Dynamischer Lautsprecher
Ein dynamischer Lautsprecher arbeitet nach dem elektrodynamischen Prinzip und ist die weitestverbreitete Lautsprecherart. Dieser Schallwandler wird auch als elektrodynamischer-Lautsprecher bezeichnet, wobei damit auf das physikalische Antriebsprinzip der Elektrodynamik angespielt wird und nicht die Bauform gemeint ist. Alle dynamischen Lautsprecher werden elektrodynamisch angetrieben und lassen sich auf Grund ihrer Bauart weiter unterteilen.
Einteilung dynamischer Lautsprecher
- Tauchspulenlautsprecher, dazu gehören:
- Konuslautsprecher
- Kalottenlautsprecher
- Druckkammerlautsprecher
- Flachmembranlautsprecher
- Magnetostatische Lautsprecher
- Elektrostatische Lautsprecher
Bauarten von Konuslautsprechern
Konuslautsprecher gibt es in zwei Bauarten, beide arbeiten nach dem elektrodynamischen-Prinzip.
Elektrodynamischer Konuslautsprecher
Diese Bauart hat eine fremd erregte Magnetfeldspule, die sich in einem Eisenkern befindet und das benötigte konstante Magnetfeld elektrisch erzeugt. Diese Lautsprecher werden unter anderem in alten Röhrenradios verwendet.
Permanentdynamischer Konuslautsprecher
Bei dieser Bauform wird keine Magnetfeldspule benötigt, die Magnetfeldspule wurde durch einen starken Permanentmagneten ersetzt. Da es ab etwa 1950 technisch möglich war preisgünstig kräftige Permanentmagnete serienmäßig zu produzieren, wurde das benötigte konstante Magnetfeld durch den Permanentmagneten zur Verfügung gestellt. Die ersten Konuslautsprecher dieser Bauart wurden schon 1938 vorgestellt.
Das elektrodynamische Prinzip
Wird ein Strom durchflossener Leiter (Draht) in einem Magnetfeld gehalten, führt dies zu einer mechanischen Bewegung des Leiters. Der Strom durchflossene Leiter bewegt sich abhängig von der Richtung des Stromes in einem Magnetfeld und übt dabei eine Kraft aus, diese Kraft nennt sich Lorentzkraft.
Funktion
Bei Tauchspulenlautsprechern wird die Membran, an deren Ende sich eine Spule befindet, die sich wiederum im magnetischen Gleichfeld eines Permanentmagneten befindet, durch die Lorentzkraft zum Schwingen veranlasst. Spule und Membran können sich im Magnetfeld vorzugsweise in der Richtung senkrecht zum Feldverlauf hin- und herbewegen.
Da elektrodynamische arbeitende Lautsprecher als Kraftquelle die Lorentzkraft nutzen, bedarf es dazu eines möglichst konstanten Statorfeldes (starkes Magnetfeld), das meistens durch einen Permanentmagneten gebildet wird.
Aufbau eines Tauchspulenlautsprechers
Ein Lautsprecher besteht aus einem Lautsprecherkorb, einer Membrane, einer Sicke, einer Zentrierspinne, einer Schwingspule und einem Permanent-Magneten.
Als Magnetmaterial werden Ferrite, Aluminium-Nickel-Kobalt (Alnico) oder Neodym-Eisen-Bor (NdFeB) eingesetzt. „Neodym“-Magnete zeichnet sich durch eine extrem hohe Feldstärke bei kleinen Abmessungen aus, allerdings beträgt die Curie-Temperatur nur 200 °C. Bei dieser Temperatur wird der Magnet entmagnetisiert und der Lautsprecher unbrauchbar. Schon 100 °C verringern das Magnetfeld von Neodym dauerhaft. Daher ist Neodym nur begrenzt und nur mit spezieller Kühlung für hochwertige Lautsprecher einsetzbar.
