Escape Game
Escape Games oder Escape the Room Games gehören zu dem Genre der Adventuregames. Es sind meistens Browserspiele, welche typischerweise per „Point-and-Click“ gesteuert werden. Daneben gibt es weltweit zahlreiche kommerzielle Umsetzungen des Spielprinzips als Gruppenspiel, bei dem Menschen in einer vorgegebenen Zeit in einem realen Raum Aufgaben oder Rätsel lösen müssen, um das Spiel zu meistern.
Spielprinzip
Die Grundzüge des Spielprinzips stammen aus dem Adventure-Genre. Als Urvater dieses Spielkonzepts gilt jedoch allgemein das Onlinespiel Crimson Room des Japaners Toshimitsu Takagi aus dem Jahr 2004.[1] Das Ziel des Spiels besteht darin, einen Ort, an dem man gefangen ist, zu verlassen.
Die meisten Spiele werden in der Egoperspektive gespielt und fordern vom Spieler Geduld, Ausdauer, Geschicklichkeit und logisches Denken. Es beginnt in der Regel mit einem kurzen Intro, das anhand eines Textes oder einer kurzen Szene einen Handlungsrahmen vorgibt. Der Ort ist meist ein Raum, der mindestens eine verschlossene Türe besitzt und einige Gegenstände sowie versteckte Lösungshinweise bereithält. Einige Spiele umfassen auch mehrere solche Räume. Der Spieler muss die im Raum befindlichen Objekte mit der Computermaus zunächst anvisieren (= Point) und dann anklicken (= Click), um mit diesen Objekten zu interagieren. Dazu gehört beispielsweise das Verknüpfen von Gegenständen und Objekten, um neue Objekte und Hinweise zu bekommen. Oftmals müssen auch die Hinweise richtig interpretiert oder Rätsel gelöst werden, um an erforderliche Codes oder Passwörter zu gelangen.
Die Rätselstellung findet auf verschiedenen Wahrnehmungsebenen statt. Typischerweise werden visuelle Reize in Form von Buchstaben, Zahlen, Farben, Zeichen, Piktogrammen und Bildern gestellt. Als akustische Reize kommen Sprache, Tonfolgen und Musik zum Einsatz. Einzelne Elemente stehen in der Regel nicht für sich allein. Hinweise und Gegenstände liefern zu Spielbeginn meist keine nützliche Information. Ihr Sinn erschließt sich aus Gemeinsamkeiten mit anderen Elementen.
Live Escape Games
Neben Computerspielen entstanden auch Umsetzungen als reales Gruppenspiel, vorwiegend als Live Escape Games oder Escape Rooms bezeichnet. Die ersten Live Escape Games sind 2007 in Japan entstanden.[2] Kleine Personengruppen werden beim Live Escape Game gemeinsam in einem Raum oder eine kleine Anzahl Räume eingesperrt und müssen ihr Gefängnis innerhalb einer vorgegebenen Zeit (zumeist 60 Minuten) mit Hilfe der darin versteckten Hinweise und Gegenstände wieder verlassen. Es gibt auch Anbieter, bei denen die Gruppen nicht eingesperrt werden, sondern eine Hauptaufgabe mit Hilfe von vielen aufeinander aufbauenden Rätseln innerhalb der vorgegebenen Zeit lösen müssen. Dabei werden sie über Kameras von einer das Geschehen beaufsichtigenden Person beobachtet, die über ein Funkgerät oder mit Bildern auf einem Monitor im Raum eingreift, wenn etwas Falsches gemacht wird oder die Gruppe nicht vorwärts kommt. Die Spieler können meist auch selbst aktiv werden und Hinweise beim Spielleiter anfordern, sollten sie nicht weiterkommen. Die Räume werden als Unterhaltungsangebot sowie als Teambuilding-Veranstaltungen beworben.
