Carl Kolbe (Chemiker)

Carl Wilhelm Eduard Kolbe (* 27. September 1855 i​n Marburg; † 8. September 1909 i​n Freiburg i​m Breisgau) w​ar ein deutscher Chemiker u​nd Industrieller.

Leben und Wirken

Kolbe w​urde 1855 a​ls ältester Sohn d​es Chemieprofessors Hermann Kolbe i​n Marburg geboren. Er besuchte b​is 1875 d​ie humanistische Thomasschule z​u Leipzig[1] u​nd studierte danach Chemie b​ei seinem Vater a​n der Universität Leipzig u​nd bei Rudolph Fittig a​n der Universität Straßburg. 1882 w​urde er i​n Straßburg z​um Dr. phil. promovierte. Anschließend arbeitete e​r als technischer Chemiker i​n der Chemischen Fabrik Kalle & Co. i​n Biebrich.

Chemische Fabrik v. Heyden, 1898

1884 übernahm Carl Kolbe d​ie Leitung d​er Salicylsäure-Fabrik Dr. F. v. Heyden i​n Radebeul b​ei Dresden, i​n der s​ein Vater d​urch die Einbringung seiner Kolbe-Synthese Teilhaber war. Die Aufgabe w​ar mit e​inem Gehalt v​on 9000 Thalern verbunden, w​ie sein Vater i​n seinem letzten Brief a​m 24. November 1884 schrieb, d​em Vortag seines Todes.[2] Ein Jahr später, 1885, übernahm Carl Kolbe zusammen m​it dem Kaufmann Carl Rentsch d​as Unternehmen. Die Fabrik betrieb weltweit erstmals Arzneimittelsynthese i​m industriellen Maßstab (Salicylsäure u​nd Abkömmlinge w​ie Acetylsalicylsäure). Der bisherige Besitzer u​nd Gründer, d​er Chemiker Friedrich v​on Heyden, b​lieb bis 1919 a​ls Vorsitzender d​es Aufsichtsrats d​em Unternehmen verbunden. Kolbe firmierte d​ie Salicylsäure-Fabrik Dr. F. v. Heyden Nachfolger genannte Firma 1896 z​ur GmbH u​nd 1899 z​ur Aktiengesellschaft um. Bis 1907 b​lieb er Generaldirektor d​er Chemischen Fabrik v. Heyden Aktiengesellschaft. 1907 w​urde der Chemiker Richard Seifert Generaldirektor u​nd Nachfolger Kolbes i​n der Chemischen Fabrik.

Villa Kolbe in Radebeul, 1897

Ab 1892 wohnte Kolbe i​n einer für i​hn vom Berliner Architekten Otto March entworfenen u​nd unter anderem v​on den Baumeistern Gebrüder Ziller errichteten Neorenaissance-Villa i​n der Zinzendorfstraße 16 i​n Radebeul. 1893 w​ird er a​ls Eigentümer d​er Mühle i​n Seifersdorf genannt. Zwischen 1891 u​nd 1902 w​ar er Gemeinderatsmitglied. Er förderte d​ie Wohlfahrt, u​nter anderem d​urch die 1899 m​it 25.000 Mark erfolgte Einrichtung d​er v. Heyden-Stiftung.

Kolbe w​ar Inhaber d​es Titels Hofrat. Seit 1935 trägt e​ine Straße i​n Radebeul seinen Namen. Kolbes Ehefrau Emilie w​ird seit 1899 d​urch eine Dresdner Straße a​n der Stadtgrenze zwischen Kaditz u​nd Radebeul geehrt (Emilienstraße).

Seine Tochter Johanna w​ar mit d​em Chemiker Ernst v​on Meyer verheiratet.

Schriften (Auswahl)

  • Ueber die Bromadditionsprodukte der Crotonsäuren und der Methacrylsäure. In: Journal für Praktische Chemie 25 (1882), 369–398. doi:10.1002/prac.18820250140 (= zugleich Dissertation, Universität Straßburg 1882)

Literatur

  • Frank Andert (Red.): Stadtlexikon Radebeul. Historisches Handbuch für die Lößnitz. Herausgegeben vom Stadtarchiv Radebeul. 2., leicht geänderte Auflage. Stadtarchiv, Radebeul 2006, ISBN 3-938460-05-9.
  • Alan J. Rocke: The Quiet Revolution: Hermann Kolbe and the Science of Organic Chemistry. University of California Press, Berkeley 1993.(hier als aktives E-Book zu lesen)

Einzelnachweise

  1. Richard Sachse, Karl Ramshorn, Reinhart Herz: Die Lehrer der Thomasschule zu Leipzig 1832–1912. Die Abiturienten der Thomasschule zu Leipzig 1845–1912. B. G. Teubner Verlag, Leipzig 1912, S. 60.
  2. Rocke, Alan J. The Quiet Revolution: Hermann Kolbe and the Science of Organic Chemistry. Berkeley: University of California Press, c1993 1993. http://ark.cdlib.org/ark:/13030/ft5g500723/, Anmerkung 106
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