Francesco Morosini
Francesco Morosini (* 26. Februar 1618 in Venedig; † 6. Januar 1694 in Nauplia) war der 108. Doge von Venedig. Er regierte von 1688 bis 1694 auf dem Höhepunkt des Großen Türkenkrieges (oder auch 7. Venezianischer Türkenkrieg).
Familie
Die Familie Morosini hat insgesamt vier Dogen gestellt, vor Francesco die Dogen Domenico Morosini (1148–1156), Marino Morosini (1249–1253) und Michele Morosini, der nur vier Monate nach seiner Wahl im Jahre 1382 an der Pest starb.
Leben
Morosini war zweiter von drei Söhnen des Prokurators von San Marco Pietro Morosini und der Maria Morosini, einer entfernten Verwandten. Schon früh schlug er eine militärische Laufbahn ein. Als Jugendlicher hatte er an Bord einer Galeere seemännische Erfahrung sammeln können. Als junger Mann nahm er an Kämpfen gegen die Seeräuber in der Adria, am Castrokrieg und am Krieg um Kreta (Candia) teil, wo er schließlich zum provveditore general befördert wurde. Nach fünfundzwanzig Jahre langen heftigen Kämpfen um Kreta musste er 1669 die Insel an die Türken übergeben. Venedig wurde neben einem ehrenhaften Abzug der Unterhalt einiger Flottenstützpunkte auf der Insel gestattet und durfte die Inseln Tinos und Kythera sowie Gebiete in Dalmatien behalten. Nach seiner Rückkehr nach Venedig wurde er der Feigheit und des Landesverrates beschuldigt, jedoch in allen Punkten freigesprochen (die Söldner aus Frankreich, aus dem Kirchenstaat, aus Malta und aus Deutschland hatten die Venezianer zuletzt im Stich gelassen).
Morosini wurde bekannt als Führer der venezianischen Truppen im Kampf mit dem Osmanischen Reich um die Vorherrschaft im östlichen Mittelmeer.
1684 wurde der inzwischen 66-Jährige ein weiteres Mal zum Kommandeur der Flotte gegen die Türken ernannt. Im Kampf gegen die Osmanen war es zu einer Koalition zwischen Venedig und den päpstlichen Truppen, die von Frankreich verstärkt wurden, gekommen. Ein Bündnis mit Österreich, das die Eroberung Wiens durch die Türken im Jahre 1683 erfolgreich abgewehrt hatte, lehnte man in Venedig zunächst ab, in Anbetracht der existenziellen Bedrohung trat man schließlich jedoch der Koalition bei. Auch der Zar, dem es um einen freien Zugang zum Mittelmeer ging, schloss sich dem antitürkischen Bündnis an, woraufhin Venedig ihn mit Fachleuten für den Schiffbau unterstützte.
Zwischen 1684 und 1687 gewann Morosini im ionischen Meer und auf der Peloponnes annähernd so viel Territorium zurück, wie vorher an die Türken verloren gegangen worden war. Dafür wurde ihm vom venezianischen Senat der Ehrentitel Peloponnesiacus verliehen. 1687 griff er an der Seite des venezianischen Generalissimus Otto Wilhelm von Königsmarck Athen an, wo es zu dem fatalen Schuss einer venezianischen Kanone auf den als Pulverdepot genutzten Parthenon kam. Das bisher weitgehend intakte Bauwerk wurde beschädigt und Bruchstücke von Skulpturen und Reliefs als Beute abtransportiert.
Das Dogenamt
Morosini wurde am 3. April 1688 einstimmig im ersten Wahlgang und in Abwesenheit zum Dogen gewählt. Zu diesem Zeitpunkt befand er sich als Flottenkommandant (Capitan general da mar) vor Ägina. Schon zuvor hatte er 1686 Argos und Nauplia eingenommen. Auf seine Bitten erlaubte der Große Rat, dass er weiter die Flotte im Kampf gegen die Türken führen durfte. In der Zwischenzeit wurde er von Girolamo Grimani und Lorenzo Donà in seinem Amt vertreten. 1688 kam es zu einem blutigen Gefecht um die Stadt Chalkis auf Euböa. Die Truppen Venedigs und seiner Verbündeten, rund 13.000 Mann stark, wurden bei den Kämpfen auf 4.000 Mann dezimiert. Krankheiten und Seuchen schwächten die Flotte weiter, sodass die Eroberung Euböas scheiterte. Während der Belagerung der Festung Monemvasia erkrankte der Doge. Er übergab das Kommando an Girolamo Corner, der die Stadt schließlich aushungerte.
Morosini zog am 10. Januar 1689 in einem Triumphzug in Venedig ein. Anschließend zog er sich in den Palazzo der Familie Morosini am Campo di San Stefano in Venedig zurück. Es war das erste Mal in der venezianischen Geschichte, dass ein Doge außerhalb des Dogenpalastes wohnen durfte.
Inzwischen hatte es in den Kämpfen mit den Türken weitere Verluste gegeben. Ein Versuch der Rückeroberung Kretas unter Domenico Mocenigo war 1692 gescheitert, die militärische Lage auf dem Peloponnes sah nicht gut aus. Am 24. Mai 1693 übergab der Senat dem inzwischen 75-jährigen Dogen erneut das Flottenkommando. Morosini eroberte die Inseln Salamis, Spetses und Hydra und hinderte die Türken an der Eroberung von Korinth.
Er starb am 6. Januar 1694 vor Nauplia. Seine letzte Botschaft an den Senat lautete, dass er es bedauere, nicht mehr für Venedig getan zu haben. Morosinis Leichnam wurde nach Venedig gebracht und in der Kirche Santo Stefano begraben.
Bilder
- Bartolomeo Nazan (Umkreis): Francesco Morosini. Museo Correr, Venedig
- Giovanni Cartonico: Der Doge Morosini zu Pferd. Museo Correr, Venedig
- Filippo Parodi: Francesco Morosini, 1687, Büste. Dogenpalast, Venedig; Marmorkopie im Museum Correr, Venedig.
Literatur
- Davide Villa: Francesco Morosini: ritratto di un Doge. Tra conquiste e antirepubblicanesimo, tesi di laurea, Università Ca' Foscari, Venedig 2015 (online).
- Andrea Da Mosto: I dogi di Venezia, Florenz 2003. ISBN 88-09-02881-3.
- Hans-Joachim Böttcher: Die Türkenkriege im Spiegel sächsischer Biographien, Gabriele Schäfer Verlag Herne 2019, ISBN 978-3-944487-63-2. S. 111, 112, 116, 122.
Vorgänger | Amt | Nachfolger |
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Marcantonio Giustinian | Doge von Venedig 1688–1694 | Silvestro Valier |