Behistun-Inschrift
Die Behistun-Inschrift (als Quellenangabe meist abgekürzt zu DB für Darius Bisitun[1]) hat ihren Namen vom Ort Bisutun (Behistan), der rund 30 Kilometer östlich von Kermānschāh im Iran liegt. Die Inschrift wurde 2006 in die Liste des UNESCO-Welterbes aufgenommen.
In einem Felsmassiv in großer Höhe ließ der Achämenidenkönig Dareios I. die Abbildungen der Könige vor gefesselten Gefangenen einmeißeln. Über der Darstellung schwebt die Flügelsonne, ein assyrisches Erbe, das die göttliche Präsenz darstellt. Dazu ließ Dareios eine dreisprachige Tafel, in den Sprachen Altpersisch, Elamisch und Babylonisch anbringen. Die Trilingue wurde ab 1835 (Ergänzungen 1844 und 1847) erstmals von Henry Creswicke Rawlinson vollständig kopiert und 1847/47 (altpersische Fassung) sowie 1851 (babylonische Fassung) veröffentlicht. Was der Stein von Rosette für die Entzifferung der ägyptischen Hieroglyphen bedeutet, war die dreisprachige Behistun-Inschrift für die assyrische und elamische Keilschrift.
Der Text beschreibt Dareios' Version seines Aufstieges: Als Verwandter seiner Vorgänger Kyros II. und Kambyses II. habe er sich gegen den Mager Gaumata, der sich als Bruder des Kambyses ausgegeben habe, erhoben; nach der Tötung Gaumatas sei er selbst zum neuen Großkönig geworden und habe sich in der Folgezeit gegen eine Reihe von „Lügenkönigen“ durchgesetzt. Die Inschrift dient offenkundig der Legitimation des neuen Herrschers.
Nach eigener Angabe ließ Dareios I. die altpersische Keilschrift, in der der Tatenbericht unter anderem verfasst ist, eigens für diese Inschrift entwickeln. Akzeptiert man diese Angabe – und die meisten Gelehrten sehen keinen Anlass, sie zu bezweifeln −, so lieferte Dareios damit unabsichtlich selbst den Beweis dafür, dass er kein Anrecht auf den Thron hatte: Die einzige Inschrift, in der sich Kyros II., der Reichsgründer, mit dem Dareios verwandt zu sein behauptete, selbst als „Achämenide“ bezeichnete, stammt aus Pasargadai und ist in altpersischer Keilschrift abgefasst: Wurde diese erst unter Dareios erfunden, so liegt auf der Hand, dass die vermeintliche Kyros-Inschrift eine Fälschung ist, die höchstwahrscheinlich im Auftrag des Dareios angefertigt wurde, um Kyros künstlich zu einem Mitglied seiner eigenen Familie, der Achämeniden, zu machen. Trifft dies zu, so war Dareios letztlich ein Usurpator, der seine Herrschaft nachträglich zu legitimieren suchte.
Fragmente einer aramäischen Abschrift der Behistun-Inschrift wurden unter den aramäischen Papyri auf der Insel Elephantine (Ägypten) gefunden, wo eine jüdische Militärkolonie im 5. Jahrhundert v. Chr. im Dienste der Achämeniden stand.[2] Darüber hinaus wurden Fragmente einer Stele mit der babylonischen Version der Behistun-Inschrift in der Hauptburg (Kasr) von Babylon gefunden.[3]
Ikonographie
Das Relief ist ein frühes Werk aus der Regierungszeit von Dareios I. und wurde bereits vor 519 v. Chr. in mehreren Abschnitten fertiggestellt. Die Komposition, der Stil und die Ikonographie enthalten Konventionen, die in der späteren klassischen achämenidischen Kunstform nicht mehr vorkommen und sich an assyrische Darstellungsformen lehnen. Die komplexen Ursprünge von Komponenten wie die Präsentation von besiegten Feinden und die Aufzählung historischer Ereignisse wurden zu den Reliefs von Annubanini bei Sarpol-e Sahab und den assyrischen Palastreliefs zurückverfolgt. Auf der anderen Seite erscheinen bereits Teile der späteren klassischen Darstellungen wie der Fokus auf den König, seine Haltung mit dem Bogen in der Hand, die bewaffneten Begleiter hinter dem König und die schwebende Figur in der Flügelsonne.
