Duration
Die Duration ist eine Sensitivitätskennzahl, die die durchschnittliche Kapitalbindungsdauer einer Geldanlage in einem festverzinslichen Wertpapier bezeichnet. Genauer genommen und allgemein formuliert ist die Duration der gewichtete Mittelwert der Zeitpunkte, zu denen der Anleger Zahlungen aus einem Wertpapier erhält.
Durationskonzept
Die Duration wurde im Jahr 1938 durch Frederick R. Macaulay eingeführt und wird deshalb auch Macaulay-Duration genannt.[1] Die Duration stellt jenen Zeitpunkt dar, bei dem völlige Immunisierung gegenüber dem Zinsänderungsrisiko im Sinne von Endwertschwankungen eintritt. Das Konzept baut auf dem Umstand auf, dass unvorhergesehene Zinsänderungen zwei gegenläufige Auswirkungen auf den Endwert eines festverzinslichen Wertpapiers (z. B. Anleihe) haben: So führt etwa ein Zinsanstieg zwar zu einem geringeren Barwert der Anleihe; wegen der Reinvestitionsprämisse werden die zukünftigen Zahlungen (Coupons) jedoch höher verzinst. Letztlich führt ein Zinsanstieg zu einem höheren Endwert. Umgekehrt verhält es sich bei einer Zinssenkung. Jenen Zeitpunkt, bis zu dem der Marktwert der Anleihe bei gestiegenen Zinsen wegen der reinvestierten Kupons mindestens wieder den erwarteten Wert erreicht hat oder bis zu dem er bei gesunkenen Zinsen wegen der geringeren Diskontierung nicht den erwarteten Wert unterschritten hat, nennt man Duration.
Ein weiterer Terminus ist Mittlere Restbindungsdauer. Denn die Duration ist der gewichtete Mittelwert der Zeitpunkte, zu denen der Anleger Zahlungen aus einem Wertpapier erhält. Als Gewichtungsfaktoren dieses Mittelwertes werden die jeweiligen Anteile des Barwertes der Zins- und Tilgungszahlungen zum jeweiligen Zeitpunkt am Gesamtbarwert aller Zahlungen herangezogen.
Genauer entspricht die Duration einer Taylorreihenentwicklung der Wertänderung, die nach dem ersten linearen Glied abgeschnitten wird. Für die Praxis ergibt sich mit der Duration eine einfache Formel, die die Wertänderung einer Anleihe mit der Zinsänderung verknüpft: . Der Wert von Kuponanleihen ohne besondere Ausstattungsmerkmale ist jedoch konvex im Zinsniveau. Durch die vorgenannte lineare Approximation unterschätzt man daher die Wertänderung von Anleihen, eine Abschätzung mit der Duration ist deshalb immer pessimistisch. Der Wertverlust bei steigendem Zinsniveau wird überschätzt, der Wertzuwachs bei sinkendem Zinsniveau wird unterschätzt. Dieser Effekt wird umso stärker, je größer die Änderung des Zinsniveaus ist. Reicht die Näherung mit der linearen Approximation in der Praxis nicht mehr aus, ist das zweite Glied der Taylorreihenentwicklung zu berücksichtigen. Dieses Vorgehen führt zum Konzept der Konvexität.
Modellannahmen
Folgende Annahmen werden beim Durationskonzept getroffen:
- flache Zinsstrukturkurve: Durch diese vereinfachende Annahme laufzeitunabhängiger Zinsen können Zahlungen, die zu verschiedenen Zeitpunkten anfallen, mit einem einheitlichen Zinssatz abgezinst werden
- einmalige Änderung des Marktzinsniveaus durch Parallelverschiebung der (flachen) Zinsstrukturkurve. Diese Änderung erfolgt unmittelbar nach Erwerb der Anleihe
- Wiederanlage der Kuponzahlungen erfolgt zum Marktzins
- keine Transaktionskosten oder Ganzzahligkeitsprobleme
- keine Steuern
Modifizierte Duration
Die (Macaulay-)Duration wird in der Einheit Jahre gemessen. Eine besonders häufige Fragestellung aus der Praxis ist es jedoch, eine Aussage über die relative Veränderung des Anleihekurses in Abhängigkeit einer Veränderung des Marktzinsniveaus treffen zu können. Diese Aufgabe übernimmt die modifizierte Duration (englisch modified duration). Sie gibt an, um wie viel Prozent sich der Anleihekurs ändert, wenn sich das Marktzinsniveau um einen Prozentpunkt ändert; damit misst sie den durch eine marginale Zinssatzänderung ausgelösten Kurseffekt und stellt somit eine Art Elastizität des Anleihekurses vom Marktzinssatz dar. Da auch hierbei die sehr restriktiven Annahmen des Durationskonzeptes gelten, ist eine praktische Anwendbarkeit wieder nur bei sehr geringen Zinsänderungen gegeben.
Die modifizierte Duration ist eine Kennzahl aus der Finanzmathematik, welche angibt, wie stark sich der Gesamtertrag einer Anleihe (bestehend aus den Tilgungen, Kuponzahlungen und dem Zinseszinseffekt bei der Wiederveranlagung der Rückzahlungen) ändert, wenn sich der Zinssatz am Markt ändert.
