Erlebniswohnung
Konzept
Mustafa Efe, gelernter Industriemechaniker und ehemaliger Betriebsrat bei Daimler,[1][2][3] begann 2010 in seiner Wohnung in Neukölln mit der Veranstaltung von Gangbang-Partys.[4] Männer zahlten einen Pauschalpreis von 100 Euro und konnten anschließend mit allen anwesenden Prostituierten Sex haben.[1][4]
An den Gangbangs, die über den ganzen Tag verteilt stattfanden, waren typischerweise jeweils eine Frau und bis zu 30 Männer beteiligt.[1][4][5] Es gab zwei Zimmer mit großen Betten, eine Sauna und ein Wohnzimmer mit Büfett.[1] Während des Aufenthalts trugen die Männer Badeschuhe und ein Handtuch um die Hüften.[1][4] Die Kundschaft reiste teils aus dem Ausland an,[4][6] ab und zu besuchten auch Paare oder Pornodarstellerinnen wie beispielsweise Vivian Schmitt die Erlebniswohnung.[7][8] Jeden Tag kamen bis zu 100 Kunden,[3] was Einnahmen in Höhe von 10.000 Euro entsprach. Der Tageslohn der Frauen betrug zwischen 50 und 100 Euro.[9]
2016 erfolgte der Umzug nach Mariendorf.[10] Mit Inkrafttreten des Prostituiertenschutzgesetzes 2017 wurde das Konzept angepasst. Eine allgemeine Kondompflicht wurde eingeführt, statt mit „Gangbang“ wurde nun nur noch mit „Sexparty“ geworben.[11][12] 2020 wurde die Erlebniswohnung dauerhaft geschlossen.
Prozesse
2011 gab es erste Hinweise auf minderjährige Prostituierte in der Erlebniswohnung. Es folgten zwei Razzien, wobei eine 17- und eine 15-Jährige angetroffen wurden. Nach Darstellung des Nachrichtenmagazins Focus wurden die Ermittlungen vom Landeskriminalamt Berlin verschleppt. 2018 wurde Efe wegen Förderung sexueller Handlungen mit Minderjährigen zu drei Jahren Gefängnis verurteilt. Efe ging in Berufung.[3][13]
2021 begann am Landgericht Berlin ein weiterer Prozess gegen Efe; die Anklage lautete auf Zuhälterei, Menschenhandel und sexuellen Missbrauch einer 16-Jährigen.[5][9] Efe legte ein Teilgeständnis ab[9] und wurde zu drei Jahren und zehn Monaten Gefängnis verurteilt.[14][15]
Auszeichnungen
- 2015: Venus Award als beste Sexparty[16]
Medienpräsenz
Die Erlebniswohnung war wiederholt Gegenstand überregionaler Berichterstattung. Die Tageszeitung taz widmete dem Bordell eine Reportage.[1] Die Schauspielerin Tina Ruland berichtete vor Ort für stern TV.[6] Auch in der Dokumentation „Bordell Deutschland“ des Fernsehsenders ZDFinfo wurde über die Erlebniswohnung berichtet.[17]
Einzelnachweise
- Heide Oestreich: „Mustafa, ich mach Schluss“. taz.de, 29. November 2014, abgerufen am 22. Februar 2021.
- Mitteilung der SAV zu Mustafa Efe. sozialismus.info, 19. April 2011, abgerufen am 22. Februar 2021.
- Ulf Morling: Prozess vor Berliner Landgericht: Bordellbetreiber soll jahrelang Minderjährige beschäftigt haben. rbb24.de, 10. März 2021, abgerufen am 11. März 2021.
- Martin Schwarzbeck: Der letzte Gangbang? zitty.de, 4. Juli 2017, abgerufen am 22. Februar 2021.
- Lennart Pfahler: Erst wenn fünf Freier im Raum waren, ließ Mustafa E. die Frauen hinein. welt.de, 10. März 2021, abgerufen am 10. März 2021.
- Knochenjob S*xarbeit – Tina Ruland: der "Manta, Manta"-Star blickt hinter die Kulissen. youtube.com, 10. August 2019, abgerufen am 22. Februar 2021.
- happyweekend.tv (Memento vom 10. Mai 2015 im Internet Archive)
- Erlebniswohnung Berlin. facebook.com, 4. August 2016, abgerufen am 24. Februar 2021.
- Bordell mit Flatrate-Prinzip – Angeklagter gesteht teilweise. morgenpost.de, 10. März 2021, abgerufen am 10. März 2021.
- erlebniswohnung.com (Memento vom 2. Mai 2016 im Internet Archive)
- erlebniswohnung.com (Memento vom 28. Juli 2017 im Internet Archive)
- Simone Schmollack und Heide Oestreich: Prostituiertenschutzgesetz ist in Kraft: Jetzt sprechen die Sexarbeiterinnen. taz.de, 5. Juli 2017, abgerufen am 24. Februar 2021.
- Alexander-Georg Rackow: Ermittlung interruptus. focus.de, 26. Juni 2018, abgerufen am 22. Februar 2021.
- Berliner Bordell-Betreiber zu knapp vier Jahren Haft verurteilt. rbb24.de, 24. März 2021, abgerufen am 26. März 2021.
- Karin Hendrich: Gewerkschafter betrieb Bordell mit Flatrate-Tarif und missbrauchte Minderjährige. bz-berlin.de, 24. März 2021, abgerufen am 26. März 2021.
- VENUS Award-Gewinner 2015 (Memento vom 18. November 2015 im Internet Archive)
- "Bordell Deutschland". Programmiertes Trauma. spiegel.de, 20. November 2017, abgerufen am 22. Februar 2021.