Die Rebellion
Die Rebellion ist ein Roman von Joseph Roth, der vom 27. Juli bis 29. August 1924 im Vorwärts vorabgedruckt wurde. Im selben Jahr erfolgte der Druck in Berlin.
Der Invalide Andreas Pum wird von Fahrgästen einer Straßenbahn zu einem der Sündenböcke für das Nachkriegselend abgestempelt, begehrt dagegen auf, wird dafür bestraft, verliert den Glauben an einen gerechten Gott und stirbt.
Handlung
Der 45-jährige Andreas Pum hat im Krieg ein Bein verloren, bekam zwar eine Auszeichnung, aber nicht einmal eine Prothese. Trotzdem glaubt er, die Regierung wird ihn schon versorgen. Das erweist sich als Irrtum. Andreas muss vor der Kommission einen Zitterer simulieren, um die Lizenz zum Drehorgelspiel zu ergattern. Mit seinem Leierkasten humpelt Andreas von Hinterhof zu Hinterhof. Angehörige hat der Kriegsversehrte keine. Der Winter steht bevor. Andreas träumt von breithüftigen Witwen mit vorgewölbten Busen. Genau so eine läuft ihm über den Weg: Katharina Blumich. Hals über Kopf heiratet Andreas das Weib, dem brünstige Weichheit entströmt. Bei der ersten Bewährungsprobe wendet sich die Frau von dem neuen Ehemann, diesem Krüppel, ab und wirft sich sofort einem Mann mit gesunden Gliedern an den Hals. Vinzenz Topp ist der Glückliche, Unterinspektor der Polizei. Andreas wandert ins Gefängnis. Denn er hat einen Gerichtstermin versäumt. Unverschuldet zwar, aber verpasst ist verpasst. Das Delikt: Bewaffneter Widerstand gegen die Staatsgewalt und Amtsehrenbeleidigung. Andreas hatte einen Polizisten mit der Krücke geschlagen. Der Staatsdiener wollte eine Auseinandersetzung schlichten. Der Invalide war von Herrn Unternehmer Arnold in der Straßenbahn als Simulant und Bolschewik verunglimpft worden. Einige Fahrgäste hatten eingestimmt: Russe, Spion, Jude !
Die Lizenz zum Leierkastenspiel wird Andreas von den Zweibeinigen entzogen. Im Gefängnis verliert Andreas das Wichtigste, das ein Mensch nötig hat – den Glauben. Von seiner Ehefrau will er sich scheiden lassen. Aus dem Gefängnis kommt er mit weißem Haar. Aber einen Freund hat Andreas noch. Der stellt ihn als Wärter in der Toilette des Cafés Halali an. Als Andreas am Arbeitsplatz stirbt, will er die Gnade Gottes nicht. Er will in die Hölle.
Rezeption
- Hackert[1] weist im Zusammenhang mit Joseph Roths Geschichte vom Abstieg Andreas Pums zum Toilettenwärter auf eine Parallele zu Murnaus Stummfilm Der letzte Mann mit Emil Jannings in der Titelrolle, ebenfalls aus dem Jahr 1924, hin.
- Andreas Pum klagt Gott an und fordert eine gerechte Verteilung seines Segens auf Erden.[2]
- Steierwald referiert die Rebellion in der Herrentoilette[3] und betrachtet die lapidare Syntax.
- Kiesel[4] reiht den Text neben dem Spinnennetz und Hotel Savoy in die Zeitromane des Autors ein und konstatiert, die Rebellion des Andreas Pum bleibe eine innere; werde also nicht nach außen getragen.
Verfilmung
Wolfgang Staudte verfilmte den Roman 1962 unter dem gleichen Titel für das Fernsehen mit Josef Meinrad, Ida Krottendorf und Fritz Eckhardt.[5]
Eine weitere Verfilmung entstand 1993 durch Michael Haneke mit Branko Samarovski in der Rolle des Andreas Pum.
Literatur
Quelle
- Fritz Hackert (Hrsg.): Joseph Roth Werke 4. Romane und Erzählungen 1916 – 1929. S. 243 bis 332: Die Rebellion. Ein Roman. 1924. Mit einem Nachwort des Herausgebers. Frankfurt am Main 1994. 1086 Seiten, ISBN 3-7632-2988-4
- Textausgabe bei Projekt Gutenberg-DE
Sekundärliteratur
- Helmuth Nürnberger: Joseph Roth. Reinbek bei Hamburg 1981. 159 Seiten, ISBN 3-499-50301-8.
- Nachgetragene Gleichzeitigkeit – Die Rebellion. S. 23–36 in Thomas Düllo: Zufall und Melancholie: Untersuchungen zur Kontingenzsemantik in Texten von Joseph Roth. Diss. Münster 1991. 336 Seiten, ISBN 3-89473-819-7.
- Ulrike Steierwald: Leiden an der Geschichte. Zur Geschichtsauffassung der Moderne in den Texten Joseph Roths. Diss. München 1992. 198 Seiten, ISBN 3-88479-880-4.
- Gero von Wilpert: Lexikon der Weltliteratur. Deutsche Autoren A – Z. S. 519. Stuttgart 2004. 698 Seiten, ISBN 3-520-83704-8.
- Helmuth Kiesel: Geschichte der deutschsprachigen Literatur 1918 bis 1933. C.H. Beck, München 2017, ISBN 978-3-406-70799-5.
Einzelnachweise
- Hackert S. 1057
- Nürnberger S. 65
- Steierwald S. 83
- Kiesel S. 197 Mitte und S. 247 oben
- Nürnberger S. 152