Flakpanzer IV
Flakpanzer IV war die Bezeichnung von vier Varianten eines deutschen Flugabwehrpanzers im Zweiten Weltkrieg, die alle auf dem Fahrgestell des Panzerkampfwagen IV basierten.
Geschichte
Die Panzerverbände der Wehrmacht waren gegen Tieffliegerangriffe von gegnerischen Jagdbombern so gut wie wehrlos. Als die im weiteren Kriegsverlauf absolute alliierte Luftüberlegenheit Truppenbewegungen bei Tage fast unmöglich machte, forderte Generaloberst Heinz Guderian eine Abwehrwaffe gegen Tiefflieger, welche direkt den Panzerverbänden in der Bewegung und im Gefecht folgen sollte.
Anfängliche Entwicklungen, bei denen leichte Flugabwehrgeschütze einfach auf vorhandene Fahrgestelle von Panzerkampfwagen gesetzt wurden, bewährten sich nicht, da die Visiereinrichtungen und die Munitionszuführung nicht für solche Mobilität ausgelegt waren und die Besatzung nicht mitgeschwenkt werden konnte. Aus diesem Grund entschied sich das Heereswaffenamt 1943 für eine eigene Selbstfahrlafette. Als erste solcher Fahrzeuge entstanden 162 Stück, bei der die 2-cm-Flak auf dem Fahrgestell des Panzers 38(t) untergebracht war. Diese Fahrzeuge bewährten sich aufgrund ihrer geringen Feuerkraft nicht.[1]
Daraufhin wurde festgelegt, das bewährte und in großer Zahl verwendete Fahrgestell des Panzer IV zu nutzen. Hitler stand einer solchen Lösung anfangs skeptisch gegenüber, da er einen zu hohen Aufwand im Verhältnis zum Nutzen befürchtete. Erst im September genehmigte er den Flakpanzer IV. Im Dezember 1943 wurden ihm dann die beiden Prototypen vorgestellt. Einer hatte den 2-cm-Flak-Vierling 38 und der andere die 3,7-cm-FlaK 43 auf einem Panzer-IV-Fahrgestell.
Varianten
Möbelwagen
Im Januar 1944 wurde das Modell mit der 3,7-cm-FlaK 43 als Serienfahrzeug bestimmt und im nachfolgenden Monat lief die Produktion an. Der Flakpanzer stand ab März 1944 im Einsatz. Die „Panzerflak-Selbstfahrlafette (3,7 cm) auf Panzerkampfwagen IV (Sd.Kfz. 161/3)“ wurde von der Truppe aufgrund der Gesamthöhe von über 3 m auch „Möbelwagen“ genannt. Mit einer Besatzung von sieben Mann und einer Munitionsausstattung von 416 Schuss wog das Fahrzeug 25 Tonnen. Die ursprünglich aus zwei 10 mm starken Panzerplatten bestehenden abklappbaren Aufbauteile wurden später durch einfache 20 mm starke Platten ersetzt. Im Einsatz mussten diese Aufbauwände heruntergeklappt werden, wodurch zwar eine breite Trittplattform entstand, aber die Waffe samt Besatzung völlig ungeschützt war. Insgesamt wurden 240 Fahrzeuge von den Deutschen Eisenwerken hergestellt.[2]
Wirbelwind
Als erster richtiger Flakpanzer galt der „Wirbelwind“, da er einen voll drehbaren Turm besaß. Mit fünf Mann Besatzung hatte der „Flakpanzer (2 cm) auf dem Fahrgestell des Panzers IV (Sd.Kfz. 161/4)“ ein Gefechtsgewicht von 22 Tonnen. Das Fahrzeug war bewaffnet mit dem 2-cm-Flakvierling 38, welcher eine hohe Feuerkraft besaß. Der abgewinkelte Drehturm bestand aus zusammengeschweißten 16 mm starken Platten. Um eine ungehinderte Beobachtung zu ermöglichen, war er nach oben offen, konnte jedoch bei Regen mit einer Zeltplane abgedeckt werden. Im Turm befanden sich der Kommandant und neben ihm der Richtschütze, während die zwei Ladeschützen beiderseits der Waffe saßen. Die Seitenrichtgeschwindigkeit betrug mit Handantrieb 28°/s, mit dem später verwendeten hydraulischen Schwenkwerk 60°/s. In 90 Magazinkästen konnten insgesamt 3200 Schuss Munition mitgeführt werden. Die Montage der Fahrzeuge erfolgte in dem OKH-eigenen Unternehmen Ostbau im niederschlesischen Sagan. Von August 1944 bis Februar 1945 wurden 105 Wirbelwind hergestellt.[3]
Ostwind
Im Juli 1944 wurde der erste Prototyp des „Ostwind“ produziert. Dieses Fahrzeug besaß die 3,7-cm-FlaK 43 auf dem Fahrgestell des Panzers IV Ausführung G. Der dem Wirbelwind ähnliche Turm war etwas niedriger, aber geräumiger, zumal jetzt nur noch ein Ladeschütze vorhanden war. Für die Waffe wurden 1000 Schuss Munition mitgeführt. Die Funkausrüstung stand sämtlichen Besatzungsmitgliedern zur Verfügung. Obwohl das Fahrzeug im September 1944 serienreif war, begann die Produktion aufgrund Materialmangels erst im November. Wie auch beim Wirbelwind wurden die Fahrgestelle aus der Panzer-IV-Instandsetzung entnommen. Der Prototyp des „Ostwind“ nahm an der Ardennenoffensive teil und wurde danach unversehrt ins Werk zurück überführt. Insgesamt wurden 43 Fahrzeuge von den Deutschen Eisenwerken in Duisburg hergestellt.[4]