Die modifizierte Duration steht wie folgt mit der Duration im Zusammenhang:
Portfolioduration
Um die Duration eines Portfolios zu bestimmen, berechnet man im ersten Schritt die Durationen der Anleihen des Portfolios. Die Portfolioduration ergibt sich als die mit dem Anteil am Portfoliogesamtwert jeder Anleihe gewichtete Summe der einzelnen Anleihedurationen:
mit
- = Duration des Portfolios
- = Anteil der Anleihe am Portfoliogesamtwert
- = Duration der Anleihe
- = Anzahl der verschiedenen Anleihen im Portfolio
Alternativ lässt sich die Duration für einen Gesamtzahlungsstrom berechnen, indem die einzelnen Zahlungsströme addiert werden.
Herleitung der Durationsformel
Der Barwert einer Anleihe lässt sich allgemein durch Diskontieren (Abzinsen) der zukünftigen Zahlungen (d. h. der oftmals jährlich anfallenden Kuponzahlungen sowie der Kupon- und Tilgungszahlung im Zeitpunkt ) berechnen:
mit
- = Barwert im Betrachtungszeitpunkt
- = Zahlung zum Zeitpunkt (in Jahren)
- = Für die Laufzeit gültiger Zinssatz
- = Laufzeitende der Anleihe (letzte Zahlung)
Nimmt man an, dass es einen laufzeitunabhängigen Zinssatz (mit für alle Zeitpunkte ) gibt, und leitet nach ab, erhält man:
Dies ist die Euro-Duration. Division der Ableitung durch den Barwert in liefert:
Der berechnete Ausdruck stellt die approximative relative Preisänderung bei (kleiner) Zinsänderung dar. Eine derartige Definition der Macaulay-Duration hat historische Gründe.
Macaulay-Duration :
Zusammenfassung der Formeln der Durationsberechnung
Immunisierung gegen Zinsänderungsrisiken
Eine Position ist dann gegen Zinsänderungsrisiken immunisiert, wenn die mit den Marktwerten gewichteten modifizierten Durationen der Long- und der Short-Position einander entsprechen.
D(long) · Co(long) = D(short) · Co(short) mit Co als Preis der Option und D als Duration.
Dieses Verfahren wird „duration matching“ genannt. Eine derart gesicherte Position kann als Nullkuponanleihe betrachtet werden.
Bewertung des Durationskonzeptes
Für die Beurteilung der Zinssensitivität einer Anleihe ist es nicht ausreichend, nur die Gesamtlaufzeit zu betrachten: Beispielsweise weist eine Nullkuponanleihe mit nur einer einzigen Zahlung zum Laufzeitende eine weitaus größere Zinsempfindlichkeit auf als eine Standardanleihe gleicher Laufzeit, bei der jährlich Kuponzahlungen geleistet werden.
Neben der Laufzeit einer Anleihe ist somit das zeitliche Anfallen der Zahlungen von Bedeutung. Die Duration verknüpft diese beiden relevanten Komponenten auf multiplikative Weise, gewichtet also den jeweiligen Zahlungszeitpunkt mit dem relativen Beitrag zum Barwert. Eine höhere Duration lässt auf eine tendenziell hohe Zinssensitivität schließen und zeigt, wie lange das Kapital im Mittel gebunden ist.
Die Duration ist umso höher, je niedriger der Kupon ist. Für den Extremfall der Nullkuponanleihe gilt, dass die Duration mit der Restlaufzeit der Anleihe übereinstimmt.
Da sich die Zinsen in der Regel jedoch nicht stetig, sondern stufenweise (diskret) ändern, und die Abhängigkeit des Anleihekurses vom Zinssatz keine lineare Beziehung darstellt, sind die Änderungen, die die Duration berechnet, nicht ganz exakt. Der Kursrückgang wird überschätzt, wenn der Zins steigt, und die Kurssteigerung wird unterschätzt, wenn der Zins fällt. Dieser Fehler, ausgelöst durch die Approximation einer nichtlinearen Beziehung durch eine lineare, fällt bei nur geringen Zinsänderungen kaum ins Gewicht. Bei größeren Zinsänderungen steigt dieser Konvexitätsfehler jedoch stark an; eine Linderung dieses Fehlers bietet das Einbeziehen der Konvexität bei der Preisabschätzung.
Die Existenz von Konditionsbeiträgen belegt die Existenz von Marktunvollkommenheiten.
Die Annahme einer flachen Zinsstrukturkurve kann mit Hilfe der Key Rate Duration aufgeweicht werden.
Literatur
- Alfred Bühler, Michael Hies: Key Rate Duration: Ein neues Instrument zur Messung des Zinsänderungsrisikos. In: Die Bank. Heft 2, 1995, S. 112–118.
Einzelnachweise
- Frederick R. Macaulay: "Some Theoretical Problems Suggested by the Movements of Interest Rates, Bond Yields, and Stock Prices in the United States since 1856" Online auf: http://www.nber.org, abgerufen am 20. September 2017.