Eusebius von Nikomedia
Eusebius von Nikomedia († 341) war zwischen 318 und 341 Bischof von Nikomedia und ab 338 auch von Konstantinopel und wurde lange Zeit fälschlicherweise den ‚Arianern‘ in der ersten Hälfte des 4. Jahrhunderts zugerechnet. Tatsächlich gehörte Eusebius zur so genannten ‚origenistischen Mittelgruppe‘ in Nachfolge theologischer Positionen des Origenes, die neben Arius und seinen Anhängern gleichfalls am Konzil von Nicäa teilgenommen, aber im Unterschied zu Arius das Nicänische Bekenntnis unterschrieben hatte.[1]
Leben
Eusebius kam aus Syrien, ob Arius und er Schüler des Lukian von Antiochia gewesen waren, ist entgegen einer verbreiteten Ansicht keineswegs sicher. Im Brief des Arius an Eusebius wird dieser als Syllucianistes angesprochen, was im Zusammenhang des betroffenen Satzes häufig als „Mitschüler des Lukian“ übersetzt wird; Arius und Eusebius wären demnach beide theologische Schüler von Lukian gewesen. Die Satzpassage könnte aber womöglich noch eher so übersetzt werden, dass Arius Eusebius als Anhänger des 312 verstorbenen Lukians bzw. des Märtyrerkultes um Lukian, wie es Arius auch sein wollte, anspricht.[2] Als Bischof von Berytus (dem heutigen Beirut) ließ er sich den weit bedeutenderen Bischofssitz von Nikomedia zuweisen, der Residenz des Kaisers Licinius, bei dessen Frau Constantia, der Schwester Konstantins des Großen, er in hoher Gunst gestanden haben soll – nach einer Überlieferung war er angeblich sogar mit dem Kaiserhaus verwandt.
Als Arius wegen seiner theologischen Positionen in Alexandria durch eine von Alexander von Alexandria einberufene kirchliche Synode 319 verurteilt wurde, floh er nach Caesarea, wo er von Eusebius von Caesarea gut aufgenommen wurde. Von dort bat er Eusebius von Nikomedia um Unterstützung. Eusebius von Nikomedia schrieb viele Briefe, um Arius gegen Alexander von Alexandria und die Synoden-Verurteilung zu unterstützen bzw. schützen. In einem ebenfalls erhaltenen Brief an Paulinus, Bischof von Tyros, schilderte Eusebius die arianische Lehre in Details.[3]
Es kam zu brieflichen Rundumschlägen von Alexander von Alexandria auf der einen und Eusebius von Nikomedia auf der anderen Seite. Kaiser Konstantin I., nunmehr römischer Alleinherrscher, versuchte im Herbst 324 zu vermitteln, und berief, als das fehlschlug, das erste Konzil von Nicäa (325) ein, auf dem Eusebius wohl als führende Person Arius gegen Alexander von Alexandria und dessen Verurteilung von Arius unterstützte.
Eusebius unterzeichnete, wie die anderen Vertreter der ‚origenistischen Mittelgruppe‘, das Nicaenum, das abschließende Bekenntnis des Konzils. Nach dem Konzil von Nicäa setzte er sich für die Aufhebung des Anathemas gegen Arius ein, daraufhin wurde er von Kaiser Konstantin verbannt. 327 wurden Eusebius und Arius von Kaiser Konstantin rehabilitiert, Arius, nachdem dieser ein ‚rechtgläubiges Bekenntnis‘ abgelegt hatte.[4] Die Mehrheit der Bischöfe im Osten des Römischen Reiches, das wurde in den nächsten Jahren nach dem nicänischen Konzil durch die fortdauernden Auseinandersetzungen um die Christologie bzw. Trinitätslehre deutlich, gehörte zur ‚origenistischen Mittelgruppe‘.
