Boxcab-Lokomotive
Eine Boxcab-Lokomotive, von englisch Box „Schachtel“ und Cab „Führerhaus“, ist eine Lokomotive mit einem quaderförmigen Aufbau ohne jegliche aerodynamische Gestaltung der Fahrzeugenden. Der Begriff ist vor allem in Nordamerika verbreitet, wo solche Lokomotiven in den 1910er und 1920er Jahre gebaut wurden. Die meisten Boxcab-Lokomotiven waren Diesel- oder Elektrolokomotiven, es gab aber auch einige Dampflokomotiven im Boxcab-Design.
Diesellokomotiven
Die ältesten Lokomotiven in Boxcab-Ausführung mit Verbrennungsmotoren waren vier von 1913 bis 1915 an die Minneapolis, Northfield and Southern Railway gelieferte Lokomotiven mit Benzinmotoren.[1] Die meisten Diesellokomotiven im Boxcab-Design entstanden vor dem Zweiten Weltkrieg. Sie wurden Oil-Electric Locomotives „öl-elektrische Lokomotiven“ genannt, damit das nach dem Ersten Weltkrieg unpopuläre deutsche Wort Diesel nicht verwendet werden musste.[2]
Die erste größere Serie waren die ALCO-Boxcab-Lokomotiven – kleine Diesellokomotiven für den Rangierdienst in den Güterbahnhöfen von New York City. Sie wurden ab 1925 in Serie gebaut, nachdem der 1923 verabschiedete Kaufman-Act den Einsatz von Dampflokomotiven innerhalb der Stadtgrenzen ab Januar 1926 verbot. Der Hersteller war ein Konsortium bestehend aus American Locomotive Company (ALCo), General Electric (GE) und Ingersoll Rand (IR) gebildet wurde. GE war für die Elektrik, ALCo für den mechanischen Teil und IR für den Dieselmotor zuständig. Die Kühlanlagen waren auf dem Dach angeordnet und anfänglich ungenügend, bis eine Zwangslüftung mit zwei elektrisch betriebenen Radiallüftern eingeführt wurde.
ALCo verließ das Konsortium 1928 und entwickelte zusammen mit dem eigenen Dieselmotorhersteller McIntosh & Seymour Lokomotiven der Baureihe HH mit Endführerstand und Vorbauten. General Electric und Ingersoll Rand bauten weiter die GE-Boxcab-Lokomotiven. Einige Lokomotiven wurden für die New York Central Railroad als Mehrkraftlokomotiven gebaut. Die GE-Dreikraft-Boxcab-Lokomotive genannten Lokomotiven konnten sowohl mit Dieselantrieb, mit Strom aus der dritten Schiene, wie auch mit Batteriebetrieb fahren. Letzterer wurde beim Rangieren in Fabrikhallen verwendet, wo keine Abgasemissionen zulässig waren. Der Elektrobetrieb diente für die Fahrt durch die Tunnels auf der Zufahrt zu New York. Diese Lokomotiven wurden auch für die Zustellung von Güterwagen auf der High Line eingesetzt.
Elektrolokomotiven
Elektrolokomotiven in Boxcab-Ausführung wurden ab den 1910er-Jahren eingesetzt. Sie kamen vor allem bei frühen Elektrischen Bahnen in Nordamerika zum Einsatz, wie zum Beispiel bei der Pennsylvania Railroad, dem elektrischen Betrieb durch den Cascade-Tunnel der Great Northern Railway, der Milwaukee Road, der New York, New Haven and Hartford Railroad und der Virginian Railway zum Einsatz. In Kanada kamen elektrische Boxcab-Lokomotiven bei den Strecken durch den Mont-Royal-Tunnel und den St. Clair-Tunnel zum Einsatz.
In Europa baute vor allem Frankreich Boxcab-Lokomotiven. Die Ausführung erfolgte meist durch Alstom, welche die General Electric-Tochtergesellschaft Compagnie Francaise Thomson-Houston übernommen hatte.
Weblinks
- S. Berliner, III: Boxcab Pages. Abgerufen am 17. Juni 2016.
Einzelnachweise
- Brian Solomon: American Diesel Locomotives. Voyageur Press, ISBN 978-1-61060-605-9, S. 34 (Google Buch [abgerufen am 14. Juni 2016]).
- Mark Garrett: Encyclopedia of Transportation: Social Science and Policy. SAGE Publications, 2014, ISBN 978-1-4833-4651-9, S. 469 (Google Buch [abgerufen am 14. Juni 2016]).