Blowout (Tiefbohrtechnik)
Als Blowout wird ein unkontrolliertes Austreten von Bohrspülung, Erdöl und/oder Erdgas aus einem Bohrloch einer Bohr- oder Förderanlage bezeichnet. Auch das unkontrollierte Ausströmen von Gas oder Öl aus einer Speicherkaverne kann so bezeichnet werden, wenn es heftig stattfindet. Oft entzündet sich das Öl bzw. Gas bei einem Blowout-Ereignis. Der Auslöser für ein Blowout-Ereignis ist im Allgemeinen ein Unfall oder auch eine militärische Aktion. Bis in die 1920er Jahre gab es noch keine Konzepte zur Verhinderung von Blowouts, die man auch „gusher“ nannte.
Entstehung und Auswirkungen
Öl- und Erdgaslagerstätten befinden sich unter gas- und flüssigkeitsdichtem Deckgebirge. Aufgrund der Last dieser Gesteinsmassen steht die darunter befindliche Gas- und Flüssigkeitsblase unter hohem Druck.
Dieser Druck wird bei der Bohrung kompensiert, indem das Bohrloch während der Bohrung mit Bohrflüssigkeit einer hohen Dichte ausgefüllt ist; das Gewicht dieser Flüssigkeitssäule erzeugt einen hydrostatischen Gegendruck. Im Verlauf von Öl- bzw. Gasbohrungen kommt es bisweilen zu unerwarteten Druckanstiegen durch nahegelegene Gas- oder Ölreservoire, die in das Bohrloch drücken.
Dies wird Kick genannt[1] und erfordert eine unmittelbare Reaktion von Seiten des Bohrpersonals. Ein Kick kann durch Druckmessungen und/oder durch Beobachtung der Bohrflüssigkeitsmenge erkannt werden. Wichtigstes Element zur Beherrschung derartiger Druckanstiege ist der Blowout-Preventer, der als Reihe von kombinierten Absperreinrichtungen direkt über dem Bohrloch montiert ist.
Gelingt es nicht, den Kick zu stoppen, kommt es zum Blowout: Gas und/oder Öl strömen ungehindert ins Bohrloch und „blasen den Inhalt des Bohrlochs aus“. Die damit einhergehende Verdrängung der auflastenden Bohrflüssigkeit verschärft das Ungleichgewicht zunehmend.
Die Gefahr von Blowouts besteht darin, dass sich mit dem explosionsartig nach außen dringenden Flüssigkeitsstrom große Mengen Erdgas mit der Umgebungsluft zu einem hochexplosiven Gemisch verbinden; ein Funke oder heiße Gegenstände reichen aus, es zu entzünden. Da Erdöl und Gas nun ungehindert nachströmen, kommt es zu einem nur mit großem technischen Aufwand löschbaren Feuer. Dabei kann durch die Explosion und das Feuer die gesamte Bohranlage in kürzester Zeit zerstört werden.
Kann ein Blowout nicht gestoppt werden, gelangen große Mengen an Öl und Gas unkontrolliert in die Umwelt, wo zumindest das Öl beträchtliche ökologische Schäden verursacht.
Blowout-Ereignisse
- Hamm-Pelkum (Deutschland, 6. Juni 2018)[2][3][4][5][6]
- Elgin Wellhead Platform (Nordsee, 2012)
- Deepwater Horizon (Golf von Mexiko, 2010)
- Kuwait (Kuwait, 1991), Zweiter Golfkrieg: Das irakische Militär sprengte beim Abzug mehr als 700 Ölquellen.[7][8]
- Erdgasleck in der Nordsee (Schottische Küste, 1990, bis heute ungestoppt)
- Tengiz (Kasachstan/Sowjetunion, 1985)
- Frankenthal (Pfalz, Erdgasspeicher, 1980)
- IXTOC I (Golf von Mexiko, 1979)
- Ekofisk Bravo (Nordsee, 1977)
- Santa Barbara Oil Spill (Kalifornische Küste, 1969[9])
- Urta-Bulak (Usbekistan, 1963, beendet durch Kernwaffenexplosion)
- Marolterode (Thüringen/DDR, 1959)[10]
- Seria (Brunei, Juni 1945) Zweiter Weltkrieg: Japanisches Militär entzündet vor dem Abzug in Seria 37 Ölquellen.[11]
- Sonde von Moreni (Rumänien, 1929)
- Lakeview Gusher (Kalifornien/USA, 1910)
Siehe auch
- Tiefbohrung
- Top Kill
- Liste bedeutender Ölunfälle
- Unkontrolliertes Austreten größerer Mengen von (kontaminiertem) Wasser aus einem Bergwerk wird gelegentlich auch als Blowout bezeichnet. Siehe dazu den Bericht über einen solchen Vorfall an der "Gold King Mine" in Colorado, USA.[12]
Literatur
- R. Westergaard: All About Blowout. In: Norwegian Oil Review. 1987, ISBN 82-991533-0-1.
Weblinks
- FAZ: „Warum es so schwer ist, das Ölleck zu verkorken“ (27. April 2010)
Quellen
- oilfield.slb.com glossary: blowout
Einzelnachweise
- oilfield.slb.com glossary: kick
- http://lvbb-nrw.de/index.php/aktuelles/218-grubengasaustritt
- https://www.antenneunna.de/nachrichten/kreis-unna/nachrichten/art749,1542283
- https://www1.wdr.de/mediathek/video/sendungen/aktuelle-stunde/video-gasblase-in-hamm-angebohrt--100.html
- https://www1.wdr.de/nachrichten/ruhrgebiet/hamm-gasblase-100.html
- https://www.wa.de/hamm/pelkum-ort370530/tritt-gasleitung-aus-kamener-strasse-hamm-pelkum-gesperrt-9929305.html
- Spiegel-Artikel vom 16. Februar 2001
- Artikel des DLF zum zweiten Golfkrieg vom 2. August 2015
- The Santa Barbara Oil Spill: A Retrospective. (PDF) S. 4, abgerufen am 19. Mai 2016. Prof. C. Clarke und Graduate Student J. J. Hemphill, University of California, Santa Barbara
- Historischer Einsatz – Erdgaseruption bei Malterode. (PDF) Thüringer Feuerwehrverband – Offizielle Mitgliederinformation, Oktober 2009, S. 3, abgerufen am 30. April 2016. Anmerkung: Dieses Zitat ist aber wiederum ein Zitat aus der Zeitschrift „Unser Brandschutz“ Heft 1 von 1960.
- Australian Second World War Official Histories, Volume VII – The Final Campaigns (1st edition, 1963), Chapter 20 – Securing British Borneo, Seite 485
- Technical Evaluation of the Gold King Mine Incident. (PDF) U.S. Department of the Interior, Oktober 2015, S. 57, abgerufen am 19. Mai 2016.