Baum-Frick-Regierung
Die Baum-Frick-Regierung oder auch nur Frick-Regierung war in der Weimarer Republik die erste Landesregierung mit einer Beteiligung der NSDAP.
Die rechtsbürgerlich-nationalsozialistische Koalition des Landes Thüringen verfügte über 28 Mandate (davon 6 der NSDAP) bei insgesamt 53 Landtagsabgeordneten und bestand aus der Deutschen Volkspartei, der Deutschnationalen Volkspartei, dem Thüringer Landbund, der Reichspartei des deutschen Mittelstandes, meistens Wirtschaftspartei WP genannt, sowie der NSDAP.[1]
Die von ihr getragene Regierung amtierte vom 23. Januar 1930 bis zum 1. April 1931. Regierungsmitglieder waren Erwin Baum vom Landbund als Vorsitzender des Staatsministeriums Thüringens, Wilhelm Frick von der NSDAP als Staatsminister für Inneres und Volksbildung sowie Wilhelm Kästner von der Wirtschaftspartei als Staatsminister für Wirtschaft und Justiz. Außerdem gehörten dem Kabinett Staatsräte ohne Ressort an, dies waren Theodor Bauer (DVP), Franz Fürth (Wirtschaftspartei), Karl Kien (DNVP), Willy Marschler (NSDAP) und Erich Port (Landbund).
Nach der Verabschiedung eines Ermächtigungsgesetzes am 29. März 1930, das unter Berufung auf das Verfassungsnotrecht mit einfacher Mehrheit im Landtag beschlossen wurde, konnte die Baum-Frick-Regierung für ein halbes Jahr an Stelle von Gesetzen eine Vielzahl von Verordnungen erlassen und so insbesondere die Verwaltung des Landes zentralisieren. Der damit vollzogene Abbau von Ämtern und Personal betraf vor allem sozialdemokratische Beamte. Durch die Verordnung über die Polizeiverwaltung wurde anstelle der kommunalen Polizei eine Landespolizei eingerichtet, wobei Frick bevorzugt nationalsozialistische Beamte einstellte. Aufgrund einer neuen Beamtenverordnung erfolgte außerdem die Entlassung kommunistischer Lehrer und Bürgermeister. Auf kritische Zeitungsartikel zur Politik der Regierung wurde oft unter Berufung auf das Republikschutzgesetz mit einem mehrwöchigen Erscheinungsverbot reagiert.
Zur Einführung nationalsozialistischen Gedankengutes nutzte Wilhelm Frick insbesondere seine Stellung als Volksbildungsminister. So führte er Gebetsvorschriften für die Schulen ein, die aber aufgrund ihres verfassungswidrigen Inhaltes zurückgezogen werden mussten, und verfasste den Erlass „Wider die Negerkultur für deutsches Volkstum“, um die „Verseuchung durch fremdrassige Unkultur“ zu unterbinden. Eine Vielzahl von Theaterveranstaltungen und Filmvorführungen mit pazifistischen Inhalten wurden untersagt. An die Universität Jena wurde auf Veranlassung von Frick der Rasseforscher Hans F. K. Günther für die Professur Sozialanthropologie berufen.
Der Sturz der Regierung wurde durch die vielfachen Beleidigungen und Verleumdungen der Nationalsozialisten verursacht, was die Deutsche Volkspartei unter dem Fraktionsvorsitzendem Georg Witzmann zur Aufkündigung der Zusammenarbeit veranlasste. Ein Misstrauensvotum am 1. April 1931 gegen die der NSDAP angehörenden Regierungsmitglieder Wilhelm Frick und Willy Marschler war erfolgreich und führte zum Ende der Baum-Frick-Regierung.
Siehe auch
Literatur
- Alexandra Esche: Hitlers „völkische Vorkämpfer“. Die Entwicklung nationalsozialistischer Kultur- und Rassenpolitik in der Baum-Frick-Regierung 1930–1931 (= Zivilisationen & Geschichte, Band 47). Peter Lang, Berlin/New York 2017.
- Joachim Bergmann: Die innenpolitische Entwicklung Thüringens in der Zeit von 1918 bis 1932. Europaforum-Verlag 2001, ISBN 3-931070-27-1.
- Guido Dressel: Der Thüringer Landbund. Agrarischer Berufsverband als politische Partei in Thüringen 1919–1933 (= Schriften zur Geschichte des Parlamentarismus in Thüringen, Band 12), Weimar 1998.
Anmerkungen
- Nach Untersuchungen der Historikerin Alexandra Esche, Freie Universität Berlin, war es der Vorsitzende der WP, Max Robert Gerstenhauer, welcher dafür sorgte, dass die NSDAP-dominierte Regierung in Thüringen überhaupt zustande kam, nämlich durch die von ihm erzwungene Zustimmung von sechs WP-Landtagsabgeordneten zur Baum-Frick-Koalition; vgl. dies.: Max Robert Gerstenhauer: Eine Spinne im völkischen Netz, auf der Tagung „Wegbereiter des Nationalsozialismus“. Gelsenkirchen, 30. September bis 2. Oktober 2013, Online-Version, S. 5f. Gerstenhauer bekam sofort einen Ruf als „eifriger Parteigänger Fricks“, laut Kölnische Zeitung, 18. Oktober 1931. Er war um die Jahreswende 1930 als neuer Ministerialdirektor im Gespräch, was nicht realisiert wurde.