Die Details des Reliefs sind im Stil viel dekorativer ausgestaltet als in späteren Darstellungen und lehnen sich an die assyrische Kunstform an. Von der klassischen königlichen Ikonographie der Achämeniden vorweggenommen sind die Zackenkrone des Königs, die bänderlosen Schuhe und der buschige, lange Bart des Königs im Gegensatz zu allen anderen Figuren, die persische Hoftracht, das Haartoupet im Nacken, der spezielle Ring der Figur in der Flügelsonne und die dreisprachigen Inschriften.
Das Relief von Behistun ist ein Monument, das Konventionen der späteren klassischen Kunst der Achämeniden vorwegnimmt, aber in der Komposition und in ausgewählten Aspekten der Ikonographie und des Stils noch viele experimentelle Züge aufweist.[4]
Literatur
- Chul-Hyun Bae: Comparative Studies of King Darius’s Bisitun Inscription. PhD Dissertation Harvard University. UMI, Ann Arbor 2001.
- Rykle Borger: Die Chronologie des Darius-Denkmals am Behistun-Felsen. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1982, ISBN 3-525-85116-2.
- Ernst Doblhofer: Die Entzifferung alter Schriften und Sprachen. Reclam, Stuttgart 1993, ISBN 3-15-008854-2.
- Julia Linke: Dies (ist), was von mir getan (worden ist). In: Badisches Landesmuseum (Hrsg.): Die Perser. Am Hof der Großkönige. WBG, Darmstadt 2021, S. 27–31.
- Rüdiger Schmitt: Behistun-Inschrift. In: Ehsan Yarshater (Hrsg.): Encyclopædia Iranica. 1. Januar 2000 (englisch, iranicaonline.org [abgerufen am 19. Mai 2021] inkl. Literaturangaben).
- Rüdiger Schmitt: Die altpersischen Inschriften der Achaimeniden. Editio minor mit deutscher Übersetzung. Reichert Verlag, Wiesbaden 2009, ISBN 978-3-89500-685-2, S. 36–96.
- Rüdiger Schmitt: The Bisitun Inscriptions of Darius the Great. Old Persian Text. London 1991, ISBN 0-7286-0181-8.
- Elizabeth N. von Voigtlander: The Bisutun Inscription of Darius the Great. Babylonian Version. Corpus Inscriptionum Iranicarum. Part I. Inscriptions of Ancient Iran. Vol II. The Babylonian Versions of the Achaemenian Inscriptions. Texts I. Lund Humphries, London 1978, ISBN 0-85331-408-X.
Weblinks
- Jona Lendering: Behistun. In: Livius.org (englisch)
- Eintrag auf der Website des Welterbezentrums der UNESCO (englisch und französisch).
Einzelnachweise
- K. Kris Hirst: Behistun Inscription: Darius's Message to the Persian Empire., Artikel auf ThoughtCo.com, abgerufen am 19. Oktober 2019.
- Greenfield, Jonas C., Bezalel Porten, The Bisitun Inscription of Darius the Great. Aramaic Version, Corpus Inscriptionum Iranicarum, Part I. Inscriptions of Ancient Iran, Vol. V. The Aramaic Versions of the Achaemenian Inscriptions, etc., Texts I., London 1982; Porten, Bezalel, Ada Yardeni, Textbook of Aramaic Documents from Ancient Egypt, Vol. 3. Literature, Accounts, Lists, Jerusalem 1993, S. 59–71 (C2.1).
- Ursula Seidl: Ein Monument Darius' I. aus Babylon, In: Zeitschrift für Assyriologie und Vorderasiatische Archäologie 89 (1999), S. 101–114.
- Mark B. Garrison: Royal Achaemenid Iconography. In: Daniel T. Potts (Hrsg.): The Oxford Handbook of Ancient Iran. 2013.