Boxhagen-Rummelsburg
Boxhagen-Rummelsburg war von 1889 bis 1912 eine Landgemeinde im Landkreis Niederbarnim. Das Gebiet der früheren Landgemeinde ist nach 1938 in den heutigen Berliner Ortsteilen Friedrichshain (Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg) sowie Rummelsburg (Bezirk Lichtenberg) aufgegangen.
Lage
Die Gemeinde lag auf dem Gebiet der heutigen Ortsteile Friedrichshain und Rummelsburg. Sie erstreckte sich über einen Streifen von etwa fünf Kilometern Länge in Nordwest-Südost-Richtung, der selten mehr als einen Kilometer Breite erreichte. Zur Gemeinde gehörte westlich der Ringbahn das Gebiet zwischen der Simon-Dach-Straße im Westen, der Simplonstraße im Süden, dem Straßenzug Boxhagener Straße – Wismarplatz – Weserstraße an der Grenze zu Friedrichsberg im Norden, sowie der heutige Bahnhof Ostkreuz. Östlich der Ringbahn lagen die Grenzen des Gemeindegebietes nördlich der heutigen Kaskel- und Lückstraße und weiter etwas nördlich der Eisenbahnlinie nach Frankfurt (Oder) bis in Höhe Blockdammweg; im Süden bildeten Spree und Rummelsburger See eine natürliche Grenze. Siedlungsschwerpunkte waren bei Gemeindegründung die Kolonie um das Vorwerk Boxhagen, Rummelsburg, die Victoriastadt und die Kolonie Lichtenberger Kietz.[1]
Geschichte
Die erste urkundliche Erwähnung Boxhagens datiert aus dem 14. Jahrhundert, damals Buchshagen geschrieben, es war ein von Berliner Bürgern gern benutztes Wiesengelände vor ihrer Stadt. Als Vorwerk (mit Meierei) von Berlin erschien es 1591 erstmals in den Akten, danach wechselte die Ansiedlung mehrfach ihren Besitzer. Auf einer historischen Karte von Alt-Berlin und Umgebung des Jahres 1778 ist die kleine Ansiedlung als Buckshagen eingezeichnet.[2] Im Jahr 1808 kam das Vorwerk mit der Kolonie Boxhagen außerhalb der Grenzen Berlins zum Landkreis Niederbarnim als Gutsbezirk Boxhagen. Im statistischen Taschenbuch von 1830 sind für Boxhagen (damals Bockshagen) lediglich 16 Häuser vermerkt.[3]
Die eigenständige Landgemeinde Boxhagen-Rummelsburg entstand im Jahr 1889. Adolph Schlicht wurde Gemeindevorsteher und übte dieses Amt bis 1901 aus. In den folgenden Jahren setzte eine umfangreiche Wohn- und Industriebebauung ein. Erwähnenswert ist beispielsweise die Ansiedlung der Knorr-Bremse in der heutigen Neuen Bahnhofstraße. Der Bahnhof Ostkreuz trug von seiner Eröffnung im Jahr 1882 bis 1933 den Namen Stralau-Rummelsburg. Das Rathaus der Gemeinde entstand an der Türrschmidtstraße in der Victoriastadt und beherbergt seit 2006 als Stadthaus das Heimatmuseum des Bezirks Lichtenberg.[4]
Später entstanden auch Wohnensembles für wohlhabendere Bürger inmitten des Arbeiterbezirks. So errichtete die Friedrichsberger Bank ab 1911 die Häuser an der Knorrpromenade. Bereits zwischen 1904 und 1906 war an der Sonntagstraße die Beamtenwohnsiedlung Helenenhof entstanden.
Ab 1912 gehörte die Landgemeinde dann zur Stadt Lichtenberg. Bei der Bildung von Groß-Berlin im Jahr 1920 wurde Lichtenberg mitsamt Boxhagen-Rummelsburg nach Berlin eingemeindet. Bei einer Verwaltungsreform 1938 kamen die westlich der Ringbahn gelegenen Teile zu Friedrichshain, damals Verwaltungsbezirk Horst Wessel genannt.
Der östlich der Ringbahn gelegene Teil von Boxhagen-Rummelsburg verblieb in Lichtenberg, er gehört seit der Berliner Verwaltungsreform im Jahr 2001 zum Ortsteil Rummelsburg des Bezirks Lichtenberg.