Die Schwingspule befindet sich auf einem Träger, der wiederum an der Membran (englisch cone) befestigt ist. Die Membran besteht aus einem äußeren und inneren Bereichen, der innere Bereich wird häufig als Abdeckkappe oder Staubkappe (englisch dust cap) bezeichnet. Eine Zentrierspinne (englisch spider) und die Sicke (englisch surround) sind für die Rückführung der Membran in die Ruhelage sowie für die Zentrierung der Schwingspule verantwortlich. Die Sicke verhindert weiterhin einen direkten Luftaustausch zwischen Vorder- und Rückseite der Membran. Sicken wurden zeitweise aus nicht alterungsbeständigem Kunststoff hergestellt und können nach einigen Jahren zerfallen. In frühen Lautsprechern wurde in der Konusmitte ein flaches, gestanztes Kartonblättchen eingeklebt, das zentral vor dem Magneten angeschraubt war und das wegen der gewickelten Arme Zentrier-Spinne genannt wurde.
Elektrische Belastbarkeit
Ein Lautsprecher kann thermisch überlastet werden. Wegen des geringen Wirkungsgrades von nur etwa 1 % wird die meiste Energie in Wärme umgewandelt. Dadurch kann die Antriebsspule thermisch zerstört werden.
Eine Verbesserung der Kühlung durch Vergrößerung des Luftspalts verringert den Wirkungsgrad, weil das Magnetfeld schwächer wird, und erfordert mehr Leistung, die noch mehr Temperaturanstieg verursacht – man dreht sich im Kreis. Ein Weg ist die Anbringung der Schwingspule auf einer Aluminiumhülse; sie wird u. a. bei Breitbandlautsprechern angewendet. Die dadurch verringerte Spuleninduktivität linearisiert den Frequenzgang, jedoch wird die bewegte Masse vergrößert, was den Wirkungsgrad reduziert. Eine weitere, sehr effiziente Möglichkeit zur Abführung der Verlustwärme ist die Füllung des Luftspaltes mit einer ferromagnetischen Flüssigkeit (Ferrofluid) – damit werden drei Effekte erzielt:
- Wärmeableitung durch erhöhte Wärmeleitfähigkeit
- Dämpfung
- Der Luftspalt kann verringert werden
Dies ist aber nur möglich, wenn die Auslenkung weit unter einem Millimeter liegt, kommt also nur für Hochtöner in Betracht.
Bei dynamischen Lautsprechern können bei längerem Betrieb Temperaturen von etwa 200 °C entstehen. Eine Überlastung führt im Extremfall zu einem „Durchbrennen“ der Schwingspule, wobei meistens erst die Isolierung verglüht und zu einem Kurzschluss führt und/oder der Schwingspulendraht schmilzt. Es kommt allerdings meistens zuerst zu einem Erweichen des Klebstoffes und damit zur Lockerung des Spulendrahtes auf dem Spulenträger, wodurch der Treiber unbrauchbar wird.
Eine oft übersehene Rolle spielt die Widerstandsvergrößerung des Drahtes durch die erhöhte Temperatur. Wegen der Temperaturabhängigkeit des elektrischen Widerstandes wächst der Widerstand einer Schwingspule von z. B. 8 Ω bei 20 °C auf das 1,7fache bei 200 °C und hat dann 13,6 Ω. Bei unveränderter Ausgangsspannung des Verstärkers sinkt die aufgenommene Leistung auf 59 %, der Lautsprecher wird leiser. Zum Ausgleich wird der Verstärker lauter gestellt, und die Temperatur steigt so noch weiter.
Die Angabe einer Sinusleistung (Leistung bei einer festgelegten Frequenz), wie sie z. B. bei Verstärkern üblich ist, ist für die Ermittlung der thermischen Belastbarkeit bei Lautsprechern nicht angebracht, da unter Umständen auch bei geringer Temperatur durch zu große Auslenkungen die mechanische Zerstörung einsetzt. Außerdem sind übliche Musiksignale im zeitlichen Mittel eher einem um 3 dB/Oktave abfallenden Frequenzgemisch ähnlich; siehe 1/f-Rauschen (rosa Rauschen). Dabei muss man beachten: die zulässige thermische Leistung wird mit einem rosa Rauschen, begrenzt auf den angegebenen Frequenzbereich, gemessen und als Mittelwert PRMS angegeben. Das bedeutet: Ein Hochtöner für den Frequenzbereich 8 kHz bis 16 kHz bekommt von der Maximalrauschleistung durch die Filterung nur ein Hundertstel ab.
