Die Brüder Löwenherz
Die Brüder Löwenherz (schwedisch Bröderna Lejonhjärta) ist der Titel eines erstmals 1973 veröffentlichten Romans von Astrid Lindgren. Die Illustrationen der Originalausgabe stammen von Ilon Wikland.
Handlung
Hauptpersonen sind die beiden Brüder Karl („Krümel“) und Jonathan Löwe. Die Geschichte wird in der Ich-Form aus der Perspektive Karls erzählt.
Der neunjährige Karl liegt schwer lungenkrank im Bett und weiß, dass er bald sterben wird, obwohl es ihm keiner sagen möchte. Er bewundert seinen 13-jährigen Bruder Jonathan, der klug, mutig, fröhlich und überall beliebt ist. Jonathan versucht, seinem geliebten kleinen „Krümel“ die Angst vor dem Tod zu nehmen, indem er ihm vom Land Nangijala erzählt, in das man nach dem Tod komme. Da werde er völlig gesund sein und den ganzen Tag Abenteuer erleben.
Kurz darauf kommt jedoch Jonathan ums Leben, als er mit seinem Bruder auf dem Rücken aus dem brennenden Haus springt, um ihn zu retten. Der Gedanke, dass Jonathan nun in Nangijala lebt, tröstet Karl. Wenig später hat Karl beim Einschlafen das Gefühl, dass er in dieser Nacht sterben wird. Tatsächlich findet er sich unmittelbar darauf bei Jonathan in Nangijala wieder und ist dort wieder gesund. Sie heißen nun beide „Löwenherz“, wie Jonathan von seiner Lehrerin in ihrem Nachruf angesichts seiner Tapferkeit genannt worden ist.
Die Brüder Löwenherz haben zunächst mit anderen Leuten zusammen im Kirschtal ein schönes Leben. Bald jedoch muss Jonathan fort, um dem benachbarten Heckenrosental im Widerstand gegen den Tyrannen Tengil aus dem Land Karmanjaka zu helfen, der das Tal mit Hilfe des von ihm beherrschten Drachenweibchens Katla besetzt hält und weitere Teile Nangijalas erobern will. Karl bleibt allein zurück, hört jedoch eines Nachts im Traum Jonathans Ruf und beschließt, ihm allein über die Berge zu folgen.
Durch einen glücklichen Zufall findet er Jonathan, der sich im Heckenrosental versteckt hält. In gefährlichen Situationen lernt Karl, mit seiner Angst umzugehen und besonnen zu handeln. Gemeinsam befreien sie Orwar, den Anführer des Widerstandes, aus Tengils Gefangenschaft, und es kommt zum offenen Kampf gegen Tengil und Katla. Der Kampf wird entschieden, als Jonathan die Lure erringt, mit deren Hilfe Katla beherrscht wird, und Katla den Befehl gibt, Tengil zu töten.
Die Brüder wollen Katla zurück in ihre Höhle führen. Auf dem Weg verliert Jonathan die Lure und damit auch die Kontrolle über den Drachen. Katla jagt die Brüder bis an einen Fluss, in dem der Lindwurm Karm lebt, und wird von Jonathan mit einem Felsbrocken in die Schlucht gestoßen. Es kommt zum Kampf zwischen den beiden Ungeheuern, die einander töten. Allerdings ist Jonathan während der Jagd von Katlas Feuer berührt worden, was zu vollständiger körperlicher Lähmung und zuletzt zum Tod führt. Jonathan erzählt Karl, dass es auch hinter Nangijala noch ein weiteres Land des Lebens gebe, Nangilima. Dort werde auch er wieder gesund sein. Da Jonathan sich schon nicht mehr bewegen kann, ist es nun Karl, der seinen Bruder auf den Rücken nimmt und mit ihm in die Tiefe springt, um ihn zu retten. Das Buch endet mit Karls Ausruf nach dem Absprung: „Ich sehe das Licht!“
Entstehungsgeschichte
Als Astrid Lindgren den Kirchhof in Vimmerby besuchte, sah sie ein Kreuz mit der Inschrift „Hier ruhen die kleinen Brüder Phalen. Gestorben 1860“. Da wusste Lindgren, dass ihr nächstes Buch (Die Brüder Löwenherz) vom Tod und von diesen zwei Brüdern handeln sollte.[1]
Kritik und Interpretation
Astrid Lindgren hat sich als einer der ersten Kinderbuchautoren des Themas Tod angenommen. Sie hat dafür Kritik von zwei Seiten erhalten. Einerseits gab es Meinungen, dass das Thema zu ernst sei, um in Kinderbüchern beschrieben zu werden. Andererseits wurde kritisiert, dass der Tod verharmlost werde, weil die Brüder sich ihrer Schwierigkeiten durch einen Sprung in den Tod entziehen können.
