Flüssigluftsprengstoff

Ein Flüssigluftsprengstoff (englisch Liquid Oxygen Explosive) i​st ein Mischsprengstoff a​us Flüssigsauerstoff o​der Flüssigluft u​nd einem m​eist organischen Reduktionsmittel. Der Sprengstoff w​ar unter d​en Handelsbezeichnungen Oxyliquit, Marsit[1] u​nd Kowastit[2] v​or allem z​u Beginn d​es 20. Jahrhunderts bekannt.

Geschichte

Unter dem Namen Oxyliquit entwickelte 1895 Carl von Linde einen Sprengstoff aus dem nach dem „Linde-Verfahren“ gewonnenen Gemisch aus Sauerstoff und Stickstoff im Verhältnis 1:1. Nach ersten Tests und Sprengeinsätzen etwa beim Bau des Simplontunnels 1899[3] und 1900 im Bergwerk Penzberg[4] ruhte die industrielle Nutzung von Flüssigluftsprengstoffen zunächst.[5] Nachdem der Sauerstoffgehalt der flüssigen Luft erhöht und die Herstellungskosten gesenkt werden konnten, beschäftigten sich deutsche und französische Forscher ab 1912/13 wieder mehr mit Flüssigluftsprengstoffen.[5]

Oxyliquit fand für zivile und militärische Zwecke vor allem in Deutschland Absatz.[1] Flüssigluftsprengstoffen wurde nicht nur im Bergbau, sondern – wegen der während des Ersten Weltkriegs erschwerten Einfuhrbedingungen z. B. für Nitroglycerin – auch für den militärischen Einsatz verstärkte Aufmerksamkeit geschenkt.[6] Unter anderem meldeten die damalige Marsit-Gesellschaft in Berlin-Charlottenburg für das Flüssige-Luft-Sprengverfahren Marsit sowie Kowatsch und Baldus für Kowastit deutsche und ausländische Patente an.[6][2][7] In Frankreich forschten seinerzeit Jacques-Arsène d’Arsonval und Georges Claude an Flüssigluftsprengstoffen.[7]

Eigenschaften

Als Reduktionsmittel können verschiedene poröse, saugfähige Stoffe genutzt werden, beispielsweise Kohlepulver oder Holzmehl, aber auch mit Kohlenwasserstoffen getränktes Kieselgur.[4] Die separaten Bestandteile können relativ gefahrlos transportiert werden und fallen nicht unter das Sprengstoffrecht. Flüssigluftsprengstoffe werden in der Regel erst kurz vor dem Einsatz gemischt. Durch Verdunsten des Sauerstoffs werden sie relativ schnell wieder ungefährlich.[7] Diese Tatsache erschwert jedoch gleichzeitig eine Lagerung und den Transport von Flüssigluftsprengstoffen und damit den wirtschaftlichen Einsatz in größerem Maßstab.[8]

Die Detonationsgeschwindigkeit l​iegt zwischen 3 u​nd 5 km·s−1.[9]

Einzelnachweise

  1. Arthur Marshall: Dictionary of explosives. 1920, S. 70.
  2. Dietrich Schäfer: Der Krieg 1914/16. Werden und Wesen des Weltkrieges. Bibliographisches Institut, 1920, S. 174 (Google-Books)
  3. Festschrift der Linde AG: 125 Jahre Linde. Eine Chronik. 2004, S. 29 (PDF; 3,0 MB).
  4. Johannes Horowitz: Oxyliquit, A New Explosive. In: New York Times. 29. April 1900. (Digitalisat)
  5. H. Kast: Schieß- und Sprengmittel. In: Encyklopädisches Handbuch der technischen Chemie. Band 1, Teil 2, 1921, S. 930ff (Google eBook)
  6. Wuester: Flüssige Luft als Sprengmittel im Bergbau. In: Polytechnisches Journal. 330, 1915, S. 201–203.
  7. Review Liquid Air as an explosive. In: A.S.R.E. Journal. Band 2, American Society of Refrigerating Engineers, 1915, S. 53 (Google-Books)
  8. H. Kast: Schieß- und Sprengmittel. In: Encyklopädisches Handbuch der technischen Chemie. Band 1, Teil 2, 1921, S. 930ff (Google eBook)
  9. J. Hausen: Neuere Arbeiten und Aufgaben der Chemisch-Technischen Reichsanstalt. In: Polytechnisches Journal. 342, 1927, S. 26–29.
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