Bildungs- und Kulturzentrum Peter Edel
Das Bildungs- und Kulturzentrum Peter Edel ist ein Seminar- und Kulturzentrum im Stadtteil Berlin-Weißensee. Das Gebäudeensemble mit dem Kleinen und Großen Saal steht teilweise unter Denkmalschutz.[1] 2020 wurde das Haus unter dem Namen Bildungs- und Kulturzentrum Peter Edel wiedereröffnet.[2] Bis 2020 hatte es den Namen Kreiskulturhaus Peter Edel.
Geschichte
Die Geschichte des Kreiskulturhauses geht bis in das 19. Jahrhundert zurück. 1885 errichtete der Gastwirt und Brauer Rudolf Sternecker auf dem Grundstück an der heutigen Berliner Allee einen Brauereibetrieb.[3] Auf dem Parkgelände mit dem Schloss Weißensee etablierte Rudolf Sternecker das Welt-Etablissement Schloss Weißensee. Im Jahr 1892 ging die Brauerei-Liegenschaft an der damaligen König-Chaussee Nr. 5 in den Besitz des Brauers Gustav Enders[4] über. Nach einer Meldung im Teltower Kreisblatt 1893 wurde über Sterneckers Vermögen ein Konkursverfahren eröffnet.[5] Nach Eröffnung dieses Verfahrens war Sternecker auf der Flucht.[5]
Gustav Enders reichte 1902 reichte beim Ortsvorsteher Heinrich Feldtmann einen Bauantrag für einen Großen Saal ein. Im Jahr 1908 folgte ein kleiner Saal, der die Restauration mit dem Großen Saal verband. Die Originalakten zur Liegenschaft befinden sich im Bauaktenarchiv des Bezirksamtes Pankow.[6] Federführender Architekt für Enders’ Projekte war Max Bing, Inhaber eines „Ateliers für Architektur und Bauausführungen“. Bing arbeitete gemeinsam mit seinem Architektenkollegen Heinrich Förstchen u. a. auch für den Kommerzienrat und Fabrikbesitzer Theodor Hildebrand, der die Schokoladenfabrik Theodor Hildebrand & Sohn begründete: Es handelte sich bei diesem Auftrag um ein Geschäftshaus in der Berliner Kronenstraße 17, das seinerzeit die sogenannte Berliner City-Architektur mit prägte und im Zweiten Weltkrieg zerstört wurde.[7]
Von der Entstehung bis in die heutige Zeit erlebte das Areal eine sehr wechselhafte Nutzung. Ab 1927 diente der große Saal beispielsweise als Kino. Die Lichtspiele Schloss Weißensee[8] wurden in jenem Jahr eröffnet, die ihren Betrieb bis in die 1950er Jahre fortführten.[9] Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges wurde 1946 unter sowjetischer Stadtkommandantur im Gebäudetrakt ein Volkshaus eingerichtet.[10] Ab 1962 entwickelte sich das Haus nach einer Sanierung zum Kreiskulturhaus Weißensee.[11]
Im Jahr 1984 erhielt das Kreiskulturhaus erhielt den Namen des deutschen Grafikers und Schriftstellers Peter Edel (1921–1983). Zwischenzeitlich änderte sich ebenfalls die Adresse des Grundstücks. Die ehemalige Anschrift „König-Chaussee 5“[4] hieß später „Klement-Gottwald-Allee 125“,[12] ab 1991 erfolgte die Rückbenennung zur Berliner Allee 125.
2007 schloss das Kulturhaus zunächst seine Pforten. Das Pankower Kulturamt versuchte, eine Nachnutzung zu vereinbaren.[13] Das Gebäude wurde ausgeschrieben, besonderes Interesse zeigte die Gesellschaft für Stadtentwicklung GmbH in Partnerschaft mit der Berliner Schule für Schauspiel,[14] die das Gelände zeitweilig nutzte.[15] 2012 wurde ein Erbbaurechtsvertrag zwischen den neuen Interessenten und dem Bezirksamt unterschrieben. Die Erwartung auf Fördermittel zur Sanierung konnte jedoch nicht erfüllt werden, sodass sich die Berliner Schule für Schauspiel aus dem Projekt zurückzog.
