Dattelmuschel
Die Dattelmuschel (Pholas dactylus) oder Große Bohrmuschel[1] ist eine im Hartsubstrat bohrende Muschel-Art aus der Familie der Bohrmuscheln (Pholadidae) innerhalb Ordnung der Myida.
Dattelmuschel | ||||||||||||
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Pholas dactylus (Linnaeus, 1758) | ||||||||||||
Systematik | ||||||||||||
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Wissenschaftlicher Name | ||||||||||||
Pholas dactylus | ||||||||||||
Linnaeus, 1758 |
Merkmale
Das aufgeblähte, annähernd gleichklappige Gehäuse ist im Umriss länglich-elliptisch. Es wird bis zu 150 Millimeter lang. Es ist stark ungleichseitig, die Wirbel sitzen deutlich vor der Mittellinie. Das Vorderende verjüngt sich finger- oder schnabelförmig, das Hinterende ist gleichmäßig gerundet. Das Gehäuse klafft permanent an beiden Enden. Der Ventralrand vom Hinterende bis etwa auf Höhe des Wirbels verläuft nahezu gerade. Der obere Rand ist in zwei Lagen nach außen und oben umgeschlagen. Während der Umschlag der unteren Schicht der Klappe direkt aufliegt, steht die zweite Schicht frei ab. Der Zwischenraum ist durch 9 bis 14 senkrechte Septen unterteilt. Zwischen den beiden Klappen bilden sich mit Protoplax, Mesoplax und Metaplax zusätzliche Schalenplatten aus.
Das Ligament sitzt innen auf einem vorspringenden Chondrophor. Der innere Rand ist glatt. Die breite Mantelbucht erstreckt sich bis zur Mittellinie des Gehäuses. Der vordere Schließmuskel setzt auf dem Schalenumschlag an. Die Fußmuskeln sitzen in jeder Klappe auf einem kleinen Fortsatz.
Die weißliche Schale ist spröde und mäßig festschalig. Die Ornamentierung besteht aus konzentrischen Rippen und vorne mit zusätzlich etwa 40 radialen Rippen. Die Kreuzungsstellen von konzentrischen und radialen Rippen sind zu kräftigen Dornen ausgezogen. Der Rand um die Fußöffnung ist daher kräftig gezähnelt. Das Periostrakum ist gelblich bis hellbraun.
Geographische Verbreitung, Lebensraum und Lebensweise
Das Verbreitungsgebiet der Dattelmuschel ist nach aktuellem Stand disjunkt, wenn man die Synonymisierung von Pholas jordani Van Hoepen, 1941, eine Art die für Südafrika beschrieben wurde, mit Pholas dactylus Linnaeus, 1758 für gültig annimmt[2][3]. Ihr Hauptverbreitungsgebiet liegt in der nördlichen Hemisphäre. Dort erstreckt es sich von Norwegen, über die Britischen Inseln, die Nordsee, entlang der ostatlantischen Küsten Westeuropas und Westafrikas bis Marokko, das die südliche Grenze des Verbreitungsgebiet in der nördlichen Halbkugel bildet[4]. Ostwärts dringt die große Bohrmuschel ins Mittelmeer ein und erreicht das Schwarze Meer[5][6]. Sie kommt auch auf den Kanarischen Inseln vor. Südlich von Marokko entlang der atlantischen Küste Westafrikas und Zentralafrika ist die Art nicht vorzufinden; erst in Südafrika erscheint sie wieder.
Die Dattelmuschel bohrt bevorzugt in Festsedimenten (Tonerde, Mergel und Kalkstein) und harten Gesteinen wie Schiefer, aber auch in Torf und Holz. Sie lebt tief in diesen Bohrlöchern, in denen sie sich durch mechanische Aktion hineinbohrt[4]. Die langen Siphonen werden bis an die Öffnung des Bohrloches herangeführt. Bei Störung sondern Mantel und Siphonen einen Schleim ab, der fluoreszierend ist. Sie kommt vom Gezeitenbereich bis in etwa zehn Meter Wassertiefe vor.
Taxonomie
Das Taxon wurde schon 1758 von Carl von Linné in der heutigen Form Pholas dactylus in die wissenschaftliche Literatur eingeführt.[7] Es ist die Typusart der Gattung Pholas Linnaeus, 1758.[8]
Belege
Literatur
- S. Peter Dance, Rudo von Cosel (Bearb. der deutschen Ausgabe): Das große Buch der Meeresmuscheln. 304 S., Verlag Eugen Ulmer, Stuttgart, 1977 ISBN 3-8001-7000-0 (S. 272/73)
- Rudolf Kilias: Lexikon Marine Muscheln und Schnecken. 2. Aufl., 340 S., Verlag Eugen Ulmer, Stuttgart 1997 ISBN 3-8001-7332-8 (S. 249/51)
- Fritz Nordsieck: Die europäischen Meeresmuscheln (Bivalvia). Vom Eismeer bis Kapverden, Mittelmeer und Schwarzes Meer. 256 S., Gustav Fischer Verlag, Stuttgart 1969 (S. 153)
- Guido Poppe, Yoshihiro Goto: European Seashells Volume 2 (Scaphopoda, Bivalvia, Cephalopoda). 221 S., Verlag Christa Hemmen, Wiesbaden 1993 (2000 unv. Nachdruck), ISBN 3925919104 (S. 132)
- Rainer Willmann: Muscheln der Nord- und Ostsee. 310 S., Neumann-Neudamm, Melsungen 1989 ISBN 3-7888-0555-2 (S. 190/91)
Online
- Marine Bivalve Shells of the British Isles: Pholas dactylus Linnaeus, 1758 (Website des National Museum Wales, Department of Natural Sciences, Cardiff)
Einzelnachweise
- Fritz Gosselck, Alexander Darr, Jürgen H. J. Jungbluth, Michael Zettler: Trivialnamen für Mollusken des Meeres und Brackwassers in Deutschland. Mollusca, 27(1): 3-32, 2009 PDF
- M. Huber: Compendium of bivalves. A full-color guide to 3,300 of the world's marine bivalves. A status on Bivalvia after 250 years of research. In: Hackenheim (Hrsg.): ConchBooks. S. 901 pp.
- WoRMS - World Register of Marine Species - Pholas jordani van Hoepen, 1941. Abgerufen am 18. Juni 2021.
- E. H. Pinn, C. A. Richardosn und R. C. Thompson: Burrow morphology, biometry, age and growth of piddocks (Mollusca: Bivalvia: Pholadidae) on the south coast of England. Hrsg.: Marine Biology. Band 147, Nr. 4, 2005, S. 943–953.
- V. V. Murina und J. N. Artemjeva: Phenology of molluscan pelagic larvae from the southern coastal waters of Crimea. Hrsg.: Scientia Marina. Band 61, suppl. 29, 1997, S. 55–58.
- D. Micu: Recent records of Pholas dactylus (Bivalvia: Myoida: Pholadidae) from Romanian Black Sea, with considerations on its habitat and proposed IUCN regional status. Hrsg.: Acta Zoologica Bulgarica. Band 59, 2007, S. 267–273.
- Carl von Linné: Systema naturae per regna tria naturae, secundum classes, ordines, genera, species, cum characteribus, differentiis, synonymis, locis. Tomus I. Editio decima, reformata. S. 1–824, Holmia/Stockholm, Salvius, 1758. Online bei www.biodiversitylibrary.org (S. 669).
- MolluscaBase: Pholas dactylus Linnaeus, 1758