten Familie Grawert, zu der die Ratsherren Hinrich und Richard Grawert gehörten, besteht, ist nicht zu rekonstruieren.[9]
1410 heiratete Fritz Grawert in Lübeck Taleke[10] Brekewoldt (* nach 1385 in Lübeck; † vor 1428 ebenda), Tochter des Lübecker Bürgermeisters und Ratsherrn Konrad Brekewoldt. Aus dieser Ehe, die laut Grawerts Testament von 1413 zu diesem Zeitpunkt noch kinderlos war, stammten folgende Kinder, mit denen sich Grawert anlässlich seiner zweiten Eheschließung 1428 verglich.[11]
- Geseke, verheiratet mit Hans Kerkring, Mitglied der Zirkelgesellschaft (Nr. 159). Sie ist vermutlich identisch mit der im zweiten Testament genannten Tochter Gertrud oder Gesa, Ehefrau des Lübecker Ratsherrn Johann Segeberg († 1464).
- Metteke, verheiratet mit Evert Brekelveld, Mitglied der Zirkelgesellschaft (Nr. 172).
- Taleke war verheiratet mit Hildebrand Veckinchusen, einem Neffen des Hildebrand Veckinchusen.
- Fritz (der Ältere) wurde 1447 Mitglied der Zirkelgesellschaft (Nr. 183), 1461 Ratsherr in Lübeck und starb 1476.
- Cord, Mitglied der Zirkelgesellschaft (Nr. 190).
Im Jahr 1428 heiratete Fritz erneut. Aus der zweiten Ehe mit Taleke († 1451) entstammen:
- Fritz (der Jüngere), Mitglied der Zirkelgesellschaft (Nr. 214), war Vater des Ratsherrn Fritz Grawert († 1538).
- Hermann, Mitglied der Zirkelgesellschaft (Nr. 215), wurde 1473 Bürger von Riga.
- Hans, Mitglied der Zirkelgesellschaft (Nr. 232).
- Joachim, Mitglied der Zirkelgesellschaft (Nr. 334).
Literatur
- Georg Wilhelm Dittmer: Genealogische und biographische Nachrichten über Lübeckische Familien aus älterer Zeit, Dittmer, 1859, S. 37 (Digitalisat)
- Sonja Dünnebeil: Die Lübecker Zirkel-Gesellschaft. Formen der Selbstdarstellung einer städtischen Oberschicht (Veröffentlichungen zur Geschichte der Hansestadt Lübeck, hg. vom Archiv der Hansestadt, Reihe B, Band 27) Lübeck: Schmidt-Römhild 1996 ISBN 3-7950-0465-9, S. 256–259.
Weblinks
- zeitlebenszeiten: Grauert. Abgerufen am 16. November 2021.
- Familiengeschichte Grawert.
Einzelnachweise
- In der mittelalterlichen Schreibweise wird u und w nicht unterschieden. In Lübeck hat sich der Name Grawert etabliert, in Stendal, dem Herkunftsort der Familie, scheint es Grauert zu sein.
- Wehrmann: Der Memorienkalender (Necrologium) der Marien Kirche in Lübeck. ZVLGA 6, 1892, S. 49–160; S. 66.
- Dünnebeil (Lit.), S. 256.
- Dünnebeil (Lit.), S. 257.
- Wehrmann: Der Memorienkalender (Necrologium) der Marien Kirche in Lübeck. ZVLGA 6, 1892, S. 49–160; S. 88.
- Lübecker Urkundenbuch Bd. 8, S. 603f, Nr. 554.
- Wehrmann: Der Memorienkalender (Necrologium) der Marien Kirche in Lübeck. ZVLGA 6, 1892, S. 49–160; S. 92.
- Wehrmann: Der Memorienkalender (Necrologium) der Marien Kirche in Lübeck. ZVLGA 6, 1892, S. 49–160; S. 121.
- C. Walther: Nein, spricht Grawert. In: Mittheilungen des Vereins für Lübeckische Geschichte und Alterthümer 6, 1893/94, S. 114–120; S. 117.
- Lübecker Urkundenbuch Bd. 7, S. 254; jedoch Dünnebeil (Lit.), S. 256 Wibeke.
- Lübecker Urkundenbuch Bd. 7, S. 253f., Nr. 272.