Depot I von Dieskau
Das Depot I von Dieskau (auch Hortfund I von Dieskau oder Goldhort von Dieskau) ist vermutlich ein Depotfund der frühbronzezeitlichen Aunjetitzer Kultur aus Dieskau, einem Ortsteil der Gemeinde Kabelsketal im Saalekreis (Sachsen-Anhalt). Es datiert in die Zeit zwischen 2000 und 1700 v. Chr. Möglicherweise handelte es sich auch um Grabbeigaben.
Fundgeschichte
Das Depot wurde 1874 entdeckt. Über den genauen Fundort existieren widersprüchliche Angaben, am wahrscheinlichsten ist aber das Flurstück „das saure Loch“ auf dem Rittergut Dieskau. Die Funde gelangten zunächst in den Kunsthandel. Einige von ihnen wurden Ende des 19. Jahrhunderts durch das Museum für Vor- und Frühgeschichte in Berlin erworben. Seit 1945 befinden sie sich als Beutekunst im Puschkin-Museum in Moskau. Im Landesmuseum für Vorgeschichte in Halle (Saale) sind originalgetreue Kopien der erhaltenen Gegenstände ausgestellt. Sie wurden vom 21. September 2018 bis 6. Januar 2019 im Martin-Gropius-Bau in Berlin in der Ausstellung Bewegte Zeiten. Archäologie in Deutschland gezeigt, die aus Anlass des Europäischen Kulturerbejahres 2018 stattfand.
Bereits 1980 wurde die Möglichkeit erwogen, dass es sich nicht um ein Depot, sondern um ein Ensemble von Grabbeigaben handeln könnte. Berthold Schmidt und Waldemar Nitzschke brachten die Gegenstände mit dem von ihnen in einer Notgrabung untersuchten Grabhügel von Dieskau in Verbindung.[1] Aufgrund einer fehlerhaften Lokalisierung der Fundstelle erscheint diese Hypothese mittlerweile jedoch unwahrscheinlich. Nach einer neueren Überlegung könnte es sich nach Harald Meller und Torsten Schunke auch um Grabbeigaben aus dem im 19. Jahrhundert zerstörten Grabhügel Bornhöck bei Raßnitz handeln, der in Sichtweite des vermeintlichen Fundplatzes der Goldgegenstände lag.[2]
Die Gegend um Dieskau ist äußerst reich an Funden der Aunjetitzer Kultur. An anderen Stellen des Ortes wurden 1904 und 1937 zwei weitere bedeutende Hortfunde (Depot II und Depot III) mit Gegenständen aus Bronze und Bernstein entdeckt. Außerdem befinden sich hier neben den oben genannten noch weitere (im 19. Jahrhundert weitgehend abgetragene) Grabhügel, darunter bspw. der Hallberg zwischen Benndorf und Osmünde.
Zusammensetzung
Das Depot bestand ursprünglich wahrscheinlich aus 13 Gegenständen. Von diesen gelangten nur fünf ins Museum für Vor- und Frühgeschichte nach Berlin. Der Rest wurde von den Zwischenhändlern vermutlich anderweitig verkauft oder eingeschmolzen. Von den erhaltenen Gegenständen bestehen vier aus Gold: eine Beilklinge, zwei Armbänder und ein Armring; hinzu kommt ein Ösenhalsring aus Elektron. Über die anderen acht Gegenstände liegen keine genaueren Informationen vor. Laut einem Akteneintrag könnte es sich unter anderem um Golddraht gehandelt haben. Die erhaltenen Gegenstände haben ein Gesamtgewicht von 635,5 g; es handelt sich um den größten bekannten Goldhort der mitteldeutschen Frühbronzezeit.
Literatur
- Wilhelm Albert von Brunn: Die Hortfunde der frühen Bronzezeit aus Sachsen-Anhalt, Sachsen und Thüringen (= Schriften der Sektion für Vor- und Frühgeschichte/Deutsche Akademie der Wissenschaften zu Berlin. Band 7/1). Akademie-Verlag, Berlin 1959.
- Juliane Filipp, Martin Freudenreich: Dieskau Revisited I. Nachforschungen zur »Lebensgeschichte« des Goldhortes von Dieskau und zu einem weiteren Grabhügel mit Goldbeigabe bei Osmünde im heutigen Saalekreis, Sachsen-Anhalt. In: Harald Meller et al. (Hrsg.): Metalle der Macht – Frühes Gold und Silber. 6. Mitteldeutscher Archäologentag vom 17. bis 19. Oktober 2013 in Halle (Saale) (= Tagungen des Landesmuseums für Vorgeschichte Halle. Band 11/II). Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt Halle 2014, ISBN 978-3-944507-13-2, S. 743–752 (Online).
- Martin Jahn: Ein kultureller Mittelpunkt bei Halle/Saale während der frühen Bronzezeit. In: Jahresschrift für mitteldeutsche Vorgeschichte. Band 34, 1950, S. 81–89.
- Harald Meller: Fürsten, Goldwaffen und Armeen. Überlegungen zum Goldfund von Dieskau und dessen möglicher Herkunft aus dem frühbronzezeitlichen Großgrabhügel Bornhöck bei Dieskau, Saalekreis. In: Harald Meller, François Bertemes (Hrsg.): Der Aufbruch zu neuen Horizonten. Neue Sichtweisen zur europäischen Frühbronzezeit. Abschlusstagung der Forschergruppe FOR550 vom 26. bis 29. November 2010 in Halle (Saale) (= Tagungen des Landesmuseums für Vorgeschichte Halle. Band 19). Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt, Halle (Saale) 2020, ISBN 978-3-948618-03-2, S. 101–112.
- Harald Meller (Hrsg.), Regine Maraszek, Juraj Lipták: Bronzerausch. Spätneolithikum und Frühbronzezeit (= Begleithefte zur Dauerausstellung im Landesmuseum für Vorgeschichte Halle Band 4). Landesmuseum für Vorgeschichte, Halle (Saale) 2011, ISBN 978-3-939414-58-2, S. 188–189.
Weblinks
- Museum Digital: Landesmuseum für Vorgeschichte Halle – Depotfund I von Dieskau
- Jan-Heinrich Bunnefeld: Juli 2021: Dieskau – ein zentraler Ort der frühen Bronzezeit. Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt.
Einzelnachweise
- Bertold Schmidt, Waldemar Nitzschke: Ein frühbronzezeitlicher »Fürstenhügel« bei Dieskau im Saalekreis. Vorbericht. In: Ausgrabungen und Funde. Band 25, 1980, S. 179–183.
- Harald Meller, Torsten Schunke: Die Wiederentdeckung des Bornhöck – Ein neuer frühbronzezeitlicher »Fürstengrabhügel« bei Raßnitz, Saalekreis. Erster Vorbericht. In: Harald Meller et al. (Hrsg.): Arm und Reich – Zur Ressourcenverteilung in prähistorischen Gesellschaften. 8. Mitteldeutscher Archäologentag vom 22. bis 24. Oktober 2015 in Halle (Saale) (= Tagungen des Landesmuseums für Vorgeschichte Halle. Band 14/I). Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt Halle 2016, ISBN 978-3-944507-45-3, S. 460 (Online).