Eleuther
Eleuther (altgriechisch Ἐλευθήρ Eleuthḗr, deutsch ‚Befreier‘) war in der griechischen Mythologie König der Stadt Eleutherai, als deren Namensgeber er ebenso wie für den nahegelegenen Berg Eleuther galt.
Leben
Eleuther war ein Sohn des Apollon und der Aithusa,[1] Enkel des Poseidon und Urenkel des Aiolos. Da er über seine Großmutter Alkyone und seine Urgroßmutter Enarete von dem nichtgöttlichen Deimachos abstammte, war er ein Halbgott und galt als Heros.[2]
Über Eleuthers Leben ist nur wenig bekannt. Er soll die Stadt Eleutherai gegründet, den Kult des Dionysos Melanaigis bzw. Eleuthereus eingeführt und als Sänger bei den Pythischen Spielen einen Siegespreis errungen haben. Falls Eleuther eine historische Persönlichkeit ist, müsste er nach 586 vor Christus, dem Jahr der Einführung der Pythischen Spiele, gelebt haben (siehe Pythische Spiele).
Eleuther war Vater des Iasios. Dessen Sohn Chairesilaos war Vater von Poimandros, dem Gründer von Tanagra.[3] Er hatte auch Töchter, deren Anzahl und Namen aber nicht überliefert sind.
Mythen
Stadtgründer, König und Namensgeber
Eleuther soll die nach ihm benannte Stadt Eleutherai, die in der Antike an der Grenze zwischen Attika und Böotien lag, gegründet haben[4] und auch König der Stadt gewesen sein. Eleuther war auch der Name eines Bergs in der Gegend von Eleutherai.[5]
Dionysos Melanaigis
Als Dionysos Eleuthers Töchtern in einem schwarzen Ziegenfell erscheint, verspotten sie ihn wegen seiner Kleidung. Daraufhin schlägt er sie mit Wahnsinn. Um seine Töchter zu erlösen, begründet Eleuther auf den Rat des Orakels den Kult des Dionysos Melanaigis (Dionysos mit dem schwarzen Fell).[6]
Dionysos Eleuthereus
Zur Verehrung des Dionysos Melanaigis ließ er die berühmte Holzstatue herstellen, die später nach Athen verbracht wurde und dort nach ihrer Herkunft aus Eleutherai als Dionysos Eleuthereus bezeichnet wurde. In Eleutherai verblieb jedoch eine Kopie der Statue.[7] Nach anderer Auffassung kann der Beiname Eleuthereus auch in der Bedeutung „Befreier vom Wahnsinn“ verstanden werden, weil Dionysos die Töchter des Eleuther vom Wahnsinn befreite,[8] oder in der Bedeutung „Sorgenlöser“, weil er durch die betäubende Wirkung des Weins den Menschen von Kummer, Leid und Sorgen befreite.[9]
Pythische Spiele
Eleuther soll einst bei den Pythischen Spielen in Delphi einen Preis errungen haben, „weil er stark und angenehm gesungen: ob er gleich den Gesang nicht selbst aufgesetzet hatte“.[10]
Ikonographie
Es sind keine künstlerischen Darstellungen von Eleuther bekannt.[11]
Literatur
- August Schultz: Eleuther 1. In: Wilhelm Heinrich Roscher (Hrsg.): Ausführliches Lexikon der griechischen und römischen Mythologie. Band 1,1, Leipzig 1886, Sp. 1240 f. (Digitalisat).
- Otto Jessen: Eleuthereus. In: Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft (RE). Band V,2, Stuttgart 1905, Sp. 2345 f.
Anmerkungen
- Bibliotheke des Apollodor 3,10,1; Pausanias 9,20,2
- Cesare Cassanmagnago (Übersetzung): Esiodo : Tutte le opere e i frammenti : con la prima traduzione degli scolii. Mailand 2009, ISBN 978-88-452-6319-4, S. 480–481, Scholion 54.
- Pausanias 9,20,1
- Stephanos von Byzanz, Stichwort Ἐλευθέραι, dort heißt es: Eleutherai nach Eleuther, dem Sohn Apollos.
- Thomas Gaisford: Poetae minores graeci. Band 2, Leipzig 1823, Seite 467–468, Nr. 54 (Google Books; in altgriechischer Sprache); Cesare Cassanmagnago (Übersetzung): Esiodo. Tutte le opere e i frammenti con la prima traduzione degli scolii. Bompiani, Mailand 2009, ISBN 978-88-452-6319-4, S. 480–481, Scholion Nr. 54. – Im Scholion heißt es unter anderem: „Eleuther ist der Name einer Stadt in Böotien, nach dem gleichnamigen König dieser Stadt, ein Sohn von Apollon und Aithusa, einer Tochter Poseidons. Es gibt auch einen Berg, wie es heißt, der den Namen des Heros trägt.“
- Suda, Stichwort Μέλαν. Abgedruckt bei Karl Kerényi: Dionysos: Urbild des unzerstörbaren Lebens. Stuttgart 1994, S. 266, Fußnote 10; Hyginus, Fabulae 225
- Hyginus, Fabulae 225; Pausanias 1,38,8, in der Übersetzung von Johann Eustachius Goldhagen: Des Pausanias ausführliche Reisebeschreibung von Griechenland. Band 2, Berlin 1766, S. 164, dort wird die Statue als das „alte Schnitzbild“ bezeichnet; Karl Kerényi: Dionysos: Urbild des unzerstörbaren Lebens. Stuttgart 1994, S. 108–116, vertritt die Meinung, dass es sich bei der Holzstatue um einen sitzenden Dionysos handelte, der in der Schiffskarrenprozession während der Großen Dionysien umhergefahren wurde.
- Friedrich Adolf Voigt: Dionysos. In: Wilhelm Heinrich Roscher (Hrsg.): Ausführliches Lexikon der griechischen und römischen Mythologie. Band 1,1, Leipzig 1886, Sp. 1070 (Digitalisat)..
- Heinrich August Pierer: Universal-Lexikon der Gegenwart und Vergangenheit. Band 2, 4. Auflage. Altenburg 1857, Seite 227 (Online).
- Pausanias 10,7,3. Übersetzung: Johann Eustachius Goldhagen: Des Pausanias ausführliche Reisebeschreibung von Griechenland. Band 2, Berlin 1766, Seite 506 (Google Books).
- Laut dem Artikelindex der ikonographischen Datenbank iconiclime der Fondation pour le Lexicon Iconographicum Mythologiae Classicae (LIMC) Archivlink (Memento des Originals vom 13. Dezember 2013 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. .