Elwira Sachipsadowna Nabiullina
Elwira Sachipsadowna Nabiullina (russisch Эльвира Сахипзадовна Набиуллина, tatarisch Эльвира Сәхипзадә кызы Нәбиуллина; * 29. Oktober 1963 in Ufa) ist eine russische Volkswirtin und Politikerin tatarischer Herkunft. Vom 24. September 2007 bis zum 12. Mai 2012 war sie russische Ministerin für wirtschaftliche Entwicklung. Seit Juni 2013 leitet sie die Zentralbank Russlands.
Biographie
Elwira Nabiullina stammt aus einer tatarischen Familie, ihr Vater Sachipsada Saitsadajewitsch Nabiullin war Berufskraftfahrer, ihre Mutter Arbeiterin. Sie schloss die Schule Nr. 31 in Ufa mit Auszeichnung ab.[1]
Anschließend studierte Nabiullina bis 1986 Wirtschaftswissenschaften an der Moskauer Lomonossow-Universität und begann daraufhin ein Promotionsstudium, das sie 1990 abschloss. Ab 1991 arbeitete sie beim Wissenschaftlich-industriellen Verband der UdSSR, dem Vorläufer des russischen Unternehmerverbandes RSPP,[2] bis 1992 als wissenschaftliche Leiterin der Abteilung für Wirtschaftsreformen und bis 1994 in derselben Position der Abteilung für Wirtschaftspolitik. 1994 wechselte sie ins Wirtschaftsministerium, wo sie zunächst Vize, dann Leiterin der Abteilung für Reformen war. Nach Informationen der Tageszeitung Kommersant ging ihre Berufung auf den liberalen Ökonomen und damaligen Wirtschaftsminister Jewgeni Jassin zurück,[3] mit dem sie bereits im russischen Unternehmerverband zusammengearbeitet hatte. Jassin beschrieb sie als eine „hochqualifizierte, gebildete Person“, die auch hartnäckig sein könne.[4]
Von 1997 bis 1998 war sie stellvertretende Wirtschaftsministerin und unter anderem Mitglied der Kommission für Wirtschaftsreformen. Nach der Ernennung Jewgeni Primakows zum Ministerpräsidenten wechselte sie vom Wirtschaftsministerium in die Führung der Promtorgbank. Ende 1999 wurde sie Vizepräsidentin des Zentrums für strategische Entwicklungen (russisch Центр стратегических разработок), dessen Leitung im Dezember 1999 der spätere Wirtschaftsminister Herman Gref übernahm. Im Jahr 2000, nach der Wahl Putins zum Präsidenten der Russischen Föderation, wurde Gref Minister für wirtschaftliche Entwicklung, und mit ihm wechselte auch Nabiullina wieder ins Ministerium, wo sie dessen Stellvertreter wurde. 2003 verließ sie das Wirtschaftsministerium und wurde Präsidentin des Zentrums für strategische Entwicklungen. Ab September 2005 arbeitete sie im Apparat des Staatspräsidenten Putin, in dem sie einem Expertenrat vorstand, der sich mit der Umsetzung der sogenannten Nationalen Projekte sowie mit Demographie-Politik befasste.
Im September 2007, nach der Ernennung Wiktor Subkows zum neuen Ministerpräsidenten, übernahm sie die Leitung des Ministeriums für wirtschaftliche Entwicklung und Handel und löste auf diesem Posten ihren ehemaligen Vorgesetzten Herman Gref ab. Seit Mai 2012 war sie eine von fünf persönlichen Beratern des Staatspräsidenten.
Im März 2013 nominierte Staatspräsident Putin Nabiullina für den Vorsitz der Zentralbank Russlands;[5] im Juni 2013 übernahm sie dieses Amt.[6] Nabiullina wird von Beobachtern als wirtschaftsliberal eingeschätzt.[7]
Im Dezember 2014 geriet Nabiullina wegen ihres Umgangs mit dem Kursverfall des Rubels in Kritik. Dessen Wechselkurs bzw. Außenwert war von Jahresbeginn 2014 bis dahin um über die Hälfte gesunken. Putins Verhalten im Ukrainekrieg irritierte Anleger, Investoren, viele westliche Politiker und offenbar auch zahlreiche Russen, die ihre Rubel verkauften und in andere Währungen konvertierten oder in Sachwerte flüchteten. Inwieweit die 2014 verhängten Sanktionen der Europäischen Union und der USA zum Verfall des Rubel oder zur Kapitalflucht beitrugen, ist nicht bekannt. Der starke Einbruch des Ölpreises reduzierte die Staatseinnahmen wesentlich. Trotz eines Zuschusses von 30 Milliarden Dollar aus den Fremdwährungsreserven zur Stützung des Rubelkurses[8] wurde Ende November 2014 die Wechselkursbindung des Rubel an Euro und Dollar nicht aufgehoben.[9] Gleichzeitig wurde der Leitzins erhöht, zunächst auf 10,5 Prozent, dann Mitte Dezember 2014 auf 17 Prozent.[10]
Privates
Nabiullina ist mit dem Wirtschaftswissenschaftler Jaroslaw Kusminow verheiratet. Aus der Ehe ging Sohn Wassili (* 1988) hervor, der Soziologie und Wirtschaftswissenschaften, darunter auch an der University of Manchester, studierte und seit 2010 in Moskau an der Höchsten Schule der Ökonomie als wissenschaftlicher Mitarbeiter tätig ist.
Siehe auch
Weblinks
- Elvira Nabiullina. Die neue Wirtschaftsministerin. Kurzbiographie. In: Russlandanalysen. Nr. 142, 28. September 2007, S. 7 (PDF; 330 kB).
- «Набиуллина не годится на роль бульдозера». Interview mit Jewgeni Jassin. In: Wsgljad (Zeitung), 25. September 2007 (russisch).
- Putin sosdajot tenewoje prawitel’stwo. In: Kommersant, 9. Juni 2003 (russisch).
- Набиуллина, Эльвира. Biographie. In: Lenta.ru (russisch).
- Jens Hartmann: Russlands Weg in den Staatskapitalismus. In: Die Welt, 26. September 2007.
Fußnoten
- Президентская «дамка». In: FLB.ru, 2. Oktober 2007 (russisch).
- Nesawissimaja Gaseta, 9. Februar 2007 (russisch).
- Kommersant, 9. Juni 2003 (russisch, siehe Weblinks).
- Interview in: Wsgljad, 25. September 2007.
- Elwira Nabiullina wird Chefin von Russlands Zentralbank. In: Stimme Russlands, 13. März 2013.
- Wie unabhängig ist Putins neue Zentralbankchefin? In: Die Welt, 24. Juni 2013.
- Russlands Rubel-Krise: Kein Grund zur Schadenfreude. In: Spiegel Online, 17. Dezember 2014.
- Russia puts losses from sanctions, cheaper oil at up to $140b a year. In: Jordan Times, 24. November 2014 (englisch).
- K. Rapoza: Will Ruble Crisis Lead To Currency Controls In Russia? In: Forbes, 16. Dezember 2014 (englisch).
- Marcus Gatzke, Marlies Uken: Wie zu Breschnews Zeiten. In: Die Zeit, 16. Dezember 2014; Lidia Kelly, Elena Fabrichnaya, Alexander Winning: Russia’s ‘difficult’ rate hike approved by Putin. In: Reuters, 16. Dezember 2014 (englisch).