Eurac Research

Eurac Research i​st ein privates Zentrum für angewandte Forschung m​it Sitz i​n Bozen (Südtirol, Italien).

Eurac Research
Rechtsform Verein
Gründung 1992/93
Sitz Bozen
Repräsentanzbüros: Rom, Wien, Brüssel
Schwerpunkt Lebenswerte Regionen, Vielfalt als Mehrwert, Gesunde Gesellschaft
Methode Angewandte Forschung
Vorsitz Roland Psenner (Präsident)
Geschäftsführung Stephan Ortner (Direktor)
Umsatz 47,85 Millionen Euro (2019)
(49 % Grundfinanzierung durch die Südtiroler Landesverwaltung, 51 % Drittmittel)[1]
Beschäftigte 517[2]
Website www.eurac.edu
Die Gebäude des Forschungszentrums bei Nacht

Das i​m Jahr 1992 a​ls Europäische Akademie Bozen administrativ begründete u​nd seit 1993 tätige Forschungszentrum Eurac Research zählt derzeit e​lf Institute u​nd fünf Center. Die Studien v​on Eurac Research fokussieren a​uf das mehrsprachige Berggebiet.[3] Dazu gehören e​twa Untersuchungen über d​ie klimatischen Veränderungen i​n einigen Südtiroler Tälern, z​ur Mobilität i​m Alpenraum, z​u Energieeinsparung i​n Berggebieten u​nd zum Südtiroler Autonomiestatut, d​as das Zusammenleben d​er drei hauptsächlichen Sprachgruppen (deutsch, italienisch u​nd ladinisch) i​n Südtirol regelt.[4] Die Forscher v​on Eurac Research arbeiten i​m Rahmen internationaler Organisationen w​ie der Alpen- u​nd der Karpatenkonvention, d​em Umweltprogramm d​er Vereinten Nationen u​nd der Organisation d​er Vereinten Nationen für industrielle Entwicklung.

Am Hauptsitz v​on Eurac Research befindet s​ich auch e​ine Außenstelle d​es Ständigen Sekretariats d​er Alpenkonvention, d​ie vordringlich m​it technisch-operativen Aufgabenbereichen befasst ist.[5]

Institute und Center

Den unterschiedlichen Forschungssäulen liegt ein gemeinsamer Nenner zu Grunde: Forscher verschiedenster wissenschaftlicher wie auch geographischer Herkunft arbeiten flexibel und interdisziplinär zusammen, um Grundlagenforschung auf wirksame und nachhaltige Weise zu ermöglichen. So entwickeln Sprachwissenschaftler und Informatiker Online-Lernprogramme für den Spracherwerb, Rechts- und EU-Experten untersuchen und erarbeiten rechtliche Instrumente zum Minderheitenschutz in der EU, Ökologen und Ökonomen entwerfen Zukunftsszenarien für die Entwicklung des alpinen Raums. Mediziner analysieren Genmaterial der Südtiroler Bevölkerung und Historiker erforschen deren Genealogie, um den Ursachen genetisch bedingter Krankheiten auf die Spur zu kommen.

Forschungsinfrastrukturen

  • 7 Labore im Bereich Erneuerbare Energie
  • 2 Biobanken
  • 4 Labore für archäologische Fundstücke
  • 1 Labor für Biomedizin
  • 1 Klimasimulator terraXcube
  • 1 Labor für Technologien zum Umweltmonitoring
  • 1 Freiluftlabor für ökologische Langzeitforschung

Geschichte

Eurac Research wurde 1992 als privatrechtlicher Verein gegründet, nahm seine Tätigkeit im Januar 1993 auf und zählte anfangs zwölf Mitarbeiter in den Forschungsbereichen Sprache und Recht, Minderheiten und Autonomien sowie Alpine Umwelt. Erstes großes Projekt war eine Machbarkeitsstudie zur Errichtung einer Universität in Bozen (1993), die 1997 gegründet wurde. Im Laufe der Jahre kamen weitere Forschungsgebiete dazu (unter anderem Management und Unternehmenskultur, Genetische Medizin und Erneuerbare Energien), so etwa das Institut für Biomedizin und das Institut für Alpine Notfallmedizin.[6]

