Flüggerhaus
Das Flüggerhaus ist ein 1908 errichtetes Kontorhaus in Hamburg-Altstadt. Das Gebäude ist ein eingetragenes Baudenkmal.
Lage und Beschreibung
Das Gebäude liegt am Rödingsmarkt mit der Hausnummer 19. Es teilt sich in ein miteinander verbundenes Vorder- und Hinterhaus auf, die gemeinsam einen Innenhof umschließen. Es hat 5 Geschosse sowie ein Staffel- und ein Dachgeschoss. Die Fassade zum Rödingsmarkt ist mit Rochlitzer Porphyr gestaltet und zeigt Elemente mit maritimen Thema. Der Zwickel im 1. Geschoss zeigt Weinblätter und -trauben sowie das Emblem der Firma Flügger (Libelle) und die Initialen des ehemaligen Firmeninhabers Joachim Daniel Flügger. Auch die Bezeichnung „Flüggerhaus“ und das Baujahr ist hier festgehalten. Die Innenhoffassade ist mit Spaltziegeln verkleidet, die rückwärtige Fassade zum Steintwietenhof mit Klinkern. Das Erdgeschoss ist hier mit besonders robusten Kanalklinkern versehen, da sich diese Seite ursprünglich direkt an einem Fleet, dem Deichstraßenfleet, befand.
Geschichte
Die Firma Flügger war bzw. ist Hersteller für Farben, Lacke und Pinsel.[1][2] Das Unternehmen benötigte größere Räumlichkeiten und kaufte die Häuser der Grundstücke Nr. 19 und Nr. 20 im Jahr 1901. Ab 1907 wurden die Vorgängerbauten abgerissen und ein Neubau, das heutige Flüggerhaus, errichtet. Einen ersten Entwurf lieferte Franz Bach. Das Büro Frejtag & Wurzbach (Leon Frejtag, Hermann Wurzbach) arbeitete diesen Entwurf auf. Sie ließen den Bau von 1907–1908 für den damaligen Geschäftsführer Eduard Friedrich Flügger errichten. Das Kontorhaus wurde zwar von Flügger für eigene Zwecke erbaut, jedoch nutzte das Unternehmen nur Räumlichkeiten im Erdgeschoss sowie im 1. und 2. Obergeschoss. Die restliche Fläche wurde vermietet. Es werden 1912 bereits 16 weitere Unternehmen an dieser Adresse im Hamburger Adressbuch genannt.[3] U.a. hatte Gustav Oelkers, Hersteller der Michel-Mütze, von den 30er bis in die 60er Jahre hier seinen Sitz. Dabei diente das Hinterhaus nicht nur als Lager- und Speicherhaus, sondern auch als Produktionsstätte. Im 6. Obergeschoss war eine Hausmeisterwohnung untergebracht.
Das Gebäude erhielt in den Räumlichkeiten, die nicht von den Mietern angepasst werden konnten (Treppenhaus, Toilettenräume), eine reichere Ausstattung. Flügger selbst gestaltete seine Räumlichkeiten mit Holztrennwänden und Holzvertäfelungen. Alle anderen Flächen konnten von den Mietern frei gestaltet werden (Vgl. Kontorhaus). Die Marmortreppe und die Wandfliesen im Treppenhaus sind heute noch erhalten. Das Gebäude war zudem mit einem Paternoster, einem außen liegenden Lastenaufzug im Innenhof, einem kleinen Warenaufzug im Innern und einem Windeaufzug zum ehemaligen Fleet ausgestattet. Bauzeitlich befand sich außerdem ein Lastenaufzug direkt an der Straße, quasi in der (Schaufenster-)Fassade. Er verband jedoch nur Keller- und Erdgeschoss miteinander. Die bauzeitliche Gestaltung kann über die Baubeschreibung der Feuerkasse, die sich im Hamburger Staatsarchiv befindet, rekonstruiert werden.
1913 wurde von Lundt & Kallmorgen der Ladeneingang des Erdgeschosses von der Straße zur seitlich gelegenen Durchfahrt verlegt – dorthin wo sie heute noch mit der Tür von 1913 zu finden ist. Das Oberlicht der Tür bezieht sich auf Flügger und zeigt Maler bei der Arbeit.
Durch die Explosion von zwei Sprengkörpern im Bereich des Deichstraßenfleets während der Operation Gomorrha im Zeiten Weltkrieg brannte das Hinterhaus aus und der Dachstuhl ging größtenteils verloren. Vermutlich wurde danach, womöglich aus statischen Gründen, die großen Kontorfenster zum Fleet verkleinert.
In den 1990er Jahren fanden Veränderungen im Innenhof durch das Architekturbüro von Bassewitz, Patschan, Hupertz, Limbrock statt. Die Arbeiten wurden 1996 durchgeführt. 1998 wurde das Gebäude unter Schutz gestellt.
2019 erwarb SIGNA das Flüggerhaus sowie Nachbarbauten, die als „Flüggerhöfe“ bezeichnet werden.[4] Die Gebäude sollen gemeinschaftlich saniert werden und somit einer langen Verwahrlosung entgegenwirken.
Paternoster
Der Paternoster diente zur Personenbeförderung und wurde in offener Bauweise von der Firma Gustav Adolf Koch[5] eingebaut. Das heißt, die Kabine ist nach oben hin und zum Treppenhaus (zum Einsteigen) offen. Ob es sich bei dem heute erhaltenen Paternoster um den bauzeitlichen Paternoster handelt, ist noch nicht abschließend geklärt. Andernfalls könnte er einer der ältesten, bekannten Paternosteraufzüge Hamburgs sein, womöglich der älteste seiner Bauart. Die Gestaltung gleicht der, des Paternosters im nicht mehr erhaltenen Gertig-Haus (auch geplant von Frejtag & Wurzbach).[6]
Siehe auch
Weblinks
Video
Literatur
- Ralf Lange, Das Hamburger Kontorhaus – Architektur, Geschichte, Denkmal, ISBN 978-3-86218-067-7
- Hans Meyer-Veden, Hermann Hipp, Hamburger Kontorhäuser (Berlin 1988)
- Architekten- und Ingenieur-Verein, Hamburg und seine Bauten 1890 und weitere Ausgaben
- Architekten- und Ingenieur-Verein zu Hamburg (Hrsg.), Das Hamburger Kontorhaus (Hamburg 1909)
Einzelnachweise
- https://www.flugger.de/über-flügger/eine-moderne-handelskette/. Abgerufen am 1. August 2020.
- Nach dem 2. Weltkrieg wurde ein Teil der Firma von Brillux Farben übernommen. Der andere Teil ging nach Dänemark über, wo sich bereits Niederlassungen der Firma befanden.
- Hamburger Adressbuch. SUB Hamburg, abgerufen am 1. August 2020.
- Hamburg: Signa kauft FlüggerHöfe von Cresco Capital. Abgerufen am 1. August 2020.
- NDR: Ältester Paternoster der Welt entdeckt? Abgerufen am 7. Januar 2021.
- Architekten- und Ingenieur-Verein zu Hamburg (Hrsg.): Das Hamburger Kontorhaus. Hamburg 1909, S. 6.