Die Weißenseer Bezirksverordnetenversammlung fasste am 13. September 2000 den Beschluss, dass der Name des Hauses in „Weißensee“ geändert werden sollte, da Edel unterstellt wurde, als informeller Mitarbeiter (IM) der DDR-Staatssicherheit tätig zu sein.[16] Eine Bürgerinitiative sowie eine Klage der PDS, wandten sich dagegen, da eine Umbenennung eine „Ermunterung für neofaschistische Kräfte“ darstellen würde.[17] Eine Umbenennung fand in der Folge nicht statt. Nach neuen Recherchen konnte der Vorwurf, dass Edel für die DDR-Staatssicherheit Menschen denunziert haben soll, nicht gehalten werden. Der neue Trägerverein des ehemaligen Kulturhauses erhielt beim Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik Einsicht in die Akten über Peter Edel. Sie beinhalten Aufzeichnungen von Gesprächen der MfS-Offiziere, Einschätzungen über seine Person und Personalunterlagen des Schriftstellerverbandes. Es wurde keine Aufzeichnung oder ein Bericht gefunden, den Edel selbst verfasst oder abgezeichnet hat.[18]
Das leerstehende Gebäude wurde in den Jahren 2007–2010[19] durch das Künstlerkollektiv Wallywoods genutzt.[20] Kulturorganisator und Galerist Paul Woods agierte dort gemeinsam mit zehn Künstlerinnen und Künstlern aus zehn Ländern.[21]
Nach Verhandlungen im Jahr 2016 übernahm der gemeinnützige Bildungsträger Kommunales Bildungswerk e. V. den Gebäudekomplex, um eine Bildungs- und Kulturstätte in Weißensee zu etablieren.[10] Die Baugenehmigung wurde am 23. Februar 2018 erteilt.[22]
Sanierung
Der nordöstliche Eckbereich eines zweigeschossigen Anbaus aus den 1980er Jahren wurde nach 2017 zurückgebaut.[10] Der denkmalgeschützte Große Saal wird seinem historischen Charakter entsprechend restauriert. Im ersten Stockwerk des alten Restaurantgebäudes entstand ein markanter Lichthof. Drei bemalte Wandpaneele aus der Wallywoods-Zeit sind erhalten geblieben und schmücken das Foyer.[23]
Wiedereröffnung
Am 11. Dezember 2019 wurde der Grundstein für eine Erweiterung mit einem neuen Seminar- und Bürotrakt gelegt.[24] Die Wiedereröffnung erfolgte nach und nach im Laufe des Jahres 2020. Das Haus wird neben dem Bildungsbetrieb des Trägervereins künftig auch für Kultur-, soziale und Nachbarschaftsangebote zur Verfügung stehen, so für Lesungen im „Literatursalon am Weißen See“. Im Erdgeschoss wird zusätzlich ein gastronomisches Angebot geschaffen.[25]
Weblinks
Einzelnachweise
- Landesdenkmalamt Berlin (Hrsg.): Denkmalliste. Berlin 2019.
- Bildungs- und Kulturzentrum Peter Edel. Abgerufen am 6. Oktober 2021.
- Weißer See. In: pankow-weissensee-prenzlauerberg.berlin. Abgerufen am 20. Februar 2020.
- König-Chaussee 5. In: Berliner Adreßbuch, 1905, Teil 5, S. 390.
- Johanna Niedbalski: Die ganze Welt des Vergnügens: Berliner Vergnügungsparks der 1880er bis 1930er Jahre. 1. Auflage. Bebra Verlag, 2018, ISBN 978-3-95410-212-9, S. 66.
- Bauaktenarchiv. Bezirksamt Pankow, berlin.de
- Stephan Waetzoldt: Bibliographie zur Architektur im 19. Jahrhundert – Aufsätze in den deutschsprachigen Architekturzeitschriften 1789–1918. Hrsg.: Stephan Waetzoldt. Kraus-Thompson Organization Limited, Nendeln, ISBN 3-262-00000-0, S. 2619.
- Lichtspieltheater. In: Amtliches Fernsprechbuch für Berlin – Branchen-Fernsprechbuch, 1941, S. 449.
- Weißensee Schlosspark-Lichtspiele. In: Kinowiki. Abgerufen am 20. März 2020.
- Bernd Wähner: Umbau beginnt mit Abriss: Das Kulturhaus an der Berliner Allee wird endlich saniert. In: Berliner Woche. 9. Januar 2018, abgerufen am 20. März 2020.
- Kreiskulturhaus Peter Edel. In: modernruins.de. Abgerufen am 20. März 2020.
- Klub- und Kulturhäuser. In: Branchen-Fernsprechbuch für die Hauptstadt der Deutschen Demokratischen Republik Berlin, 1985, S. 162 (Kreiskulturhaus Weißensee „Peter Edel“).
- Albrecht Molle: Kulturhaus zu verpachten. Neue Interessensbekundungen für „Peter Edel“. In: VorOrt – Zeitschrift für Stadterneuerung in Prenzlauer Berg und Pankow. Hrsg.: Mieterberatung Prenzlauer Berg, 2007; zlb.de (PDF)
- Albrecht Molle: Kulturhaus wird umgebaut. Bezirk und Schule für Schauspiel verhandeln Erbbauvertrag. In: VorOrt – Stadterneuerng in Prenzlauer Berg, Weißensee und Pankow. Hrsg.: Mieterberatung Prenzlauer Berg, Gesellschaft für Sozialplanung mbH, 2008; zlb.de (PDF)
- Anlage BR IX 3.3.1 Kultur. Anlagen zum Portrait der Bezirksregion IX - Weißensee. Bezirksamt Pankow von Berlin, 2014; zlb.de (PDF)
- taz.de
- Andreas Fritsche: Kulturhaus soll weiter Peter Edel heißen. In: Neues Deutschland. 8. Januar 2001, abgerufen am 20. März 2020.
- Peter Edel. In: peteredel.de. Abgerufen am 23. November 2021.
- Locations. In: Gallery Wallywoods Overview. Paul Woods, abgerufen am 20. März 2020 (englisch).
- A Short History of Wallywoods in Weißensee. In: Kulturförderverein Weißensee e. V. Abgerufen am 20. März 2020 (englisch).
- Kathrin Hülße: Leerstand im Visier. In: VorOrt – Zeitschrift für Stadterneuerung in Prenzlauer Berg und Pankow. Hrsg.: Mieterberatung Prenzlauer Berg, 2007; zlb.de (PDF)
- Kulturhaus Peter Edel - Aktuelles. Abgerufen am 20. Februar 2020.
- Baudokumentation Bildungs- und Kulturzentrum Peter Edel. Kommunales Bildungswerk e. V., abgerufen am 20. März 2020.
- Grundsteinlegung des Bildungs- und Kulturzentrum Peter Edel. Kommunales Bildungswerk e. V., abgerufen am 20. März 2020.
- Kulturhaus Peter Edel. rbb 88.8, 6. November 2018, abgerufen am 20. März 2020.