Mechanische Belastbarkeit
Die Membran kann durch zu große Auslenkungen mechanisch geschädigt werden. Dies tritt vor allem bei den tiefsten zulässigen Frequenzen auf. Dafür kann auch ein Sinussignal relevant sein. Bei Hoch- und Mitteltönern kann man zu große Auslenkungen meist am drastischen Ansteigen des Klirrens feststellen, für Tieftöner kann man das Erreichen der maximal zulässigen Auslenkung leicht messen. Leider werden diese Daten nie von den Herstellern angegeben, man kann sie jedoch meist aus anderen Daten berechnen. Typisch geht bei Hoch- und Mitteltönern durch die Frequenzweichen die mechanische Überlastung mit der thermischen einher. Eine Ausnahme sind Horntreiber. Diese sind für kleine Auslenkungen und große akustische Belastung entworfen. Ein Betrieb ohne diese, also unterhalb der Horngrenzfrequenz oder gar ohne Horn, kann zum sofortigen Ausfall trotz noch unkritischer Temperatur führen.
Für einen wirksamen Schutz von Tiefton-Lautsprechern ist sowohl der thermische als auch der Auslenkungsgesichtspunkt zu beachten. Hohe Pegel lassen sich nur sinnvoll darstellen, wenn die Schutzvorrichtung auch die Wärmekapazität in Rechnung stellt. So kann z. B. ein Tieftöner durchaus für einige zehn Sekunden mit einer Leistungsaufnahme betrieben werden, die deutlich über der Dauerbelastungsangabe liegt. Die Schwingspule braucht Zeit, um sich aufzuwärmen. Die kleineren Antriebe von Hochtönern haben erheblich geringere Zeitkonstanten und bedürfen umso mehr der Vorsicht.
Gewarnt werden muss vor dem Irrglauben, man könne Lautsprecher durch leistungsschwache Verstärker vor Überlastung schützen: Bei Übersteuerung erzeugen diese Klirrprodukte vor allem im höheren Frequenzbereich, die bei Mehr-Wege-Lautsprechern häufig zur Zerstörung des Hochtöners auch hoch belastbarer Boxen führen. Es ist dennoch sinnvoll, die Verstärkerleistung geringer als die Lautsprecher-Belastbarkeit zu wählen, da dann die Wiedergabequalität höher ist – vorausgesetzt, die Leistung liegt unterhalb der Verstärker-Grenzwerte.
Aus der Angabe einer zulässigen Spitzenleistung kann man – mit dem in den technischen Angaben aufgeführten Wirkungsgrad – einen maximal erzielbaren Schalldruck errechnen. In der Praxis wird der Schalldruck jedoch oft durch Kompression und Verzerrungen auf einen niedrigeren Wert begrenzt, da die Schwingspule den Bereich des homogenen Magnetfeldes verlässt und die Membraneinspannung mechanische Grenzen setzt. Die Angabe einer Spitzenleistung „PMPO“, wie sie bei Lautsprechern der untersten Preisklasse zu finden ist, folgt keiner geschützten Definition und besitzt somit keine Aussagekraft.
Wirkungsgrad
Die Wirkungsgrade, auch der besonders effizienten dynamischen Lautsprecher, sind sehr gering (0,2–5 %, bis 20 % nahe Resonanzstellen); es ist nicht üblich, sie anzugeben. Die Lautsprecher-Effizienz wird mit dem Kennschalldruck angegeben.
- Beispiel
- Ein durchschnittlicher dynamischer Lautsprecher mit z. B. 87 dB/W/m benötigt für einen Pegel von 100 dB in vier Metern Abstand eine elektrische Leistung von etwa 80 W, wogegen ein wirkungsgradstarker Lautsprecher mit 101 dB/W/m mit 3,2 W auskommt.
