Belagerung von Orléans
Die Belagerung von Orléans durch die Engländer im Hundertjährigen Krieg begann am 7. Oktober 1428 und endete am 8. Mai 1429; sie gilt als Wendepunkt des Krieges. Der Sieg brachte den Übergang über die Loire wieder in französische Hand und öffnete dem französischen König Karl VII. den Weg zur Krönung in der Kathedrale von Reims.
Geschichte
Seit dem 7. Oktober 1428 wurde die Stadt Orléans durch englische (und anfangs auch burgundische) Truppen belagert. Allerdings war es diesen nicht gelungen den Ring um die Stadt ganz zu schließen. Von Nordosten und Osten war es immer noch an einigen Stellen möglich nach Orléans zu gelangen. Allerdings waren größere Lebensmitteltransporte, die notwendig gewesen wären, um die große Stadt zu versorgen, kaum möglich. Am 12. Februar 1429 war ein Versuch gescheitert, einen englischen Nachschubkonvoi zu stoppen, der hauptsächlich gesalzene Heringe zu den Belagerern bringen sollte. Seit diesem „Heringstag“ schien die Lage der Stadt immer aussichtsloser (siehe: Schlacht der Heringe).
Am 29. April 1429 traf Jeanne d’Arc, aus Chinon kommend, in Begleitung ihrer Brüder Jean und Pierre sowie einiger anderer Männer in Orléans ein. Jeanne d’Arc fand anfangs wenig Anerkennung bei den in Orléans stationierten französischen Kommandeuren, die nicht auf eine Frau hören wollten. Als lächerlich wurde ihr Bemühen abgetan, die Engländer mit Botschaften friedlich zum Abzug aus Orléans zu bewegen. Als es dazu kam, erntete Jeanne d’Arc den Spott der Engländer, die darüber hinaus auch noch die Herolde gefangen nahmen, obwohl dies dem damaligen Kriegsrecht widersprach.
Darauf kam es zu Angriffen auf die englischen Festungen. Der erste Angriff begann ungeplant, als kleines Geplänkel. Dabei waren der französische Ritter Étienne de Vignolles, der wegen seiner Wutausbrüche La Hire („der Zornige“) genannt wurde, und Jeanne d’Arc beteiligt. Jeanne d’Arc kämpfte zwar nicht in der ersten Reihe, da sie im Gegensatz zu den Rittern keine ausgebildete Kämpferin und außerdem von eher zierlicher Gestalt war; aber offenbar beteiligte sie sich an den Kampfhandlungen (entgegen den Behauptungen einiger Heiligenbücher).
Am 4. Mai wurde die einzige auf der Ostseite der Stadt gelegene englische Bastion Saint-Loup von den Franzosen eingenommen; dies war der erste französische Erfolg seit mehreren Monaten. Nach einer eintägigen Pause am Himmelfahrtstag wurden die Kämpfe am 6. Mai wieder aufgenommen, mit dem Ergebnis, dass die Engländer sich in die Festung Les Tourelles zurückzogen, wobei sie die anderen südlich der Loire gelegenen Festungen aufgaben. Am darauffolgenden Tag, dem 7. Mai, gelang den Franzosen auch die Erstürmung der Tourelles. Jeanne d’Arc wurde dabei durch einen Pfeil verwundet. Beim Rückzug der Engländer aus der Festung brach die brennende Brücke unter dem englischen Kommandeur Glasdale zusammen. Unfähig, sich seiner Rüstung zu entledigen, ertrank er in der Loire. Die Belagerung war nun im Osten und Süden der Stadt aufgehoben. Am 8. Mai, einem Sonntag, standen sich die beiden Armeen noch für etwa eine Stunde kampfbereit gegenüber; keine Seite begann allerdings den Kampf – sei es aus taktischen oder religiösen Gründen (am Sonntag durfte eigentlich nicht gekämpft werden). Schließlich trat die englische Armee den Rückzug an; die Belagerung von Orléans war beendet.
Siehe auch
Literatur
- Edward Lucie-Smith: Johanna von Orleans. Eine Biographie. Claassen, Düsseldorf 1977 ISBN 3-546-46209-2
- Herbert Nette: Jeanne d’Arc in Selbstzeugnissen und Bilddokumenten. Rowohlt, Reinbek 1977, ISBN 3-499-50253-4
- Régine Pernoud, Marie-Véronique Clin: Johanna von Orléans. Der Mensch und die Legende. Lübbe, Bergisch Gladbach 1991, ISBN 3-404-61210-8
- Gerd Krumeich: Jeanne d'Arc. Die Geschichte der Jungfrau von Orleans. C. H. Beck, München 2006, ISBN 3-406-53596-8