Der ‚antiarianische‘ Patriarch Eustathios von Antiochia wurde angeblich auf Grund von Anklagen der Eusebianer abgesetzt und verbannt wegen angeblicher respektloser Bemerkungen über die Mutter des Kaisers. Athanasius, seit 328 einflussreicher wie energischer Bischof des zweiten östlichen Patriarchats von Alexandria, diffamierte abweichende theologische Positionen pauschal als ‚arianisch‘ und geriet damit in Konflikt mit den kaiserlichen Bemühungen um einen theologischen Ausgleich, beispielsweise von Constantius II., zwischen den verschiedenen Strömungen.[5]
Am 22. Mai 337 starb Kaiser Konstantin in Nikomedia, nachdem er vom dortigen Bischof Eusebius getauft worden war. Das Römische Reich wurde unter seinen Söhnen Konstantin II., Constantius II. und Constans aufgeteilt, die unterschiedliche kirchenpolitische und theologisch-christliche Positionen verfolgten. Für Eusebius brachte die neue Regierung im Ostteil des Römischen Reiches mit Constantius II. eine verstärkte offizielle Orientierung auf die im Osten des Reiches sowieso kirchliche dominierende ‚origenistische Mittelgruppe‘, aus der sich ab 358 die Strömung der Homöer entwickelte. Daneben war Eusebius die Aufgabe zugeteilt, als Vormund für die Erziehung des späteren Kaisers Julian zu sorgen, der ein Vetter Constantius’ II. und Überlebender der Morde nach dem Tod Konstantins war.
338 wurde Eusebius Bischof von Konstantinopel. Er weihte den Goten Wulfila in Antiochia zum „Bischof der Christen im gotischen Land“, welcher damit die Trinitätslehre der ‚origenistischen Mittelgruppe‘ und später der ‚Homöer‘ als Teil dieser Strömung aufnahm und verbreitete.[6]
Literatur
- Markus Vinzent: Eusebius von Nikomedien. In: Religion in Geschichte und Gegenwart (RGG). 4. Auflage. Band 2, Mohr-Siebeck, Tübingen 1999, Sp. 1678.
- Friedrich Wilhelm Bautz: Eusebius von Nikomedia. In: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon (BBKL). Band 1, Bautz, Hamm 1975. 2., unveränderte Auflage Hamm 1990, ISBN 3-88309-013-1, Sp. 1566–1568.
- Adolf Jülicher: Eusebios 25. In: Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft (RE). Band VI,1, Stuttgart 1907, Sp. 1439 f.
- Alexios G. Savvides, Benjamin Hendrickx (Hrsg.): Encyclopaedic Prosopographical Lexicon of Byzantine History and Civilization. Vol. 2: Baanes–Eznik of Kolb. Brepols Publishers, Turnhout 2008, ISBN 978-2-503-52377-4, S. 435–436.
- Joseph Bidez: Julian der Abtrünnige. Übersetzung von Hermann Rinn (Original: Paris 1930). Verlag Georg D. W. Callwey, München 1940. (Älteres Standardwerk)
Anmerkungen
- Jan Rohls: Gott, Trinität und Geist (Ideengeschichte des Christentums, Band III/1). Mohr Siebeck, Tübingen 2014, S. 126f.
- Hanns Christof Brennecke: Lukian von Antiochien in der Geschichte des arianischen Streites, in: Hanns Christof Brennecke, Ernst Ludwig Grasmück, Christoph Markschies (Hrsg.): Logos. Festschrift für Luise Abramowski zum 8. Juli 1993. Walter de Gruyter, Berlin und New York 1993, S. 170–192, hier S. 177.
- Schreiben des Bischofs Eusebius von Nikomedien an den Bischof Paulinus von Tyrus, online in der Bibliothek der Kirchenväter, abgerufen am 27. Juni 2019.
- Jan Rohls: Gott, Trinität und Geist (Ideengeschichte des Christentums, Band III/1). Mohr Siebeck, Tübingen 2014, S. 130f.
- Wolf-Dieter Hauschild, Volker Henning Drecoll: Lehrbuch der Kirchen- und Dogmengeschichte. Band 1. Alte Kirche und Mittelalter. Fünfte, vollständig überarbeitete Neuausgabe. Gütersloher Verlagshaus, Gütersloh 2016, S. 75f.
- Knut Schäferdiek: Der vermeintliche Arianismus der Ulfila-Bibel, in: Zeitschrift für antikes Christentum, Band 6 (2002), Heft 2, S. 320ff.
Vorgänger | Amt | Nachfolger |
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Paulos I. | Patriarch von Konstantinopel 338–341 | Paulos I. |