Feldsteinkirche Ratekau
Die evangelische Feldsteinkirche Ratekau (auch: Vicelinkirche Ratekau, Ratekauer Feldsteinkirche) in Ratekau (Schleswig-Holstein) ist eine der besterhaltenen ostholsteinischen Feldsteinkirchen bzw. Wehrkirchen aus dem 12. Jahrhundert. Die Kirche ist im Wappen der Gemeinde Ratekau abgebildet.
Geschichte
Der Bau der Ratekauer Kirche wurde im 12. Jahrhundert begonnen, kurz nachdem Wagrien 1138/39 durch die Holsten erobert worden war. 1147 wurde Wagrien von Heinrich dem Löwen dem Grafen Adolf II. von Schauenburg und Holstein zum Lehen gegeben. Adolf II. beauftragte Vizelin mit der Verbreitung des Christentums unter den Slawen. Gleichzeitig begann er die Kolonisation mit Neusiedlern mit christlichen Siedlern. Ebenfalls als Vicelinkirchen bezeichnete Kirchen sind die Petrikirche in Bosau, die St.-Laurentius-Kirche in Süsel und St. Johannis in Neukirchen (Bad Malente). Der Baubeginn wird auf das Jahr 1156 datiert, zwei Jahre nach Vizelins Tod. Graf Adolf und Bischof Gerold von Oldenburg suchten gemeinsam den Platz aus, wie Helmold von Bosau in seiner Slawenchronik berichtet. Erstmals urkundlich erwähnt wurde die Kirche 1234/1235, als Apsisbogen und Gewölbe erneuert wurden.
Es handelt sich um eine im romanischen Stil errichtete einschiffige Saalkirche mit Chor und Apsis sowie einem 48 Meter hohen (schiefen) Rundturm, der als Wehrturm diente. Die Kirche wurde überwiegend aus Feldsteinen unter Verwendung von Gips-Mörtel vom Segeberger Kalkberg errichtet und hat ein mit Holzschindeln gedecktes Satteldach. Die evangelische Vicelinkirche wurde von 2008 bis 2011 saniert. Dabei wurden der originale Ziegelfußboden und steinerne Sitzbänke an den Seiten aus der Erbauungszeit gefunden.[1] Seitdem wird sie mit 15 Erdwärmesonden beheizt.[2]
Orgel
Die erste bekannte Orgel der Kirche stammte aus dem 16. oder 17. Jahrhundert und hatte Hauptwerk mit sieben, ein Rückpositiv mit sechs und ein Pedal mit vier Registern. 1819/20 noch einmal umfassend repariert, waren dennoch um 1890 nur noch fünf Register notdürftig spielbar. Daher erfolgte 1891 ein Orgelneubau durch Marcussen & Sohn, Apenrade (Opus-Nummer 200). Diese Orgel wurde 1959 von Firma E. Kemper & Sohn aus Lübeck im neobarocken Sinne radikal umgestaltet. 1982/83 wurde das Instrument von Orgelbauer G. Christian Lobback, Neuendeich, wieder seinem Originalzustand angenähert. Eine leichte Aufhellung der Disposition wurde dabei bewusst belassen, denn die ursprüngliche Marcussen-Orgel von 1891 hatte keine einzige Mixtur. Zugleich wurde die Orgel um zwei Register erweitert (überblasende Flöte 4' im Hauptwerk, terzhaltige Mixtur im Schwellwerk).[3] Die heutige Disposition lautet:
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- M = Marcussen, K = Kemper, L = Lobback
- Koppeln: II/I, I/P
- Traktur: Schleifladen, vollmechanisch
Sehenswertes in der Umgebung
In der Nähe der Kirche befinden sich
- die Wilhelmseiche in Ratekau mit dem Wilhelmsstein zur Erinnerung an den 100. Geburtstag von Kaiser Wilhelm I.
- ein Gedenkstein für General Blücher zur Erinnerung an die Kapitulation der preußischen Heeresgruppe nach der Schlacht bei Lübeck am 7. November 1806 im Ratekauer Pfarrhaus
- die Steinkiste von Ratekau, ein Megalithgrab aus der Zeit der Glockenbecherkultur
Bilder
- Ansicht aus Nordost (mit der Sakristei)
Literatur
- Herwart Bansemer: Statt Bleiplatten – weiterhin Holzschindeln – Ratekaus Wahrzeichen behielt seinen Schindelturm – Jahrbuch für Heimatkunde, Eutin 1990 (Seite 14–20)
- Anke Dittmann, Michael Dittmann und Rainer Raguse: Festschrift 850 Jahre – Feldsteinkirche Ratekau 1156–2006 (Hrsg.: Kirchenvorstand der Kirchengemeinde Ratekau)
- Dehio-Handbuch der Deutschen Kunstdenkmäler. Hamburg, Schleswig-Holstein, 2009; S. 768
- Julia Dittmann: Eine Kirche am anderen Meer. In: Jeversches Wochenblatt. 29. August 2020, S. 10.
Einzelnachweise
- Sanierung der Feldsteinkirche
- waermepumpe-regional.de: Erdwärme-Wärmepumpe beheizt sanierte Feldsteinkirche
- Reinhard Jaehn, Immo Wesnigk, G. Christian Lobback: Festschrift: Zur Einweihung der restaurierten Orgel der Kirche Ratekau am 26. Juni 1983, o. O. 1983, 12 S.