Die betrachteten Schallwandler zeichnen sich alle durch einen recht geringen energetischen Wirkungsgrad aus. Zwar spielen insbesondere in der HiFi-Technik andere Kenngrößen (Frequenzverhalten, Verzerrungen) eine wesentlichere Rolle, jedoch kommt dem Wirkungsgrad aus mehreren Gründen eine Bedeutung zu: Ein wirkungsgradschwacher Wandler (z. B. ein dynamischer Lautsprecher mit einem schwachen Magneten) benötigt beträchtliche Verstärkerleistungen, die als Wärmeleistung vom Wandler abgeführt werden müssen, um eine Beschädigung des Antriebs zu vermeiden. Erforderliche höhere Verstärkerleistung ist u. a. bei batteriebetriebenen Anwendungen nachteilig, verursacht ihrerseits Wärme oder erfordert Verstärker mit hoher Effizienz, die nicht immer auch gute Übertragungseigenschaften haben.
Der Wirkungsgrad eines dynamischen Lautsprechers wird erhöht durch:
- hohe Stärke und große Fläche des Magnetfeldes (Seltenerdmagnete, hohe Magnetflüsse bis über 1,2 Tesla, große Schwingspulendurchmesser)
- hoher Kupfer-Füllfaktor des Luftspaltes (geringer Luftspalt, großes Verhältnis zwischen Draht und Trägermaterial, teilweise Verwendung rechteckigen Drahtes, präzise Fertigung, exakte Aufhängung)
- leichte Membran (zum Beispiel Titan, Kohlenstofffaserverstärkter Kunststoff) und leichte Schwingspule (Widerspruch zum vorgenannten Punkt)
- effektive Kopplung des Lautsprechers an die Luft (z. B. Bassreflexprinzip, große Schallwand, großes Volumen bei geschlossenen Boxen, Exponentialhorn)
Die ersten drei Einflussfaktoren erhöhen die Wiedergabequalität, da dadurch auch der Koppelfaktor und die Eigendämpfung verbessert werden. Dagegen kann die Effizienzverbesserung durch bessere Luft-Ankopplung unter Umständen auch zu einem verzerrten Frequenzgang führen: Ausgeprägte Eigenresonanzen kleiner Boxen-Volumina oder des Bassreflexweges führen zu einer selektiven Erhöhung der Lautstärke, aber auch zu einer Verschlechterung der Impulstreue.
Große Auslenkungen verursachen u. a. bei dynamischen Lautsprechern auch hohe Intermodulationsverzerrungen, weil die Schwingspule in Bereiche mit schwächerem Magnetfeld kommt und das Verhältnis Strom/Kraft nicht mehr konstant ist. Großer Wirkungsgrad und gute Schallwiedergabe wird daher mit großen Lautsprechern (geringere Auslenkung bei gleichem Schallpegel) erreicht; große Bauformen sind jedoch häufig nicht erwünscht, sie sind teurer oder haben andere Nachteile (z. B. Partialschwingungen der Membran).
Literatur
- Heinz Sahm: HIFI-Lautsprecher. 2. Auflage, Franzis Verlag GmbH, München, 1982, ISBN 3-7723-6522-1.
- Wolfgang-Josef Tenbusch: Grundlagen der Lautsprecher. 1. Auflage, Michael E. Brieden Verlag, Oberhausen, 1989, ISBN 3-9801851-0-9.
- Helmut Röder, Heinz Ruckriegel, Heinz Häberle: Elektronik 3.Teil, Nachrichtenelektronik. 5. Auflage, Verlag Europa-Lehrmittel, Wuppertal, 1980, ISBN 3-8085-3225-4.
- Beckmann: Handbuch der PA-Technik, Grundlagen-Komponenten-Praxis 4. Auflage, Elektor Verlag, Aachen 1989.
- Eberhard Zwicker, Manfred Zollner: Elektroakustik,4. Auflage, Springer-Verlag 1998
- Dieter Franz: Handbuch der Elektroakustik. Grundlagen der Schallverarbeitung praxisnah dargestellt, Franzis Verlag 1995