An die Ansiedlung Boxhagen westlich der Ringbahn erinnert nur noch wenig. Das Gebiet ist fast völlig in der Friedrichshainer Bebauung aufgegangen. Das Vorwerk Boxhagen ist komplett verschwunden. An die ursprüngliche Bebauung der Kolonie erinnern lediglich die Häuser Boxhagener Straße 70–72.[5] Verblieben sind die Straßennamen Boxhagener Platz und Boxhagener Straße. Die evangelische Kirchengemeinde, zu der der Bereich des ehemaligen Gutsbezirks Boxhagen gehört, trägt den Namen Boxhagen-Stralau. Manche durchgehenden Straßenzüge ändern bis heute an den einstigen Gemeindegrenzen ihre Bezeichnung.
Bau- und Gartendenkmale
Viele Bauten aus der Geschichte Boxhagen-Rummelsburgs befinden sich auf der Berliner Denkmalliste.
Eine Auswahl:
- Bauensemble Gabriel-Max-Straße 3 und 20
- Gesamtanlage Knorr-Bremse, Neue Bahnhofstraße
- Ensemble Industriebauten Boxhagener Straße 73
- Cyklon-Maschinenfabrik Boxhagener Straße 80
- Gartendenkmal Boxhagener Platz
- Kaiserin-Augusta Viktoria-Krankenhaus und Bundesanstalt für Arbeitsmedizin, Nöldnerstraße 40
- Jahn-Realprogymnasium, Marktstraße 2
- Werkstattgebäude (ehemalige Wagenfedernschmiede), Spittastraße
- Offenbarungskirche in Boxhagen, Simplonstraße 31–37, evangelische Kirche in teils serieller Bauweise nach einem Entwurf von Otto Bartning, Teil eines Notkirchenprogramms nach dem Zweiten Weltkrieg
- Erlöserkirche in der Nöldnerstraße
- Ensemble Pfarrstraße
- Helenenhof, Wohnanlage zwischen Simplon- und Sonntagstraße, 1903–1905 von Erich Köhn
- Schrotkugelturm in der Nöldnerstraße
Persönlichkeiten
Söhne und Töchter der Gemeinde
- Adolph Schlicht (1840–1910), Amts- und Gemeindevorsteher von Boxhagen-Rummelsburg
- Hanns Bobermin (1903–1960), SS-Führer und verurteilter Kriegsverbrecher der Nürnberger Prozesse
- Herbert Kebelmann (1907–1996), Filmregisseur, -produzent und Kameramann
- Alfred Kowalke (1907–1944), Widerstandskämpfer gegen den Nationalsozialismus
- Margarete Steffin (1908–1941), Schauspielerin
- Arthur Weisbrodt (1909–1944), Widerstandskämpfer gegen den Nationalsozialismus
Mit Boxhagen-Rummelsburg verbundene Persönlichkeiten
- Carl Alexander von Martius (1838–1920), Mitgründer der Gesellschaft für Anilinfabrikation in Rummelsburg
- Paul Mendelssohn Bartholdy der Ältere (1841–1880), Mitgründer der Gesellschaft für Anilinfabrikation in Rummelsburg
- Heinrich Zille (1858–1929), Maler und Grafiker, lebte von 1883 bis 1892 in Rummelsburg
- Georg Knorr (1859–1911), Gründer der Knorr-Bremse GmbH in der Neuen Bahnhofstraße
- Oskar Maretzky (1881–1945), stellvertretender Bürgermeister von Boxhagen-Rummelsburg
Weblinks
Einzelnachweise
- Kathrin Chod: Boxhagen, Vorwerk und Kolonie. In: Hans-Jürgen Mende, Kurt Wernicke (Hrsg.): Berliner Bezirkslexikon, Friedrichshain-Kreuzberg. Luisenstädtischer Bildungsverein. Haude und Spener / Edition Luisenstadt, Berlin 2002, ISBN 3-89542-122-7 (luise-berlin.de – Stand 7. Oktober 2009).
- Karte 1778. ZLB Berlin (Seite nicht mehr abrufbar, Suche in Webarchiven) Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. abgerufen am 27. Dezember 2013.
- J. G. Helling: Geschichtlich-statistisch-topographisches Taschenbuch von Berlin und seinen nächsten Umgebungen. 1830.
- Geschichte des Lichtenberger Heimatmuseums. Website des Bezirksamts; abgerufen am 29. Januar 2019.
- Berliner Landesdenkmalliste: Boxhagener Straße 70–72