Default Mode Network
Als Default Mode Network (englisch, DMN, dt. Ruhezustandsnetzwerk) bezeichnet man eine Gruppe von Gehirnregionen, die beim Nichtstun aktiv werden und beim Lösen von Aufgaben deaktiviert werden. Die Ruheaktivität dieser Hirnregionen lässt sich mit fMRT (v. a. Resting state fMRI), PET, EEG und MEG nachweisen.
Die Aktivität dieser Hirnregionen ist korreliert. Deshalb wird diese Gruppe von synchron aktiven Hirnregionen als Netzwerk aufgefasst. Das Netzwerk kann mit dem mathematischen Werkzeug Graphentheorie beschrieben werden. Zu den beteiligten Hirnregionen gehören der mediale präfrontale Cortex, Praecuneus, Teile des Gyrus cinguli sowie – schwächer angebunden – der Lobulus parietalis superior des Scheitellappens und der Hippocampus.
Das DMN wird unter anderem dann aktiv(er), wenn ein Mensch tagträumt, Zukunftspläne macht usw. Es ermöglicht das sogenannte reizunabhängige Denken (engl. stimulus-independent thought).
Es konnte gezeigt werden, dass die anatomische und funktionelle Konnektivität des Gehirns im Bereich des Default Mode Networks am stärksten überlappt. Dies wurde so interpretiert, dass der anatomische Aufbau des Gehirns eine Aktivierung des Netzwerks in Zuständen begünstigt, in welchen keine aufgabenspezifische Anforderung besteht (in Ruhe-Zuständen).[1]
Entdeckung
Das Default Mode Network wurde 2001 entdeckt, als Neurowissenschaftler die aktivierten Gehirnareale im vermeintlichen Ruhezustand mit geschlossenen Augen oder ruhig auf einen Punkt fixiertem Blick mit denen verglichen, die während der Lösung von konkreten Aufgaben aktiviert waren. Sie fanden Gebiete, die im Ruhezustand aktiver waren als bei der Konzentration. Nachdem sie Fehldarstellungen ausgeschlossen hatten, erkannten sie, dass das Gehirn Hintergrundaktivitäten zeigt, die im Ruhezustand vorherrschen, aber bei der Konzentration auf konkrete Funktionen heruntergefahren werden.[2]
Klinische Relevanz
Bei einigen neurologischen und psychiatrischen Erkrankungen hat man Veränderungen im DMN gefunden (u. a. Alzheimer-Krankheit, Depression und Schizophrenie).
Literatur
- M. Pievani, W. de Haan, T. Wu, W. W. Seeley, G. B. Frisoni: Functional network disruption in the degenerative dementias. In: The Lancet Neurology. Band 10, Nummer 9, September 2011, ISSN 1474-4465, S. 829–843, doi:10.1016/S1474-4422(11)70158-2, PMID 21778116 (Review).
- A. Otti, H. Gündel, A. Wohlschläger, C. Zimmer, C. Sorg, M. Noll-Hussong: „Default-mode“-Netzwerk des Gehirns. In: Der Nervenarzt. Band 83, Nummer 1, Januar 2012, ISSN 1433-0407, S. 16–24, doi:10.1007/s00115-011-3307-6, PMID 21584789 (Review).
- Grodd, W. & Beckmann, C: Funktionelle MRT des Gehirns im Ruhezustand. In: Der Nervenarzt (2014) 85: 690. doi:10.1007/s00115-014-4013-y, PMID 24849117.
- Grodd, W. & Beckmann, C: Kap. 15, Resting-State-fMRT. In: Frank Schneider, Gereon R. Fink (Hrsg.): Funktionelle MRT in Psychiatrie und Neurologie, 2., überarbeitete und aktualisierte Auflage 2013, Springer-Verlag Berlin Heidelberg, ISBN 978-3-642-29799-1, ISBN 978-3-642-29800-4 (eBook), doi:10.1007/978-3-642-29800-4
Weblinks
- Deutschlandfunk: Was beim Tagträumen im Gehirn geschieht (Oktober 2013)
- Spektrum der Wissenschaft: Im Kopf herrscht niemals Ruhe (Juni 2010, PDF kostenfrei abrufbar)
- Steve Ayan: Die Vorteile des Tagträumens, Gehirn & Geist, Heft 4/2016.
Videos
- Geist & Gehirn: Das Gehirn beim Nichtstun
Einzelnachweise
- A. Horn, D. Ostwald, M. Reisert, F. Blankenburg: The structural-functional connectome and the default mode network of the human brain. In: NeuroImage. 2013. doi:10.1016/j.neuroimage.2013.09.069.
- Marcus E. Raichle et al.: A default mode of brain function. In: PNAS, vol. 98 no. 2 (16. Januar 2001), S. 676–682