Emanuel Carlebach
Emanuel Shalom Menachem Carlebach (geboren am 18. Januar 1874 in Lübeck; gestorben am 3. Dezember 1927 in Köln) war ein deutscher Rabbiner und Pädagoge.
Leben
Emanuel Carlebach war das zweite von zwölf Kindern des Lübecker Rabbiners Salomon Carlebach (1845–1919) und dessen Frau Esther Carlebach, geborene Adler (1853–1920). Die Familie brachte mehrere bedeutende Rabbiner hervor. Emanuel Carlebach besuchte bis zum Abitur Ostern 1893 das Katharineum zu Lübeck[1] und studierte dann Philosophie an den Universitäten Berlin und Würzburg. Er besuchte zeitgleich das Rabbinerseminar zu Berlin von Hirsch Hildesheimer. In Würzburg wurde er 1896 mit einer Dissertation über Guyau zum Dr. phil. promoviert. Anschließend besuchte er bis 1898 das orthodoxe Rabbiner-Seminar in Frankfurt am Main, wo er von Salomon Breuer zum Rabbiner ordiniert wurde.
1898 wählte ihn die jüdische Gemeinde von Memel zu ihrem Kreis-Rabbiner. Carlebach gewann so seinen ersten Kontakt zum Judentum in Osteuropa und gründete eine erste Religionsschule, die er selbst leitete. Im Sommer 1904 erhielt er die Berufung nach Köln.[2] Emanuel Carlebach wurde Rabbiner der Adass-Jeschurun-Synagoge und Direktor des jüdischen Lehrerseminars in Köln. Ein Orgelkonflikt führte 1906 in Köln zur Trennung eines Teils jüdischer Orthodoxer unter Führung Carlebachs von der bis dahin einheitlichen Synagogen-Gemeinde Köln.
Im Ersten Weltkrieg war Carlebach, gemeinsam mit Pinchas Kohn, ab 1916 als Berater der deutschen Militärverwaltung in Warschau in Sachen der Verwaltung jüdischer Schulen tätig, zuletzt 1918 in der Uniform eines Feldrabbiners des deutschen Heeres. Zu seinen Aufgaben gehörte es, jüdische Gemeindeführer davon zu überzeugen, dass die enorme Fleckfiebergefahr des Ersten Weltkrieges andere Hygienemaßnahmen erfordere, als dies bis zu diesem Zeitpunkt üblich war. Dies sei kein Angriff auf die innere Spiritualität des Judentums.[3] In Polen gehörte Carlebach 1916 zu den Gründern der orthodoxen Bewegung Agudath Israel. Auch sein Bruder Joseph Carlebach und beider Schwager Leopold Rosenak wirkten als deutsche Feldrabbiner beim Stabe Ludendorffs im deutsch besetzten Polen und Litauen in der Reform jüdischer Bildung und Publizistik, um Einheimische für die Besatzungsmacht zu gewinnen.
Nach dem Krieg nahm er den Dienst in der Gemeinde und im jüdischen Schulwesen Kölns wieder auf. Es kam 1919 aufgrund seiner Initiative zur Gründung eines privaten jüdischen Realgymnasiums in Köln. Aus diesem ging 1921 das jüdische Gymnasium Jawne hervor, bei dem er nach dem Tod des ersten Direktors zusätzlich zu seinen beiden anderen Funktionen auch die Schulleitung übernahm. 1924 erkrankte er schwer und starb 1927 an einem Herzinfarkt.
Schriften
- Guyaus metaphysische Anschauungen, 1896 (Dissertation)
Familie
Emanuel Carlebach war seit 1898 verheiratet mit Minna Joel (1873–1948). Die beiden hatten vier Söhne. Der älteste Sohn David Carlebach (1899–1952) wurde ebenfalls Rabbiner in Köln und Nachfolger in der Gemeinde seines Vaters von 1929 bis zur Emigration 1937. Emanuel Carlebach wurde zunächst auf dem Jüdischen Friedhof in Köln-Deckstein bestattet und 1948 nach Palästina umgebettet.
Literatur
- Hans Hengsbach: Emanuel Carlebach. In: Biographisches Lexikon für Schleswig-Holstein und Lübeck Band 12, Neumünster 2006, S. 62–65
- Michael Brocke, Julius Carlebach: Die Rabbiner im Deutschen Reich 1871–1945, Walter de Gruyter, 2009, S. 112–113 Nr. 2067
- Esriel Hildesheimer, Mordechai Eliav: Das Berliner Rabbinerseminar 1873-1938, Berlin 2008, ISBN 9783938485460, S. 88
- Carlebach, Emanuel. In: Lexikon deutsch-jüdischer Autoren. Band 4: Brech–Carle. Hrsg. vom Archiv Bibliographia Judaica. Saur, München 1996, ISBN 3-598-22684-5, S. 430–431.
- Horst Matzerath, Elfi Pracht, Barbara Becker-Jákli (Hrsg.): Jüdisches Schicksal in Köln 1918-1945 – Katalog zur Ausstellung des Historischen Archivs der Stadt Kön/NS-Dokumentatinszentrum (8. November 1988 bis 22. Januar 1989, im Kölnischen Stadtmuseum/Alte Wache), Stadt Köln 1988, Seite 31
Einzelnachweise
- Hermann Genzken: Die Abiturienten des Katharineums zu Lübeck (Gymnasium und Realgymnasium) von Ostern 1807 bis 1907. Borchers, Lübeck 1907. (Beilage zum Schulprogramm 1907) Digitalisat Nr. 988
- Joseph Walk (Hrsg.): Kurzbiographien zur Geschichte der Juden 1918–1945. Saur, München 1988, ISBN 3-598-10477-4, S. 53.
- Wolfgang U. Eckart: Medizin und Krieg. Deutschland 1914-1924, Ferdinand Schöningh Verlag Paderborn 2014, S. 185, ISBN 978-3-506-75677-0. Hier auch Ausführungen zum antisemitischen Charakter dieser Zwangshygienisierung im Winter 1917/1918.