Eminent 310
Die Eminent 310 ist eine analoge, (polyphonische) elektronische Orgel, die ihren Bekanntheitsgrad dem französischen Komponisten und Produzenten Jean-Michel Jarre verdankt, der mithilfe des Instruments insbesondere seine Alben Oxygène und Équinoxe, die bis heute zu seinen bekanntesten Werken zählen, umfangreich arrangierte. Zudem kam die Technologie des weltberühmten ARP Solina String Ensemble zum ersten Mal in der 310 zum Einsatz. Sie wurde von 1972 bis 1984 in den Niederlanden von der Eminent Orgelbouw B.V. in zwei verschiedenen Ausstattungsvarianten produziert.
Eminent 310 | |
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Allgemeines | |
Name | Eminent 310 |
Hersteller | Eminent Orgelbouw B.V. |
Abmessungen (HxBxT) | Unique-Ausstattung: 90 cm × 106 cm × 60 cm Theatre-Ausstattung: 100 cm × 108 cm × 63 cm |
Preis (1973) | Unique-Ausstattung: 4295,- ƒ Theatre-Ausstattung: 4995,- ƒ |
Klangsynthese | analog, subtraktiv |
Zeitraum | 1972–1983 |
Eigenschaften | |
Polyphon | voll polyphonisch |
Multitimbral | ja |
Oszillatoren | 1 |
Tasten | 42 Tasten im oberen Manual; 44 Tasten im unteren Manual; 13 Basspedale |
Effekte | Nachhall, Ensemble, verschiedene Modulationen |
Instrument
Allgemeines
Die Eminent 310 ist mit ihrem schweren, stattlichen Holzgehäuse und ihrem Aufbau ein typisches Beispiel für eine Heimorgel der 1970er-Jahre. Sie verfügt über drei Klaviaturen: Ein 42-tastiges oberes Manual (C-F), ein 44-tastiges unteres Manual (F-C) sowie 13 Basspedale. Zudem ist ein Schwellpedal vorhanden. Es stehen insgesamt 13 verschiedene Klänge zur Verfügung, welche in verschiedene Gesamtregister sortiert und teilweise in 1–3 Oktaven unterteilt sind (nach Fußhöhe realer Orgelpfeifen 16’, 8’ und 4’). Es handelt sich hierbei instrumententypisch um analoge Klangnachahmungen, die nur entfernt an ihr echtes Vorbild erinnern (insbesondere Solo- und Sustain-Gruppe). Außer dem String Ensemble werden alle Klänge mit typischen Kippschaltern ausgewählt, die farblich markiert sind und an der Stirnseite der Orgel angebracht sind. Um die Manuale herum sind horizontal alle anderen Kontrollparameter arrangiert, so auch das String Ensemble rechts oben. Der Netzschalter befindet sich oben links, eine grüne Glühlampe daneben lässt erkennen, ob das Instrument eingeschaltet ist.
Register und Stimmen
Die Register der Orgel sind in Gruppen unterteilt und jeweils an das entsprechende Manual gebunden. Folgende Stimmen stehen zur Verfügung:
- Oberes Manual: Solo-Gruppe (Oboe 8’, Waldhorn 8’ und Trompete 8’), Prinzipal-Gruppe (Diapason 16’, Prinzipal 8’, Salicional 8’, Oktave 4’ und Streicher 4’) und Tibia-Gruppe (Tibia 16’, 8’ und 4’)
- Unteres Manual: Prinzipal-Gruppe (Diapason 8’, Streicher 8’, Oktave 4’) und Tibia-Gruppe (Tibia 8’ und 4’)
- Oberes und unteres Manual: Sustain-Gruppe (Vibraharp 8’, Glock 8’, Organharp 8’, Celesta 8’, Streicher 8’)
- Pedal: Bass-Gruppe (Subbass 16’, Diapason 16’ Bourdon 8’, Gedeckt 8’)
Zudem verfügt jede Gruppe über einen Sustain-Kippschalter oder im Falle der Bass-Gruppe über einen Druckknopf oben links, der die Abklingzeit des Tons nach Loslassen der Spieltasten verlängert.
„Strings Ensemble“
Das Strings Ensemble ist der bekannteste Part der Orgel. Es handelt sich hierbei um eine revolutionäre Streicherklavier-Technik, die in abgespeckter Form im 1974 produzierten ARP Solina String Ensemble in den 1970er-Jahren Industriestandard wurde und bis heute als Preset auf modernen Keyboards zu finden ist. Das Kontrollfeld befindet sich oben rechts.
Durch mehrere gegeneinander leicht verstimmte Sägezahnwellen entsteht so der charakteristische, „schwebende“ Klang, der in der 8’- und 4’-Lage sowohl für das obere als auch das untere Manual aktivierbar ist. Außerdem gibt es auch hier einen Sustain-Effekt, der die Abklingdauer verlängert. Für das untere Manual kann auch die Lautstärke reguliert werden. Zusätzlich ist die Ensemble-Technik auch in leicht abgewandelter Form für die Prinzipal-, Solo- und Bass-Gruppe vorhanden.
Effekte und Modulation
Die Orgel verfügt über eine Reihe von Möglichkeiten zur Klangmodulation, die teilweise registergruppenspezifisch ausgewählt werden können und um die Manuale herum angeordnet sind. Folgende Effekte stehen zur Verfügung:
- Vibra und Vibrato: Durch einen Schieberegler unten rechts kann die Stärke des Vibrato eingestellt werden, wird die Vibra-Funktion per Knopfdruck zugeschaltet, setzt der Effekt erst nach 1–2 Sekunden zunehmend ein.
