Eisenbahnunfall von Dresden-Neustadt
Der Eisenbahnunfall von Dresden-Neustadt vom 22. September 1918 war ein Auffahrunfall zweier Schnellzüge im Vorfeld des Bahnhofs Dresden-Neustadt. Mindestens 18 Menschen[Anm. 1] starben.
Ausgangslage
Die Strecke vor der Einfahrt in den Bahnhof Dresden-Neustadt war durch einen Streckenblock gesichert, die Sicht an diesem Abend gut.
Der P 1513 war auf der Bahnstrecke Borsdorf–Coswig von Leipzig über Döbeln nach Dresden unterwegs gewesen und befand sich unmittelbar vor der Einfahrt in den Bahnhof Dresden-Neustadt. Ihm folgte der D 196 von Berlin nach Dresden. Diesem wiederum folgte im Blockabstand der D 13 Leipzig–Dresden. Wegen des geringen zeitlichen Abstands zwischen den beiden Schnellzügen musste der D 13 in Radebeul und Trachau abbremsen, weil die Vorsignale „Halt erwarten“ zeigten, denn der vorausfahrende Zug blockierte den entsprechenden Blockabschnitt noch.[1]
Unfallhergang
Gegen 21:28 Uhr blieb der P 1513 wegen eines Lokschadens vor dem Einfahrsignal des Bahnhofs Dresden-Neustadt liegen. Aufgrund des Streckenblocks zeigte das Signal mit der Bezeichnung „Posten 30“, das die Einfahrt in den von dem Personenzug belegten Blockabschnitt sicherte, „Halt“ für den folgenden Zug. Der D 196 musste nun vor diesem „Halt“ zeigenden Signal warten.[2]
Der Lokomotivführer des D 13 deutete aufgrund einer Farbenblindheit, die nicht bekannt war und sich erst bei den nachfolgenden Ermittlungen herausstellte, das in Pieschen „Halt“ zeigende Signal unzutreffend und glaubte, es zeige „Fahrt frei“: Er verwechselte rotes und grünes Licht und fuhr so in den von dem D 196 belegten Streckenabschnitt hinein. Vor dem Vorsignal des Postens 30, das den folgenden Blockabschnitt sicherte und „Halt erwarten“ zeigte, bremste er, leitete aber erst 40 m vor dem Aufprall auf den D 196 eine Schnellbremsung ein. Der Aufprall auf den stehenden D 196 war damit aber nicht mehr zu verhindern.[3]
Folgen
Mindestens 18 Menschen starben, weitere 118 wurden verletzt.[Anm. 2] Die Lokomotive des D 13 wurde durch den Aufprall nur leicht beschädigt, der D 196 dabei aber um 10 m nach vorne geschoben. Dessen letzte zwei Wagen verkeilten sich ineinander und wurden zusammen mit den beiden vorauslaufenden Wagen größtenteils zertrümmert. Diese Wagen gerieten zudem in Brand.[4][5]
In dem anschließenden Strafverfahren wurde der Lokomotivführer aufgrund seiner Farbenblindheit wegen des Überfahrens des „Halt“ zeigenden Signals nicht zur Rechenschaft gezogen. Da er jedoch das Schlusssignal des D 196 hätte erkennen müssen – ein Schlusssignal ist immer rot, hier scheidet also eine Verwechslung mit einem grünen Licht aus –, er aber trotzdem zu spät gebremst hatte, wurde er wegen fahrlässiger Transportgefährdung zu 8 Monaten Gefängnis verurteilt. Der Heizer der Lokomotive erhielt die gleiche Strafe.[6]
Literatur
- Kurt Kaiß u. Matthias Hengst: Dresdens Eisenbahn 1894–1994. Düsseldorf, 1994, ISBN 3-87094-350-5
- Bernhard Püschel: Historische Eisenbahn-Katastrophen. Eine Unfallchronik von 1840 bis 1926. Freiburg 1977. ISBN 3-88255-838-5
- Ludwig von Stockert: Eisenbahnunfälle (Neue Folge) – Ein weiterer Beitrag zur Eisenbahnbetriebslehre. Berlin 1920, Nr. 100.
Weblinks
- Urteil des Reichsgerichts vom 17. Juni 1920 – VI 192/20 – in einem Schadensersatzprozess der Witwe eines der Todesopfer (veröffentlicht in: RGZ 99, 274).
Anmerkungen
- Die Dresdner Regionalausgabe der „Bild“-Zeitung nennt die höchste Zahl von Toten, 43, an anderer Stelle werden auch andere Zahlen genannt.
- Stockert gibt 33 Tote, 35 schwer und mehr als 29 leicht Verletzte an.
Einzelnachweise
- Kaiß / Hengst; Stockert: Eisenbahnunfälle (N.F.).
- Kaiß / Hengst; Stockert: Eisenbahnunfälle (N.F.).
- Kaiß / Hengst; Stockert: Eisenbahnunfälle (N.F.).
- Stockert: Eisenbahnunfälle (N.F.).
- Foto von der Unfallstelle bei Püschel, S. 117. Dort sind an den verunfallten Fahrzeugen keine Brandspuren zu erkennen.
- Kaiß / Hengst.