Bahnstrecke Lathen–Werlte
Die Bahnstrecke Lathen–Werlte ist eine eingleisige, nicht elektrifizierte Nebenbahn im niedersächsischen Landkreis Emsland. Erbaut und betrieben wurde sie bis 1992 von der Hümmlinger Kreisbahn. Seit 1993 heißt das Infrastrukturunternehmen Emsländische Eisenbahn (EEB).
Lathen–Werlte | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
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Streckennummer (DB): | 9200 | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Kursbuchstrecke (DB): | 223f (1963) | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Streckenlänge: | 28,9 km | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Spurweite: | 1435 mm, bis 1957: 750 mm | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Streckenklasse: | D4 | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Maximale Neigung: | 28 ‰ | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Minimaler Radius: | 190 m | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Höchstgeschwindigkeit: | 40 km/h | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
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Geschichte
Die Kleinbahnstrecke von Lathen nach Werlte wurde auf Betreiben des Landrates des Kreises Hümmling, August Peus, gebaut. Am 13. August 1898 nahm die Schmalspurbahn mit einer Spurweite von 750 mm für Personen- und Güterverkehr den Betrieb auf. Die bescheidenen Erwartungen an den Verkehr wurden übertroffen, so dass schon bald neue Betriebsmittel beschafft werden mussten. Geplant wurde auch eine Verlängerung der Strecke über Werlte hinaus bis zur oldenburgischen Grenze, von wo aus es eine Bahnstrecke nach Cloppenburg gab; verwirklicht wurde dies indes nie.
Ab 1934 wurde im Personenverkehr ein Dieseltriebwagen eingesetzt. 1935 wurde der Rollwagenverkehr eingeführt. Um die Achslast gering zu halten, wurden sechsachsige Rollwagen beschafft; auf vier Bahnhöfen wurden normalspurige Absetzgleise gebaut.
Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde bei Ostenwalde das Ölfeld Ostenwalde erschlossen. Am Bahnhof Ostenwalde wurde eine Verladestation gebaut. Das normalspurige Ladegleis war auf beiden Seiten mit einer Rollwagengrube an das Schmalspurgleis angeschlossen.
Das Erdölvorkommen war dann auch Anlass, die schon seit den 1920er Jahren geplante Umspurung auf Normalspur durchzuführen. Mit den Mitteln des Emslandprogramms wurde die Umspurung 1955 bis 1957 möglich. Dabei wurde die Strecke in einigen Abschnitten auf insgesamt zehn Kilometern neu trassiert. Das rund zwei Kilometer lange Anschlussgleis vom Lathener Bahnhof zum Hafen am Dortmund-Ems-Kanal fiel weg. In Werlte wurde eine Werkstatt angelegt.
Im Personenverkehr wurden jährlich etwa 70.000 Personen befördert, es verkehrten täglich fünf Zugpaare. Am 30. Mai 1970 wurde der Personenverkehr auf der Schiene eingestellt.
Der Güterverkehr erreichte 1959 mit fast 100.000 t, davon 40.000 t Öl, seinen Höchststand. 1970 waren es nur noch etwa 50.000 t.
Zum 1. Januar 1993 wurden die Hümmlinger Kreisbahn und die Meppen-Haselünner Eisenbahn unter dem Namen Emsländische Eisenbahn (EEB) zusammengelegt.[1]
1995 endete der Ölverkehr. Auch der übrige Güterverkehr, hauptsächlich landwirtschaftliche Produkte wie Dünger, war nur noch gering; Güterzüge verkehrten nur noch unregelmäßig. Ab 2004 wurde der Güterverkehr durch die Abfuhr von Holz deutlich vergrößert.
Ende 2010 wurde aus Sicherheitsgründen die Personen- und Güterbeförderung auf der gesamten Strecke untersagt.[2]
Am 16. Dezember 2013 hat der Kreistag des Landkreises Emsland beschlossen, dass die Bahnstrecke in zwei Schritten (zunächst bis Sögel) saniert und wieder in Betrieb genommen werden soll. In diesem Zusammenhang erfolgte eine provisorische Wiederherstellung der Strecke. Im Januar 2014 erreichte erstmals seit der Sperrung der Strecke im Jahre 2011 wieder ein Güterzug Werlte.[3] Am 17. Oktober 2015 wurde mit einem dampfgeführten Sonderzug die reparierte Strecke im Abschnitt Lathen–Sögel feierlich wiedereröffnet.
Im Dezember 2016 begannen die Arbeiten zur Sanierung des Abschnittes Sögel–Werlte. Im Herbst 2017 wurden alle Bauarbeiten abgeschlossen, die um zehn Millionen Euro kosteten.[4][5] In Werlte soll außerdem bis 2020 der neue Güterbahnhof fertiggestellt werden, damit der bisherige Standort im Ort aufgegeben werden kann.[6] Am 5. April 2019 wurde der erste Güterzug mit Lkw-Aufliegergestellen in Werlte entladen. Gefahren wurde der Zug, der die Fracht für das Fahrzeugwerk Bernard Krone aus Italien zustellte, von der Eisenbahngesellschaft Ostfriesland-Oldenburg.[7]
Strecke
Die Strecke beginnt in Lathen an der Bahnstrecke Rheine–Norddeich Mole. Nach kurzer Fahrt wird die Magnetschwebebahnstrecke der Transrapid-Versuchsanlage Emsland zweimal unterquert.