Zum Jahreswechsel 1944/45 wurden vom „Wirbelwind“ mit dem „Zerstörer 45“ und vom „Ostwind“ mit dem „Ostwind II“ noch jeweils zwei bzw. ein Prototyp eines Nachfolgers hergestellt. Der „Zerstörer 45“ besaß als Bewaffnung den 3-cm-Flak-Vierling 103/38 und der „Ostwind II“ den 3,7-cm-Flak-Zwilling 44 (Version des Typ 43) mit zwei nebeneinanderliegenden Rohren. Diese zwei Prototypen galten als die feuerstärksten Flakpanzer des Zweiten Weltkrieges.[5][6]
Kugelblitz
Den Schlusspunkt der Entwicklung stellte der Flakpanzer „Kugelblitz“ dar, der gemeinsam vom Heereswaffenamt und Daimler-Benz entwickelt wurde und von dem im Mai 1944 die Entwurfszeichnungen vorlagen. Gemäß den Planungen sollte dieses Fahrzeug der Standard-Flakpanzer werden. Erstmals kam hier ein vollständig geschlossener Drehturm zur Anwendung, welcher als Kugelgehäuse ausgebildet war. Mit der hydraulischen Schwenkeinrichtung konnte eine Richtgeschwindigkeit von 60°/s erreicht werden. Der Höhenschwenkbereich reichte von −7 bis +80°. In dem 20 mm stark gepanzerten Turm befanden sich Kommandant, Richt- und Ladeschütze. Der Kommandant wies dem Richtschützen das Ziel mittels eines Folgegeräts zu. In der endgültigen Version sollte der Kommandant eine kleine Kuppel mit einem Periskop und einem Raumbildentfernungsmesser besitzen. Die Bewaffnung bestand aus zwei nebeneinanderliegenden 30-mm-Kanonen MK 103/38. Dabei handelte es sich um eine modifizierte Version der Fliegerbordkanone MK 103, die eine Kadenz von 425 Schuss/min und eine Schussweite von 5700 m hatte. Als erste Maschinenkanone des deutschen Heeres besaß sie eine Gurtzuführung, was eine merkliche Verbesserung gegenüber den bisher verwendeten Magazinen oder Rahmen darstellte. Aufgrund ihrer gegenüber der 20-mm-Kanone bedeutend höheren Feuerkraft nannte man diese Flakkanone auch „Jabo-Schreck“. Insgesamt wurden 1200 Schuss Munition mitgeführt. Es war geplant, dass der Kugelblitz ab Februar 1945 mit 30 Stück/Monat hergestellt und alle bisherigen Flakpanzer ablösen sollte. Durch die Kriegsereignisse kam es aber nicht mehr zu einer Serienfertigung; bis Jahresende 1944 wurde lediglich eine kleine Vorserie von fünf Stück produziert. Der Kugelblitz war der mit Abstand modernste Flakpanzer des Zweiten Weltkrieges und galt noch bis zum Ende der fünfziger Jahre als richtungweisende Konstruktion.[7]
Nach einer Erprobung auf dem Truppenübungsplatz Ohrdruf ist mindestens ein Exemplar noch zum Fronteinsatz gekommen. Der Einsatz dieses Panzers erfolgte bei Abwehrkämpfen um Spichra, offensichtlich auf direkten Befehl des Gauleiters Fritz Sauckel. Im Zuge des Vorrückens amerikanischer Truppenteile im April 1945 gerieten die dortigen deutschen Stellungen unter Dauerbeschuss. Dabei erhielt der Flakpanzer einen Treffer, wodurch sein Turm weggeschleudert wurde und bis zu seiner Bergung im Jahr 1999 an einem Hang dort liegen blieb. Der Turm befindet sich aktuell in der Flugabwehrsammlung Kiel (Marinearsenal), die dem Militärhistorischen Museum Dresden unterstellt ist.[8][9]
Literatur
- Fritz Hahn: Waffen und Geheimwaffen des Deutschen Heeres 1933–1945. 3. Auflage, Sonderausgabe in einem Band. Bernard & Graefe, Bonn 1998, ISBN 3-7637-5915-8.
- Walter J. Spielberger: Der Panzerkampfwagen IV und seine Abarten (= Militärfahrzeuge. Bd. 5). Motorbuch-Verlag, Stuttgart 1975, ISBN 3-87943-402-6.
Weblinks
Einzelnachweise
- Spielberger: Der Panzerkampfwagen IV und seine Abarten. 1975, S. 106.
- Thomas Jentz, Panzer Tracts 23, S. 50.
- Spielberger: Der Panzerkampfwagen IV und seine Abarten. 1975, S. 114–116.
- Spielberger: Der Panzerkampfwagen IV und seine Abarten. 1975, S. 115–116.
- Spielberger: Der Panzerkampfwagen IV und seine Abarten. 1975, S. 116.
- Walter J. Spielberger: Der Weg zum Flak-Panzer Gepard. Die geschichtliche Entwicklung der deutschen Flugabwehrpanzer. Bernard & Graefe, München 1980, ISBN 3-7637-5197-1, S. 100–101.
- Spielberger: Der Panzerkampfwagen IV und seine Abarten. 1975, S. 117–121.
- „Vor 60 Jahren: Die Kämpfe um Hörschel, Spichra und Creuzburg – Teil 2“ auf „mihla.de“
- http://www.panzerbaer.de/models/48_cmk_flakpz_kugelblitz-a.htm