Dreifaltigkeitsikone
Die Dreifaltigkeitsikone (russisch троица, wiss. Transliteration troica) von Andrei Rubljow gilt als einer der Höhepunkte der russischen Malerei. Das gleiche Motiv findet sich auch auf zahllosen weiteren Ikonen im ganzen orthodoxen Bereich.
Geschichte
Das etwa 1411 entstandene Gemälde ist 142 cm × 114 cm groß[1]. Das Meisterwerk der Ikonenmalerei ist gleichzeitig eine Theologie in Farbe. Die Darstellung der Dreifaltigkeit durch Rubljow wurde 1551 von einer Moskauer Synode als dogmatisch vorbildlich und verbindlich bezeichnet.
Heute ist die Ikone in der Tretjakow-Galerie in Moskau ausgestellt.
Interpretation
Das Bild stellt die Dreifaltigkeit nicht direkt dar, denn direkte bildliche Darstellungen von Gott Vater sind in der Orthodoxie unüblich (da es von Gott Vater kein in der Bibel überliefertes inkarniertes Bild gibt). Es symbolisiert sie vielmehr anhand einer Szene aus dem Alten Testament: dem Besuch der drei Engelsboten bei Abraham und Sara (Gen 18,1–33 ) im Hain von Mamre und deutet diesen Besuch als Erscheinung der Trinität. Die drei Engel sitzen um einen Tisch, auf dem ein Kelch steht. Jede der drei Personen hält einen Stab, das Sinnbild der Autorität, alle drei haben danach die gleiche göttliche Autorität. Eine ältere Tradition des Motivs zeigt auch Abraham und Sara, wie sie die drei Engel bedienen.[2]
Der Tisch ist das Symbol für den Altar, der Kelch ist das Symbol für das göttliche Opferlamm der Eucharistie[3] und jede der drei Personen zeigt mit einer Handbewegung ihre Beziehung zu ihm an. Die drei Gestalten sind sich sehr ähnlich, aber nicht gleich; es sind jedoch keine Rang- oder Altersunterschiede zu erkennen.
Die Zuordnung der drei Figuren zu den drei Personen der Trinität ist umstritten. Manche vertreten die These, der Vater werde durch die Figur in der Mitte dargestellt; er deutet mit zwei Fingern auf den Kelch, um so auf die göttliche und menschliche Natur des Opferlamms hinzuweisen. Der Sohn, links, vom Betrachter aus gesehen (der Sohn sitzt zur Rechten des Vaters), hat die Hand in einer Segensgeste erhoben und zeigt damit, dass er die Sendung, die ihm bestimmt ist, annimmt. Der Heilige Geist, rechts vom Sohn zeigt auf eine rechteckige Öffnung im Tisch, die die Welt symbolisiert und weist dadurch darauf hin, dass die Sendung des Sohnes in die Welt und zur Errettung der Welt geschieht.[4]
Andere vertreten die Auffassung, die Figur in der Mitte sei der Sohn. Der Vater sitzt links im Bild, die beiden anderen Gestalten neigen sich ihm zu. Diese Ansicht ist aus folgenden Gründen überzeugender: 1. haben schon bald Nachfolger von Rubljow die Figur in der Mitte eindeutig als Christus beschriftet.[5] 2. Trägt die Figur in der Mitte die Kleidung, die der Christus immer trägt, nämlich rotes Untergewand und grünes bzw. blaues Übergewand und 3. ergibt der Christus auch als Inhalt des im nächsten Abschnitt erwähnten Kelchs am meisten Sinn.
Die zwei Figuren links und rechts bilden mit ihren Silhouetten zusammen einen Kelch, der die mittlere Figur umfasst. Gleichzeitig ist ein Kreuz dargestellt, gebildet aus den drei Köpfen in der Waagrechten – und in der Senkrechten aus der mittleren Gestalt, des Kelchs auf dem Tisch und der Welt.
Die „falsche“ Perspektive (der Fluchtpunkt liegt vor dem Bild) bezieht den Betrachter ein, lässt ihn am heiligen Geschehen teilhaben.
Farbensymbolik
Rubljow nutzte in der Farbpalette verschiedene Gold- und Blautöne. Blau und Gold sind schon in der frühchristlichen Zeit die Farben der Vergegenwärtigung der Transzendenz. Auf Rubljows Dreifaltigkeitsikone ist bei jedem der drei dargestellten Engel ein Teil der Gewandung blau, die Flügel goldgelb und der Heiligenschein hellgelb. Ein purpurrotes Gewand mit einem blauen Mantelüberwurf trägt der mittlere Engel, der dadurch besonders hervorgehoben ist. Der linke Engel trägt über dem blauen Gewand einen goldschimmernd-transparenten Mantel, der rechte Engel über dem blauen Gewand einen grünen Mantel.[6] Die Farbsymbolik des Bildes ordnet das Blau-Rot dem Schöpfergott in der Mitte zu, das Lichtgold-Blau Christus und das Grün-Blau dem heiligen Geist. Der Kontrast von Rot und Blau mit seiner ursprünglichen Bedeutung von Aktivität und Ruhe, Leben und Tod, Beschützung und Bedrohung, wird hier so zu einer Einheit zusammengefasst und symbolisiert die Allmacht Gottes.
Einzelnachweise
- Ikonen, Meisterwerke der Ostkirche (= Bildlexikon der Kunst, Band 9). Parthas Verlag, Berlin, 2005, S. 70
CD-Rom Ikonen der orthodoxen Kirche, ISBN 3-936122-21-0 der Digitalen Bibliothek - A. Tradigo: Icons and Saints of the Eastern Orthodox Church. Los Angeles 2006, S. 68
- K.Onasch, A. Schnieper: Ikonen. München 2007, S. 142; 144
- siehe die unten angegebenen Weblinks von Müller und Löwenstein
- vgl. z. B. die Abbildungen auf http://www.icon-art.info/topic.php?lng=de&top_id=2
- Riklef Kandeler 2003: Symbolik der Pflanzen und Farben: Botanische Kunst- und Kulturgeschichte in Beispielen. Verlag der Zoologisch-Botanischen Gesellschaft in Österreich, 2003. ISBN 3-901294-07-4. S. 121–122
Weblinks
- Deutung der Ikone von Ludolf Müller (Quatember 1982)
- Deutung der Ikone von Jesuitenpater Martin Löwenstein SJ
- www.icon-art.info