Deutschland
In Deutschland begannen Live Escape Games als künstlerisches Experiment der Performance-Gruppe machina eX, die 2011 mit ihrem interaktiven Theaterstück 15.000 Gray auf dem 100 Grad Festival debütierte und anschließend auf diversen Theaterfestivals auftrat.[3] Als erster kommerzieller Anbieter begann HintQuest in München im August 2013, Escape-the-Room-Spiele zu etablieren.[4] Anfang Februar 2017 gab es 208 deutsche Anbieter in 90 Städten mit 426 einzelnen Spielräumen.[5] Im Mai 2017 wurde in Berlin der erste auf Virtual-Reality-Techniken basierende deutsche Escape-Room eröffnet. Die Spieler agieren hier mit Head-Mounted Displays in leeren Räumen.[6]
Österreich
Auch in Österreich gibt es zahlreiche Live Escape Games.[7] Der mit 170 Quadratmetern nach eigenen Angaben größte einzelne Escape Room des Landes ist seit März 2019 Going Underground von Crime Runners in Wien.[8] Der größte Standort eines Escape-Game-Anbieters befindet sich mit 7 Spielen und über 600 m² in Innsbruck und wird von EscapeGame betrieben.
Polen
Polens rund 1100 Escape Rooms gerieten Anfang Januar 2019 in den Fokus der internationalen Öffentlichkeit, nachdem in einer Escape-Room-Veranstaltungsstätte in der polnischen Stadt Koszalin fünf 15-jährige Mädchen bei einem Brand ums Leben kamen. Anschließend durchgeführte breit angelegte Kontrollen brachten zutage, dass beim größten Teil aller Escape Rooms die Brandschutz-Vorschriften nicht erfüllt waren. Außerdem wurde bekannt, dass Polens Escape-Räume keinen besonderen Auflagen unterliegen.[9]
Schweiz
Beeinflusst von Adventuregames und Schulexperimenten eröffneten im März 2012 in Bern die AdventureRooms, die ersten Schweizer Spielräume. Ursprünglich hatte ihr Betreiber, der Physiklehrer Gabriel Palacios, diese Spiele für seine Schüler konzipiert. Dabei ging es meistens darum, mithilfe von wissenschaftlichen Phänomenen unsichtbare Codes sichtbar zu machen. Positive Kundenbewertungen und Mundpropaganda ließen die Besucherzahlen stark anwachsen. Auch Palacios lizenzierte seine Idee an Betreiber im Ausland. Anfang 2018 gab es Standorte in zwanzig Ländern.[10][11]
Inzwischen gibt es Escape Rooms in vielen Städten der Schweiz.[12]
Tschechien
Nach dem tödlichen Unglück in Polen erklärte die Feuerwehr, in Prag bis März 2019 stichprobenartig Escape Rooms auf Einhaltung der Vorschriften zu Brandschutz und Fluchtwegen überprüfen zu wollen.[13] Die Kontrollen ergaben, dass zwei Drittel der Betriebe Brandschutzbestimmungen nicht einhielten und dass die Hälfte keine gültige Nutzungsbewilligung vorweisen konnte.[14]
Ungarn
In Budapest bot das Unternehmen Parapark seit 2011 ein reales Escape-the-Room-Spiel in einem der vielen Ruinenkeller an.[15] Die Idee wurde mehrfach kopiert, so dass im September 2015 bereits über 34 Anbieter in der ungarischen Hauptstadt existierten. Parapark expandierte unter anderem nach Österreich, Spanien und Deutschland, auch andere ungarische Firmen bildeten internationale Ableger oder lizenzierten ihr Konzept an ausländische Unternehmen. Parapark basierte auf der Flow-Theorie des ungarischen Professors Mihály Csíkszentmihályi. Im Gegensatz zu den japanischen Vorläufern mussten hier hauptsächlich versteckte Schlüssel gefunden oder scheinbar unerreichbare Schlüssel mithilfe von Gegenständen im Raum erreicht werden.[16]
Brett- und Kartenspiele