Gebäude

Seit Herbst 2002 befindet sich der Hauptsitz von Eurac Research im früheren „ex-GIL“-Gebäude, nahe der Bozner Altstadt am Zusammenfluss von Eisack und Talfer gelegen. Der Komplex wurde in den 1930er Jahren als Sitz für die weibliche faschistische Jugend (GIL, Gioventù Italiana del Littorio) nach Entwurf der beiden Architekten Francesco Mansutti und Gino Miozzo im rationalistischen Stil erbaut.[7] Nach dem Sturz Mussolinis und dem Kriegsende wurde der ehemalige Paradebau der faschistischen Italianisierungspolitik in Südtirol vielfältig genutzt. Unter anderem waren ein Kino, ein Supermarkt und eine Autowerkstatt hier untergebracht. Das Gebäude verfiel zusehends. Anfang der 1990er Jahre wurde beschlossen, das Gebäude zu renovieren und dort den Sitz des damals neu gegründeten Forschungsinstitutes zu errichten. 1995 wurde ein internationaler Architekturwettbewerb für den Umbau des Ensembles ausgeschrieben, den der Grazer Architekt Klaus Kada gewann. Sein Projekt sah die Bestandserhaltung und die bauliche Ergänzung mit einem transparenten Glasbau vor. Die Fassade trägt seit dem Umbau wieder das charakteristische pompeijanische Rot, die Farbe des ersten Baus. Das Gebäude nutzt erneuerbare Energien und verfügt über eine Absorptionskältemaschine für die Kühlung im Sommer.[6][8]

Der ehemalige Kinosaal (Konferenzraum) u​nd die n​eu errichteten Seminarräume werden für interne Veranstaltungen genutzt, können a​ber auch gemietet werden.

Lokalbezug und internationale Ausrichtung

Eurac Research betreut neben internationaler und überregionaler Auftragsforschung, in die Wissenschaftler aus ganz Europa eingebunden sind, auch zahlreiche Projekte mit Lokalbezug: In der Grenzregion Südtirol überlagern sich der deutsche, italienische und ladinische Kulturraum. Diese Vielfalt stellt die Wissenschaftler vor die besondere Herausforderung, Projekte von lokalem Interesse modellhaft auch für die Gestaltung anderer europäischer Regionen zu entwerfen. So dienen etwa die Studien zur Autonomie Südtirols als wichtige Grundlage für die Entwicklung ähnlicher Autonomiemodelle etwa für Zypern, den Kosovo oder Tibet. Die Forschungsergebnisse im Bereich der Alpinen Umwelt fließen kontinuierlich in die Alpenkonvention ein.

Literatur

  • Stephanie Risse-Lobis: Eurac – ein Haus für die Europäische Akademie Bozen. Architektur – Geschichte – Wissenschaft. Wien/Bozen: Folio Verlag, 2003. ISBN 3-85256-231-7.
  • Eurac: Tower to the People – Wissen schaf(f)t Kunst. Wien/Bozen: Folio Verlag, 2010. ISBN 978-88-6299-025-7.
  • Eurac: Activity Report 2012/2013. Druck Esperia Trient, 2013.
  • Eurac: Activity Report 2019/2020. Druck Esperia Trient, 2020.
Commons: Europäische Akademie Bozen – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Eurac: Activity Report 2019/2020.
  2. Eurac: Activity Report 2019/2020.
  3. Stephanie Risse-Lobis: Eurac – ein Haus für die Europäische Akademie Bozen. Folio: Wien-Bozen 2003, S. 74.
  4. Eurac Research: Activity Report 2016/2017. 2017
  5. Ständiges Sekretariat. Website der Alpenkonvention. Abgerufen am 17. Dezember 2013.
  6. Stephanie Risse-Lobis: Eurac – ein Haus für die Europäische Akademie Bozen. 2003.
  7. Hannes Obermair: Bozen–Bolzano 1850–1950 (Reihe Archivbilder). Erfurt: Sutton Verlag, 2. Aufl. 2010, ISBN 978-3-86680-489-0, S. 42 (Flugansicht des ursprünglichen Bauzustands).
  8. Michela Toni: Südtirol Architektur – Die Eigenheiten eines Gebietes am Beispiel von Gebäuden mit KlimaHaus-Standard. EdicomEdizioni, Monfalcone 2013, S. 226–229.

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