Demgegenüber heben Dieter Matthias und Eva-Maria Metcalf die Verbindung aus Tod und Trost hervor und sehen in dem Text eine nicht verharmlosende, aber annehmende Sichtweise auf den Tod: Der verängstigte, sterbende Krümel bereite sich auf seinen Tod vor, indem er in der letzten Nacht während seines körperlichen Sterbens von den Abenteuern in Nangijala träumt und so den Mut gewinnt, sich von seinem Jetzt zu trennen (zu sterben), um in ein anderes Dasein zu wechseln. In dem Moment, in dem er am Schluss des Buches ruft: „Ich sehe das Licht!“, sterbe er dann wirklich, bewusst und voller Zuversicht, denn er habe in seinem Traum die Todesangst überwunden und den Tod angenommen. Der Schluss sei also keinesfalls als Selbstmord zu deuten, sondern als geträumtes positives Akzeptieren und Erleben des unvermeidlichen natürlichen Todes. Das Buch könne also ein Trostspender und Mutmacher für Kinder sein, denn es gebe eine mögliche Antwort auf die immerwährende Frage: „Was kommt nach dem Tod?“
Auszeichnungen
1979 wurde Astrid Lindgren für dieses Buch mit dem Internationalen Janusz-Korczak-Literaturpreis und dem Wilhelm-Hauff-Preis ausgezeichnet.
Verfilmungen
Für den Film Die Brüder Löwenherz von Olle Hellbom schrieb Lindgren selbst das Drehbuch. Die beiden Hauptrollen spielten Staffan Götestam und Lars Söderdahl. Der Film wurde erstmals im Wettbewerb der Berlinale 1978 und dann 1979 als Miniserie im ZDF gezeigt. Seit dem Januar 2004 ist der mehrfach preisgekrönte Film in einer 102-minütigen Fassung auch als DVD erhältlich.
Theater
Das Buch wurde von Christian Schönfelder zu einem Theaterstück für Kinder umgearbeitet.[2]
2015 entstand das Musiktheater Die Brüder Löwenherz an der „Jungen Szene“ der Semperoper Dresden. Komponist ist Helmut Oehring.[3]
Fortsetzung
Viele junge Leser wandten sich immer wieder an Astrid Lindgren und wollten wissen, wie es mit Karl und Jonathan weiterging. Daher wandte Astrid Lindgren sich im Jahr 1974 in einem offenen Brief an die schwedische Boulevardzeitung Expressen. Dort berichtete sie wie es mit den beiden Brüdern weitergeht. Karl und Jonathan leben zusammen mit Mattias im Mattisgården in Äppeldalen. Dort bauen die beiden Hütten, reiten durch die Wälder und schlafen am Lagerfeuer. Außerdem zähmt Karl einen wilden Hund, den er später Mecke nennt. Auch Grim und Fjalar sind in Nangilima. Karls und Jonathans Mutter kommt zunächst nach Nangijala. Dort kümmert sich Sophia um sie. Schließlich gelangen beide nach Nangilima. So haben Jonathan und Karl gleich zwei Mütter, die gemeinsam in einem Haus in ihrer Nähe wohnen. Tengil und Jossi sind nicht nach Nangilima gekommen, sondern in ein Land namens Lokrume. Es geht ihnen dort nicht schlecht, aber es ist sichergestellt, dass sie dort niemandem mehr etwas antun können. Katlas und Karms Aufenthaltsort ist unbekannt. Jonathan erwähnte einmal, dass sie sich in Sorokaste befänden, aber sagte nicht viel mehr darüber.[4][5] Auf Deutsch wurde der Brief 1975 erstmals im Oetinger Almanach, Nummer 13 mit dem Titel Antwort auf Kinderbriefe von Astrid Lindgren veröffentlicht.
Literatur
- Dieter Matthias: Springe, und du wirst aufgefangen! Zur Gestaltung von Trost in der Verfilmung der „Brüder Löwenherz“. Ein Unterrichtsmodell für die Sekundarstufe 1, 1997.
- Eva-Maria Metcalf: Leap of Faith in Astrid Lindgren’s Brothers Lionheart. Children’s Literature 23, 1995, S. 165–178.
- Elke Liebs: Die Sehnsucht zum Tode. Selbstmord in der Jugendliteratur. Der Deutschunterricht 2, 2002.
Weblinks
- Informationen zu Die Brüder Löwenherz auf KinderundJugendmedien.de
Einzelnachweise
- Waldemar Bergendahl (Produzent) und Roland Skogfeld & Per Olof Ohlsson (Kamera): Astrid Lindgren erzählt aus ihrem Leben. (Film) In: 100 Jahre Astrid Lindgren Jubiläumsedition. DVD. Universum Film.
- Schauspielhaus Zürich (Memento vom 29. November 2014 im Internet Archive)
- Die Brüder Löwenherz'. www.semperoper.de, archiviert vom Original am 15. März 2015; abgerufen am 15. März 2015.
- Kristina Hård: Lokrume och Sorokaste.
- Hur gick det sedan för Bröderna Lejonhjärta?.