Sodann verläuft sie durch das militärische Sperrgebiet der Wehrtechnischen Dienststelle 91; dort erprobt die Bundeswehr Geschütze und Geschosse. Der Schießplatz Meppen ist von Heide- und Waldflächen geprägt. Züge dürfen nur in Schießpausen verkehren.
Die einzige größere Ortschaft zwischen Lathen und Werlte ist Sögel. Ab Waldhöfe verläuft die Bahnstrecke parallel zur Landesstraße 53 nach Werlte.
Die Räumlichkeiten des 1999 privatisierten und renovierten Bahnhofes Werlte haben ein Friseursalon, ein Kosmetikstudio und eine Steuerberatungsgesellschaft bezogen. In Werlte befindet sich auch die zentrale Werkstatt der EEB, wo die derzeit neun Lokomotiven, Triebwagen und Nebenfahrzeuge instand gehalten werden.
Fahrzeuge
Der Verkehr wurde mit zwei zweiachsigen Dampflokomotiven der Aktiengesellschaft für Lokomotivbau Hohenzollern aufgenommen; dem wachsenden Verkehr waren sie aber nicht gewachsen. Zunächst wurde eine dritte Lokomotive beschafft, später wurden sie durch dreiachsige Lokomotiven von O & K ersetzt. 1934 wurde der erste Dieseltriebwagen beschafft. Für die Normalspurstrecke wurden drei Diesellokomotiven, drei Triebwagen und zwei Beiwagen fabrikneu oder neuwertig beschafft.
Museumsverkehr
Neben dem Güterverkehr finden auf der Strecke gelegentlich auch Fahrten statt, die der Verein „Museumseisenbahn Hümmlinger Kreisbahn e. V.“ durchführt. Als Fahrzeuge kommen der Talbot VT 1 (Baujahr 1957) der EEB und der vereinseigene Uerdinger Triebwagen (ex DB 798 514-6, Baujahr 1955), bezeichnet als VT 2, zum Einsatz. Mit einem Packwagen (Pwi 123, Baujahr 1910, gebaut von van der Zypen & Charlier, früher Bentheimer Eisenbahn) können auch Fahrräder transportiert werden, um von Unterwegshalten aus Fahrradtouren in die nähere Umgebung zu machen, zum Beispiel zur Hüvener Mühle. Im Volksmund wird der Zug auch „Pingel-Anton“ genannt, nach dem auffälligen Läutewerk der Dampflokomotiven, die bis 1957 auf der Strecke verkehrten.
Die Museumszüge verkehrten in den letzten Jahren vor der Gesamtsperrung nur zwischen Lathen (Museumsbahnsteig an der Ostseite der DB-Gleise) und Ostenwalde, da die EEB den Abschnitt Ostenwalde–Werlte aus Sicherheitsgründen für den Personenverkehr gesperrt hatte. Nachdem die Personen- und Güterbeförderung auf der gesamten Strecke aus Sicherheitsgründen Ende 2010 untersagt worden war,[2] fand am Ostermontag 2011 die vorerst letzte Fahrt mit dem Schienenbus auf dem Streckenabschnitt Ostenwalde–Rupennest statt.[8]
Aus Anlass des Wochenendes an der Jade wurde der Schienenbus des Vereins erstmals 2011 auf der Strecke Sande–Wilhelmshaven (Pumpwerk), der Südstrecke der ehemaligen Vorortbahn Wilhelmshaven, als „Sande-Express“ eingesetzt.[9]
Mit dem Abschluss der Bauarbeiten im Oktober 2017 kann der Verein wieder die Gesamtstrecke befahren.
Literatur
- Evert Heusinkveld: Bahn im Hümmling. In: Eisenbahn-Magazin. 11/98, S. 54–57.
- Gerd Wolff: Deutsche Klein- und Privatbahnen. Band 9: Niedersachsen 1. Eisenbahn-Kurier, Freiburg 2005, ISBN 3-88255-668-4, S. 273–298.
- Lothar Riedel: Die Hümmlinger Kreisbahn. Die Verkehrsgeschichte der schmalspurigen Kleinbahn Lathen – Sögel – Werlte, ISBN 3-88490-138-9.
Weblinks
Einzelnachweise
- Landkreis Emsland: Geschichte. In: emsland.de. Abgerufen am 18. September 2021.
- Daniel Hopkins: Eisenbahnfreunde kämpfen weiter für Sanierung der Strecke Werlte–Lathen. In: Neue Osnabrücker Zeitung. 8. Mai 2011.
- Lahner Unternehmen schlägt Güter in Werlte um. In: Neue Osnabrücker Zeitung. Abgerufen am 30. Januar 2014.
- Christian Belling: Sanierung geht zügig voran: Erste Züge zwischen Sögel und Werlte sollen im Herbst rollen. (noz.de [abgerufen am 26. Juli 2017]).
- Keine Züge: Sanierte Strecke ein "Millionengrab"? In: ndr.de. 18. Oktober 2017, abgerufen am 15. November 2017.
- Gerd Schade: Stadtdirektor skizziert Zeitplan: Werlter Güterbahnhof soll bis 2020 fertig sein. (noz.de [abgerufen am 26. Juli 2017]).
- Gerd Schade: Krone schickt ersten Zug über den Hümmling. In: Lingener Tagespost. 6. April 2019, S. 9.
- Norddeutscher Rundfunk: Pingel Anton macht sich auf zur letzten Fahrt (Memento vom 28. September 2011 im Internet Archive). Hallo Niedersachsen. 23. April 2011.
- Eisenbahn-Kurier: Hümmlinger Kreisbahn: Sonderfahrten von Wilhelmshaven nach Sande