- Balance, Reverberation und Timbre: Balance passt die Lautstärke des unteren Manuals im Vergleich zum Oberen an, Reverberation fügt einen Nachhall hinzu und Timbre reguliert die Klangfarbe.
- Percussion: Diese Funktion erlaubt einen Perkussionseffekt, bei der der Ton unabhängig von der Klaviatur nach kurzer Zeit abklingt. Die Dauer ist zwischen etwa 1⁄4-Sekunde und drei Sekunden frei wählbar.
„Orbitone“
Das Orbitone ist eine Nachahmung des Leslie-Lautsprechers, welcher vollkommen elektronisch nachgebildet wurde. Dazu verfügt die Orgel neben den regulären monophonen Lautsprechern unter dem Spieltisch auch über ein Stereo-System, dass ab einem empfohlenen Abstand von 50 cm "dreidimensionalen" Sound bieten soll. Die ursprünglichen Drehgeschwindigkeiten Slow und Fast des Leslies werden hier respektiv als Chorus und Tremolo bezeichnet. Der Effekt kann registergruppenspezifisch zugeschaltet werden, er steht einzeln für die Solo-Gruppe und Prinzipal-Gruppe des oberen Manuals, die Prinzipal-Gruppe des unteren Manuals, alle Tibia-Gruppen und die Sustain-Gruppe zur Verfügung. Das Kontrollfeld befindet sich unten links.
Technik
Die Orgel verfügt über nur einen Hauptoszillator – die benötigten Frequenzen zur Klangproduktion werden per Subtraktionssynthese gebildet. Das Geheimnis zum Ensemble-Klang mit nur einem Oszillator liegt in der Verwendung der erst kürzlich aufgekommenen Eimerkettenspeicher, die funktionsbedingt hohe Frequenzen „verschlucken“, wodurch sich der Ensembleklang der Eminent von dem des Freeman String Symphonizer, des ersten funktionstüchtigen Streicherkeyboards mit Ensemble-Effekt, durch seinen wärmeren, organischeren Klang entscheidend abheben konnte.
Andere Modulationseffekte wie Orbitone und Vibrato wurden durch Verzögerungsleitungen erreicht.
Neben den zwei Lautsprechersystemen für Orbitone und regulären Klang, die auch über eigene Verstärkerschaltungen verfügten, konnten zudem alle Klänge per Dreikanal-Line-Anschluss auf der Rückseite (aufgeteilt in Strings Ensemble, Bass-Gruppe und Grundklänge) oder zusammengeführt als Stereo-Signal über Kopfhörer über die links unter dem Spieltisch angebrachte Buchse ausgegeben werden. Außerdem stand ein Input-Anschluss zur Verfügung, um z. B. ein Tonbandgerät oder ein anderes elektronisches Musikinstrument zu verstärken und über die eingebauten Lautsprecher auszugeben.
Sonstiges
Die Orgel wurde von Beginn an in drei Holztönen bzw. Farben angeboten: Weiß, dunkelbraun und hellbraun. Heutzutage sind fast ausschließlich nur noch die hellbraunen Varianten vorhanden, diese wurden neu auch ins Ausland nach Belgien, Skandinavien, Luxemburg und Kanada exportiert. Während die Holzgehäuse in einer umfunktionierten Möbelfabrik in Waddinxveen hergestellt wurden, erfolgte der Aufbau der Elektronik und die Endmontage im Hauptwerk im wenige Kilometer entfernten Bodegraven.
Zusätzlich zur regulären Orgelvariante Eminent 310 Unique (auch als Eminent 310U bekannt und fälschlicherweise oft als Bezeichnung für die gesamte Baureihe verwendet), die über einen offenen, modern angehauchten Spieltisch sowie mit Holzlamellen verkleidete Lautsprecher verfügte, wurde zudem die Theatre-Version angeboten. Diese wurde mit einem deutlich kunstvolleren, den Spieltisch traditionell umhüllenden Holzgehäuse und mit einem mit Leinen abgedeckten Lautsprecherkabinett ausgestattet. Sie verfügte zusätzlich zur Beleuchtung des Spieltisches über eine kleine Lampenleiste über den Registerschaltern, um dem Namen entsprechend auch in abgedunkelten Räumen verwendet werden zu können. Zudem wurde der Theatre-Version die Eminent-Rhythmusmaschine Ritmix zugefügt, die auf der Stirnseite der Orgel angebracht war und über acht typische Rhythmen wie Waltz und Cha-Cha verfügte. Wie bei frühen Rhythmusmaschinen üblich, konnten die Rhythmen nicht verändert, aber kombiniert werden. Schieberegler erlauben stufenloses Einstellen der Geschwindigkeit und Lautstärke – eine rote Lampe zeigt durch Blinken den Beginn eines neuen Taktes an.
Für die schwedische DAW-Software Reason existiert eine umfangreiche Emulation der Orgel namens Combo 310, die mit Originalsamples arbeitet und das Instrument angepasst auf die Bedienung mit nur einem Manual bzw. MIDI-Controller originalgetreu wiedergibt.
Weblinks
- Erläuterung des Unterschiedes der Orgelversionen (auf Englisch)
- Artikel über die Orgel (auf Englisch)
- Bildersammlung (auf Englisch)
- Fanseite (auf Englisch)
- Originale Anleitung der Orgel von eminent310.nl als PDF (auf Englisch)
- Originale Anleitung der Orgel von eminent310.nl als PDF (auf Niederländisch)