Beschädigung des Tagebuchs der Anne Frank
Bei der Beschädigung des Tagebuchs der Anne Frank (japanisch アンネの日記破損事件 Anne no nikki hason jiken) handelt es sich um umfangreiche Sachbeschädigungen insbesondere von Buchausgaben des Tagebuchs von Anne Frank, aber auch anderer Bücher zu Anne Frank, die sich im Februar 2014 in Bibliotheken Tokios ereignete.[1] Insgesamt wurden mehr als 300 Bücher beschädigt. Der Vorfall wurde polizeilich untersucht. Zu einer Anklage kam es nicht.
Überblick
Am 20. Februar 2014 bemerkten Mitarbeiter einer öffentlichen Bibliothek in Tokio, dass jemand Seiten aus dem Tagebuch der Anne Frank herausgerissen hatte. Nachforschungen ergaben, dass in öffentlichen Bibliotheken der nordwestlichen Stadtbezirke Tokio eine große Zahl von Büchern, japanische Bücher, Jugendbücher und solche in Fremdsprachen, darunter das Tagebuch, aber auch Forschungsliteratur und Literatur zum Holocaust beschädigt worden waren. Besonders betroffen waren die öffentlichen Bibliotheken in den Stadtbezirken Suginami, Nakano, Nerima, Shinjuku, Toshima, Musashino, Nishitōkyō und in der Stadt Higashikurume. In den Büchern waren Seiten von Hand oder mit einem Cutter entfernt worden. Die Bibliotheken stellten in der Folge eine Anzeige wegen Sachbeschädigung und eine Schadensmeldung bei den lokalen Polizeibehörden. Zudem wurde das Tagebuch für die Ausleihe gesperrt. In den Bibliotheken und auch in der Zentralbibliothek Yokohama in der Präfektur Kanagawa wurden weitere Beschädigungen entdeckt.
In einer Filiale der Buchhandelskette Junkudō (ジュンク堂書店) in Kanagawa fielen den Beschäftigten ebenfalls Beschädigungen an Büchern zur Holocaust-Thematik auf.
Bezirk | Anzahl betroffener Einrichtungen | Anzahl beschädigter Bücher |
---|---|---|
Suginami[2] | 11 | 121 |
Nakano | 5 | 54 |
Nerima | 9 | 44 |
Shinjuku[3] | 3 | 39 |
Toshima[4] | 3 | 12 |
Musashino | 2 | 17 |
Nishitōkyō | 3 | 10 |
Higashikurume | 4 | 13 |
Yokohama | 2 | 2 |
Junkudō | 1 | 8 |
Ermittlung
Die Polizei richtete eine Sonderkommission ein, die ihr Hauptquartier in der Polizeibehörde in Suginami einrichtete. Am 14. März 2014 nahm die Polizei in der Okikubu-Bibliothek in Kodaira einen arbeitslosen 36 Jahre alten Mann fest, der unter Verdacht stand, in der Bibliothek 23 Bücher beschädigt zu haben. Der Mann war zuvor schon einmal verhaftet worden, weil er zwischen dem 19. und 22. Februar Zettel mit einem Foto von Osamu Tezuka und einem handgeschriebenen Text am Junkudō Buchgeschäft, in dem Bücher beschädigt worden waren, aufhängen wollte.[5] Er gestand die Sachbeschädigung und gab zu Protokoll, die entfernten Buchseiten weggeworfen zu haben. Als Motiv gab der Mann an, dass Anne Frank das Tagebuch nicht selbst geschrieben habe. Er räumte ein, für Beschädigungen an Büchern in 38 Bibliotheken verantwortlich zu sein, bestritt jedoch, etwas mit den Beschädigungen in den Bibliotheken von Yokohama zu tun zu haben. Der Mann war in der Vergangenheit wiederholt in stationärer psychiatrischer Behandlung, weswegen die Polizei auch keinen Namen nannte. Am 20. Juni 2014 stellte die Staatsanwaltschaft des Bezirkes Tōkyō die Anklageerhebung wegen Unzurechnungsfähigkeit des Mannes zum Zeitpunkt der Tat ein.
Resonanz und Nachwirkungen
Am 21. Februar äußerte sich der Generalsekretär des Kabinetts Yoshihide Suga auf einer Pressekonferenz zu diesem Vorfall. Er bezeichnete die Beschädigungen als beschämend und versicherte, dass Japan solche Taten nicht tolerieren werde.[6] Im Ausland kommentierte das Anne-Frank-Haus in Amsterdam, dass es sich um einen schockierenden Vorfall handele, zu dem alle Einzelheiten bekannt gegeben werden müssten. Das Simon Wiesenthal Center kommentierte, dass es sich bei dem Vorfall um einen systematischen Versuch handele, das Gedenken an den Holocaust zu diskreditieren, und dass die Identität des Täters und die Ermittlungen bekannt gemacht werden müssen.[6] Daraufhin bat Hakubun Shimomura, Minister des MEXT, auf einer Pressekonferenz am 28. Februar 2019 aufrichtig um Verzeihung. Die geschädigten Bibliotheken erhielten von der israelischen Botschaft in Japan 300 Bücher zu Anne Frank und über den Holocaust.[5] Die Stiftung des Anne-Frank-Hauses spendete zudem illustrierte Bücher und ein Modell des Verstecks von Anne Frank. Hinzu kamen Privatspenden wie etwa 137 Bücher im Namen von Chiune Sugihara.
Weblinks
- Experts speculate on likely Anne Frank book vandal. Japan Times, abgerufen am 6. November 2019 (englisch).
- Rätsel um Anne-Frank-Hasser. In: Spiegel Online. 21. Februar 2014, abgerufen am 18. November 2019., u. a. Fotos der Schäden
- Japanische Polizei fasst Verdächtigen. In: Spiegel Online. 14. März 2014, abgerufen am 18. November 2019.
Einzelnachweise
- Anne Frank books damaged in Tokyo vandal attacks. In: The Guardian. Guardian News & Media, abgerufen am 6. November 2019 (englisch).
- アンネ・フランク関連書籍の破損被害について. 杉並区立図書, abgerufen am 6. November 2019 (japanisch).
- 平成25年度第4回(平成26年3月12日)図書館運営協議会会議録(要旨. (PDF) Stadtbezirk Shinjuku, abgerufen am 6. November 2019 (japanisch).
- -1 -豊島区図書館経営協議会. (PDF) Stadtbezirk Toshima, abgerufen am 3. September 2014 (japanisch).}
- Japan arrest over Anne Frank book vandalism. BBC, abgerufen am 6. November 2019 (englisch).
- 265 Anne Frank books, including her diary, damaged by vandals in Tokyo public libraries. In: City News. Abgerufen am 27. Oktober 2019 (englisch).