Das Prinzip der Escape Games wurde auch in Form von Brett- und Kartenspielen umgesetzt. Ab Ende 2016 veröffentlichte der Kosmos-Verlag unter dem Titel Exit – Das Spiel Escape-Game-Abenteuer der Spieleautoren Inka und Markus Brand, basierend auf der Idee und dem Konzept von Ralph Querfurth und Sandra Dochtermann. Weitere vergleichbare Spiele sind das von dem Verlag noris Spiele veröffentlichte Spiel Escape Room von Andrea Hofbeck, die Escape-the-Room-Spiele von Nicholas Cravotta und Rebecca Bleausowie das Anfang 2017 im Verlag Space Cowboys erschienene Unlock!. Ab Oktober 2018 erschien die Reihe Escape Dysturbia im Homunculus Verlag. Als Kartenspiel ist das Spielprinzip auch für Einzelspieler nutzbar: Spielkarten, die die Handlung erläutern und Rätsel vorgeben, werden in einer vorgegebenen Reihenfolge verdeckt abgelegt, und der oder die Spieler folgt oder folgen den Anweisungen auf der jeweils obersten Karte.[17]
Bücher
Auch in Form von Büchern finden sich Escape Games. Ende 2019 veröffentlichte der Verlag arsEdition mit Escape Room das erste Escape Game als Buch. Die Besonderheit liegt bei dieser Produktform in den Seiten zum seitlichen Aufschneiden.[18]
Weblinks
- Deutschlandkarte „Escape-Rooms“ des ZEITmagazins, November 2016
Einzelnachweise
- It’s not easy to Escape the Book Club Killer. Toronto Star, 28. November 2014, abgerufen am 14. Dezember 2014 (englisch).
- Test in Köln: Was hat es mit dem Hype um „Live Escape Games“ auf sich? Kölnische Rundschau, 19. Oktober 2015, abgerufen am 9. November 2015.
- 15.000 Gray: Theaterstück von machina eX in Düsseldorf. Spiegel Online, 7. November 2012, abgerufen am 14. Oktober 2015.
- Teamentwicklung: Bloß raus hier. Zeit online, 6. Februar 2014, abgerufen am 9. November 2015.
- Informationen zu Escape Games. Abgerufen am 2. Dezember 2015.
- Exit VR sprengt die Grenzen eines Escape Rooms. In: Escape Maniac. 4. Juni 2017, abgerufen am 21. Juni 2017.
- Melanie Gerges: Keine Panik. Wiener Zeitung, 28. Juli 2015, abgerufen am 9. November 2015.
- Wie im Film: Wer entschärft die Bombe unter der Erde? Die Presse, 15. März 2019, abgerufen am 24. Juni 2019.
- Tod von fünf Mädchen – "Escape Room"-Besitzer nach Brand festgenommen. SPIEGEL ONLINE, 6. Januar 2019, abgerufen am 7. Januar 2019.
- Befreie sich, wer kombinieren kann. Berner Zeitung, 20. August 2013, abgerufen am 14. Dezember 2014.
- «Adventure Rooms»: Mit Anketten zum Erfolg. Schweizer Radio und Fernsehen, 9. Oktober 2014, abgerufen am 11. Dezember 2014.
- Alle Escape Games und beliebte Escape Rooms in Switzerland auf der Webseite worldofescapes.ch. Masters of Entertainments, abgerufen am 24. Juni 2019.
- Feuerwehr überprüft tschechische „Escape Rooms“ radio.cz, 9. Jänner 2019, abgerufen 24. Juni 2019.
- Radio.cz: Fire Brigade: Most Prague ‘Escape Rooms’ Fall Short On Safety, Lack Permits. Abgerufen am 21. August 2019.
- Basement breakout: Budapest's escape games go global. CNN travel, 22. Mai 2014, abgerufen am 9. November 2015 (englisch).
- Escaping, Literally, in Budapest and Beyond. The New York Times, 2. Juli 2014, abgerufen am 14. Dezember 2014 (englisch).
- AbenteuerFreundschaft.de: Deckscape – Der Test – Ein Escape Game für Zuhause. Abgerufen am 1. November 2020.
- Buchmarkt.de: "Mega-Hype" um Escape-Room-Thriller "Gefangen im Schnee". 18. Dezember 2019, abgerufen am 1. Oktober 2020 (deutsch).