Erdal Eren
Erdal Eren (* 25. September 1964 oder 1963 in Şebinkarahisar, Giresun; † 13. Dezember 1980 in Ankara) war ein türkischer Schüler, der gehängt wurde. Sein Tod machte ihn zu einer Symbolfigur für die Zeit des Militärputsches von 1980.[1]
Leben
Eren kam aus einfachen Verhältnissen. Sein Vater war Lehrer und die Familie hatte fünf Kinder. Sein offizielles Geburtsdatum lautete 25. September 1961.[2] Eren besuchte eine Berufsfachschule in Ankara und war Mitglied der revolutionären Vereinigung Yurtsever Devrimci Gençlik Derneği. Eren nahm Anfang Februar 1980 in Ankara auf dem Höhepunkt der Auseinandersetzungen und politischen Morde am Vorabend des Militärputsches von 1980 an Protesten gegen den Tod eines Genossen durch die Hand des Personenschützers des Ministers Cengiz Gökçek teil. Es herrschte der Ausnahmezustand. Bei den Protesten kam es zu Schießereien mit den Sicherheitskräften. Eren floh in einen Garten und schoss auf herannahende Sicherheitskräfte. Der Soldat Zekeriya Önge wurde in den Rücken getroffen und starb. Eren wurde mit zwei Dutzend weiteren Personen am selben Tag festgenommen und vor Gericht gestellt. Nach vier Verhandlungstagen (am 13. und 20. Februar und am 5. und 17. März) wurde Eren anderthalb Monate später zum Tode verurteilt. Bei der Urteilsverkündung wurde Eren wegen seiner Zwischenrufe durch Soldaten der Jandarma verprügelt. Das Urteil wurde zweimal aufgehoben und zurückverwiesen. Nach letztinstanzlicher Bestätigung und Genehmigung durch den Nationalen Sicherheitsrat wurde Eren etwa zehn Monate nach der Tat durch den Strang hingerichtet. Savaş Ay besuchte ihn gemeinsam mit Emin Çölaşan in der Zelle und machte das letzte Foto von ihm, das Eren posthum eine gewisse Bekanntheit verlieh. Ay interviewte Eren, während Çölaşan kein Wort herausbrachte. Der Titel des Buches Çölaşans Önce İnsanım Sonra Gazeteci („Erst bin ich Mensch, dann Journalist“) erinnert an den Besuch in der Todeszelle. Denn direkt nach dem Besuch richtete er folgenden Satz an Ay: „Mein Sohn, vergiss nicht, erst sind wir Mensch, dann Journalist.“[3]
Der Richter der Revisionsinstanz, der das Todesurteil zweimal aufhob, wies 28 Jahre nach dem Urteil auf mehrere Ungereimtheiten bei der Urteilsfindung hin. So sei das Opfer in den Rücken getroffen worden, Eren habe aber von vorn geschossen. Es sei auch nicht forensisch geklärt worden, ob die Kugel überhaupt aus Erens Waffe stammte. Ferner habe auch der Beweis für Vorsatz gefehlt. Nach Angaben des damaligen Anwalts Erens passte der Autopsiebefund nicht zum mutmaßlichen Hergang. Zekeriya Önge sei aus nächster Nähe erschossen worden, obwohl die Entfernung zwischen Eren und ihm 12,5 m betragen habe. Die Schussbahn sei der Position Erens entgegengesetzt gewesen.[4] Putschist Kenan Evren kommentierte das Urteil mit dem danach bekannt gewordenen Ausspruch: „Sollen wir ihn etwa nicht hängen und dann durchfüttern?“[5] Das Schicksal Erdal Erens inspirierte zahlreiche Künstler. Sezen Aksu besang ihn in ihrem Lied Son Bakış und Ahmet Kaya widmete ihm das Lied Yaşamadın Sen. Auch in Liedern von Teoman Yakupoğlu, Mor ve Ötesi und Grup Yorum kommt Eren vor. In einer Folge der Serie Hatırla Sevgili wird Erens Hinrichtung inszeniert, ebenso in dem Film Zincirbozan. Der preisgekrönte Dokumentarfilm Oğlunuz Erdal schildert das Schicksal Erens.
Einzelnachweise
- Tageszeitung Radikal vom 12. September 2007 (Memento des Originals vom 14. Dezember 2014 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
- Saygı Öztürk: Evren, bu zalimliği yaptı mı? (Türkische) Sözcü. 12. Mai 2015. Abgerufen am 12. Mai 2015.
- 17 yaşında idam edilen Erdal Eren’in son fotoğrafı En Son Haber vom 15. Dezember 2007 (türkisch)
- Tageszeitung Vatan vom 12. September 2007
- Cumhuriyet vom 2. März 2015
Literatur
- Ertuğrul Mavioğlu: Apoletli Adalet - Bir 12 Eylül Hesaplaşması II. Istanbul 2006
Weblinks
- Erdal Eren 31 yıl önce bugün 17 yaşındayken idam edildi. Bericht der Milliyet, 13. Dezember 2011