Ermanno Olmi
Ermanno Olmi (* 24. Juli 1931 in Treviglio, Bergamo; † 5. Mai 2018 in Asiago, Vicenza[1]) war ein italienischer Filmregisseur, Drehbuchautor und Kameramann.
Werke
Nach dem Zweiten Weltkrieg arbeitete Olmi als Angestellter im Elektrizitätswerk Edison-Volta in Mailand, wo er 1952 Beauftragter für die Freizeitaktivitäten wurde und etwa vierzig Dokumentarfilme über die Anlage und die Hobbys der Angestellten drehte. Mit den finanziellen Mitteln Edisons konnte er 1959 seinen ersten Spielfilm Als die Zeit stillstand drehen. 1961 folgte Il Posto: Ein junger Mann aus einer armen Familie kommt in die Großstadt (Mailand), um als Angestellter für eine große Firma zu arbeiten. 1963 führte Olmi Regie bei The Fiancés, in dem er ein verlobtes Paar begleitet, das durch den Job, den der Verlobte annehmen muss, für 18 Monate getrennt wird.
Obwohl Olmi selbst seine Arbeit als Antwort auf den italienischen Neorealismus begriff, passen seine Filme in dieses künstlerische Konzept. In den Filmen treten, wie in vielen Filmen des Neorealismus, Laiendarsteller an Originalschauplätzen auf. Sie sind in langen, langsamen Einstellungen gedreht und kommentieren die soziale Realität unterer Klassen, obschon sich die Neorealisten mit der Äußerung einer dezidierten politischen Meinung eher zurückhalten. Olmis Weigerung, seine Figuren zu karikieren oder herablassend zu behandeln, seine offensichtliche Zuneigung zu seinen Charakteren und ihrer Umwelt, machen es schwer, ihn einzuordnen.
Es kam ein Mensch: Auf den Spuren von Johannes XXIII von 1964 war sein erstes bewusst kommerzielles Werk. Ein gewisser Tag (1969) handelt von einem problembehafteten Mittelklassecharakter, mit I Recuperanti lieferte er 1970 eine Neuauflage von Als die Zeit stillstand. 1978 wurde Olmi auf den Filmfestspielen von Cannes für Der Holzschuhbaum mit der Goldenen Palme ausgezeichnet. 1979 wurde dem Film mit einem César für den besten ausländischen Film ein weiterer bedeutender Preis verliehen. Olmi erzählt in dem Film vom Leben auf einem Landgut in der Lombardei des 19. Jahrhunderts: Arme Familien leben in Abhängigkeit vom Gutsbesitzer. Obwohl es ein großes Opfer bedeutet, schicken sie eines ihrer Kinder zur Schule.
In den folgenden Jahren drehte Olmi nur wenige Filme. 1988 erhielt er für Die Legende vom heiligen Trinker nach der gleichnamigen Novelle von Joseph Roth auf den Filmfestspielen von Venedig den Goldenen Löwen. Olmi zeigt in diesem Meisterstück filmischer Erzählkunst einen alkoholkranken Stadtstreicher in Paris, dem ein Fremder 200 Francs leiht, mit der Auflage, das Geld, sobald er es sich leisten könne, einer Kapelle zu spenden. Der Film entstand nach dem Drehbuch von Tullio Kezich, mit dem Olmi bereits in den 1960er-Jahren wiederholt zusammengearbeitet hatte.
1996 wurde im deutschen Fernsehen Olmis 1993 produzierte Bibelverfilmung Die Bibel – Genesis ausgestrahlt. Seinem Stil treu verzichtete er auch hier zugunsten einfühlsamer Erzählstränge auf Spezialeffekte und Starbesetzung. Lediglich der Hauptdarsteller Omero Antonutti kommt aus einem modernen, westlichen Land, die anderen Schauspieler waren Einwohner des Drehortes in Marokko; Nomaden, die noch leben wie in biblischer Zeit.
Sein Film Der Medici-Krieger gewann 2002 in neun Kategorien den David di Donatello, unter anderem für die beste Regie, das beste Drehbuch und den besten Film.
Ermano Olmi war mit der Schauspielerin Loredana Detto verheiratet, die 1961 in seinem Drama Der Job die Hauptrolle spielte. Aus der Ehe ging Sohn Fabio Olmi hervor, der als Kameramann tätig ist und mit seinem Vater an dem 2001 entstandenen Abenteuerfilm Der Medici-Krieger zusammenarbeitete.
Filmografie (Auswahl)
B=Drehbuch, K=Kamera, R=Regie, P=Produktion, S=Schnitt
- 1959: Als die Zeit stillstand (Il tempo si è fermato) – (R, B)
- 1961: Der Job (Il posto) – (B, R)
- 1963: Die Verlobten (I fidanzati) – (R, B)
- 1963: Die Basilisken (I basilischi) – (P)
- 1965: Es kam ein Mensch: Auf den Spuren von Johannes XXIII. (E venne un uomo) – (B, R)
- 1968: Ein gewisser Tag (Un certo giorno) – (R, B)
- 1978: Der Holzschuhbaum (L'albero degli zoccoli) – (B, S, K, R)
- 1983: Und sie folgten einem Stern (Cammina Cammina) – (B, K, S, R)
- 1987: Lang lebe die Signora! (Lunga vita alla signora!) – (B, S, R)
- 1988: Die Legende vom heiligen Trinker (La leggenda del santo bevitore) – (R, B)
- 1994: Die Bibel – Genesis (Genesi – La creazione e il diluvio) – (R, B, K)
- 2001: Der Medici-Krieger (Il mestiere delle armi) – (R, B)
- 2003: Cantando dietro i paraventi – (R, B)
- 2007: Die Herzogin von Langeais (Ne touchez pas la hache) – (P)
- 2007: Hundert Nägel (Centochiodi) – (R, B)
- 2011: Il villaggio di cartone – (R, B)
- 2014: Torneranno i prati – (R, B)
Ehrungen und Auszeichnungen
- 2002: David di Donatello – Beste Regie und bestes Drehbuch für Der Medici-Krieger
- 2003: Antonio-Feltrinelli-Preis
- 2003: Montaigne-Preis
- 2008: Goldener Löwe für sein Lebenswerk bei den 65. Filmfestspielen von Venedig[2]
- Verdienstorden der Italienischen Republik (Großkreuz)
Weblinks
Einzelnachweise
- Maurizio Porro: È morto il regista Ermanno Olmi, aveva 86 anni. In: Corriere della Sera, 7. Mai 2018, abgerufen am 7. Mai 2018 (italienisch).
- Olmi wins lifetime award at Venice film festival. Associated Press, 5. September 2008, 08:42 PM GMT