Fischbein
Fischbein ist ein Material, das aus den Barten großer Wale hergestellt wird. Dies sind lange, faserige, hornartige Platten, die bei Bartenwalen (z. B. Blauwal, Buckelwal, Finnwal) dazu dienen, Plankton aus dem Wasser zu filtern.
In der Konsistenz ist Fischbein gleichzeitig steif und flexibel, weshalb es historisch für spezielle Zwecke, wie Korsettstäbe, zum Einsatz kam. Kein anderes Material wies seinerzeit dieselben Eigenschaften auf, und so begünstigte die Jagd nach Fischbein den Rückgang der Walpopulation, der beinahe zur Ausrottung der Bartenwale führte. Erst mit dem Ende der Korsettmode um 1915 verlor Fischbein als Motivation für den Walfang seine Bedeutung.
Heute werden als Ersatz Stahl- und Kunststoffstäbe verwendet, die im Zusammenhang mit Korsetts weiterhin als „Fischbein“ bezeichnet werden.
Herstellung
Fischbein ist wegen seiner faserigen Beschaffenheit leicht zu spalten, sodass man es mit wenig Kraftaufwand zu Streifen der gewünschten Breite und Dicke verarbeiten konnte. Die Herstellung von Fischbein erfolgte durch sogenannte Fischbeinreißer, die meist in Fabriken am Hafen arbeiteten.[1] Im ersten Arbeitsschritt wurden die Bartenplatten von Speck- und Hautteilen gereinigt und in große Stücke gespalten, danach in heißem Wasser aufgeweicht. Diese Rohlinge konnten dann mit verschiedenen Spezialmessern bearbeitet werden.
Von 1500 bis 1920 gab es den Beruf des Fischbeinreißers. Der Fischbeinreißer arbeitete meist in Fabriken direkt am Hafen, ihr Produkt wurde vor allem an Textilbetriebe verkauft.
Eigenschaften und Verwendung
Vom 17. bis zum frühen 20. Jahrhundert wurden aus Fischbein Korsettstäbe, Reifrock-Reifen, Sonnenschirmstreben, stabile Hüte und andere Modeartikel gefertigt. Man verarbeitete Fischbein außerdem zu Reitpeitschen und Körben. Die Schabspäne, also die Reste der Verarbeitung, nutzte man als Polstermaterial.
Fischbein wurde einem amerikanischen Dokument zufolge in verschiedenen Qualitäten gehandelt. Das Korsett-Fischbein war von der schlechtesten Beschaffenheit. Es wurde vom Rand der Barten geschnitten, war leicht zerbrechlich und lediglich dazu geeignet, in Nähte gesteckt zu werden. Das etwas teurere Kleider-Fischbein hielt Nadelstiche aus, konnte also direkt in die Kleider hineingenäht werden. Das Peitschen-Fischbein zeichnete sich durch seine extrem hohe Elastizität aus. Am teuersten war das weiße Fischbein, das sehr selten vorkam, es blieb auch in hellen Kleidern unsichtbar.[2]
Außerdem wird Fischbein in Japan als Teil der Theaterpuppenmechanik im Bunraku verwendet.
Siehe auch
Weblinks
Einzelnachweise
- Süddeutsche Zeitung: Gute Nacht, Sandmann. Abgerufen am 24. April 2020.
- Michaela Vieser: Als Fischbeinreißer ein Top-Job war. In: Spiegel Online. 3. Juni 2012, abgerufen am 29. September 2012.