Fessan
Der Fessan (aus tamazight ⴼⴻⵣⵣⴰⵏ Fezzan, arabisch فزان, DMG Fizzān) ist eine Landschaft in Libyen, die zur Sahara gehört. Er ist eine der drei historischen Großregionen Libyens und früheren Gouvernements, neben Tripolitanien im Norden und der Kyrenaika im Osten.
Geographie
Der Fessan ist 551.170 km² groß[1] (nach anderen Angaben 684.280 km²), bei einer Bevölkerung von 413.005 Einwohnern (Stand 2003). Im Westen wird er von Algerien, im Süden von Niger und vom Tschad begrenzt. Die bedeutendsten Orte sind Murzuk und Sabha. Letzteres ist das Verwaltungszentrum für den Fessan und hat in dieser Funktion Murzuk abgelöst. Weitere wichtige Orte sind Ghadames und Ghat.
Das Land wird im Wesentlichen von Sand-, Kies- und Felswüsten bedeckt. Den größten Teil nehmen zwei mit Dünenfeldern bedeckte Becken um Ubari und Mursuk ein. Es gibt jedoch bewohnte Oasen, beispielsweise Adiri, die Hauptstadt im Munizip Wadi asch-Schati’. Die libysche Regierung ist bemüht, die Region durch den Ausbau der Infrastruktur und die Einrichtung von Bewässerungsanlagen zu entwickeln. Die Gefahr der Versalzung der Böden ist dabei groß.
Auf dem Gebiet der früheren Großprovinz Fessan lagen bis 2007 sechs der 32 Munizipien Libyens:
Nr. | شعبية | Schaʿbiyya | Einwohner 2003 |
Fläche km² |
---|---|---|---|---|
6 | الجفرة | al-Dschufra | 45.117 | 117.410 |
17 | غات | Ghat | 22.770 | 72.700 |
20 | مرزق | Murzuk | 68.718 | 349.790 |
27 | سبها | Sabha | 126.610 | 15.330 |
30 | وادي الحياة | Wadi al-Haya | 72.587 | 31.890 |
31 | وادي الشاطئ | Wadi asch-Schati' | 77.203 | 97.160 |
فزان | Fessan | 413.005 | 684.280 |
Nach anderen Quellen wird Ghadames (Nr. 18 auf der Karte) noch zum Fessan gerechnet.
Geschichte
Seit dem Altertum wird die Landschaft von Berbervölkern bewohnt. Mit dem 5. Jahrhundert v. Chr. wurden den Griechen die Garamanten bekannt. Zwar eroberten die Römer nicht den Fessan, doch unternahmen sie Expeditionen in die Sahara und haben wohl unter Maternus um 100 n. Chr. die Gebiete am Tschadsee erreicht.
Mit dem Vordringen des Islam und der Einführung des Kamels kam es zu einem Aufschwung des Transsaharahandels, wobei sich Murzuk als bedeutendes Handelszentrum in Fessan etablierte. Nach der Einwanderung der arabischen Banu Sulaym kam es zu einer Vermischung der arabischen Bevölkerungsgruppen mit den Berbern.
Nachdem im 13. Jahrhundert Fessan zeitweise der Herrschaft von Kanem-Bornu unterstanden hatte, geriet das Land im 16. Jahrhundert unter die lockere Oberherrschaft der Osmanen und der Qaramanli. 1914 wurden die 1911 in Libyen gelandeten Italiener von den Senussi mit türkischer Unterstützung vertrieben. Als Italien Libyen seit 1923 eroberte, unterwarf es 1930 auch die Stämme des Fessan. Seit 1943 wurde Fessan (französisch: Fezzan) von Frankreich besetzt und 1946 gemeinsam mit der Provinz Ghadames unter Militärverwaltung gestellt. 1948–1951 waren die französischen Militärverwaltungen beider Regionen wieder getrennt. Seit 1951 bildet Fessan – gemeinsam mit Tripolitanien und der Kyrenaika – das unabhängige Libyen.
Herrscherliste 1789 bis 1842
- Sultane der Aulad-Muhammad-Dynastie (1789–1831)
- Sharif Muhammad ibn al-Mansur al Hakim (1789–1804)
- Sharif Muhammad ibn al-Mansur al-Muntasir (1804–1811)
- Yussuf al-Mukkani (1811–1831)
- Sultan der Banu-Sulayman-Dynastie (1831–1842)
- Sayf an-Nasr Abd al-Jalil ibn Rad (1831–1842)
Bürgerkrieg in Libyen
Infolge des Bürgerkriegs bildete sich 2018 die Bewegung Fezzan Rage oder Anger of Fezzan. Um gegen die Vernachlässigung der südlichen Fessan-Region zu protestieren, die sich in fehlender Infrastruktur und häufigen Stromausfällen bemerkbar macht, besetzte sie im Dezember 2018 die Ölfelder von El Heel und Sharara. Sie drohte eine Wiederholung dieser Aktion an[2][3][4]. Zum Aufbau kommunaler Verwaltungsstrukturen und von Kontakten zum übrigen Libyen bildete sich 2012 die Fezzan Libya Organisation[5], die vom Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen und dem USIP unterstützt wird[6].
Außer regierungstreuen Milizen im Norden des Fessan agieren (Stand 2019) Tuareg-Milizen im Westen über die Grenze nach Algerien hinaus und Tubu-Milizen im Südosten über die Grenzen nach Niger und Tschad sowie sudanesische Söldner. Auch das ostlibysche Armeebündnis von General Haftar ist nach Fessan eingedrungen.[7]
Siehe auch
Weblinks
Einzelnachweise
- Statoids (englisch).
- Deep anger in south-western Libya fuels unrest, The Arab Weekly, 16. Dezember 2018
- Fezzan Anger Movement threatens to close Sharara oilfield, News218, 13. Juli 2019
- YouTube-Video von der Besetzung, 10. Dezember 2018
- FEZZAN LIBYA ORGANISATION, Webseite, aufgerufen am 27. Januar 2020
- The Stabilisation Facility for Libya, UNDP, 2019, S. 3, 24 (pdf, engl.)
- Frankreich, Italien und der Fezzan auf ffm-online.de, 12. Februar 2019.