Bahnhof Belvedere
Der Bahnhof Belvedere (auch: Haus Belvedere) ist das ehemalige Empfangsgebäude des Bahnhofs Müngersdorf, der den Endpunkt der am 2. August 1839 eröffneten sieben Kilometer langen Eisenbahnstrecke der Rheinischen Eisenbahngesellschaft vom Kölner Bahnhof Am Thürmchen nach Müngersdorf bildete. Das Gebäude im heutigen Kölner Stadtteil ist das älteste in Originalgestalt erhaltene Bahnhofsgebäude Deutschlands.[1][2]
Geschichte
Bahnhof
Der Bahnhof lag am Endpunkt des ersten Teilstücks der geplanten, weltweit ersten internationalen Eisenbahnstrecke Köln–Aachen–Antwerpen. Auftraggeber für den 1839 fertiggestellten Bau war die Rheinische Eisenbahngesellschaft. Das Empfangsgebäude war in geringer Entfernung von den Gleisen mit Blick auf Köln auf einer Anhöhe ausgerichtet und beherbergte als Gaststätte auch Ausflugsgäste aus Köln. In einem Text aus der Bauzeit der Strecke hieß es: „Die Müngersdorfer aber freuen sich auf den Bau, weil sie dann die Kölner mit dem Dampfwagen ankommen sehen. Das ist zwar nur ein kleiner Anfang, aber darum nicht weniger willkommen, denn – aller Anfang ist schwer.“[3]
Am 2. August 1839 fand die festliche Einweihung der Strecke von Köln nach Müngersdorf mit einer Sonderfahrt für geladene Gäste statt. Der Zug aus Köln erreichte „in 10 Minuten das eine Meile entfernte, eine schöne Aussicht gewährende, neu und geschmackvoll eingerichtete Belvedere zu Müngersdorf“.[4] Am Bahnhof Müngersdorf „hatte man eine Gartenanlage gemacht, und ein kleines, aber prächtiges Stationsgebäude angebaut, worin zugleich Wirthschaft betrieben wird“.[5] Vom 16. August des Jahres verkehrten Montags, Mittwochs, Freitags und Sonntags jeweils sechs Zugpaare zwischen Köln und Müngersdorf, an Sonntagen gab es noch eine zusätzliche abendliche Rückfahrt aus Müngersdorf.[6]
Die Umsätze entwickelten sich jedoch nicht so wie erhofft. „In der ersten Zeit hatte das eisenbahnlustige Publikum diesen sonderbaren Vergnügungsort mitten im Felde fleißig besucht, aber bald ließ die Lust nach, und die Fahrten brachten nicht mehr soviel ein, dass die Kosten gedeckt werden konnten“.[5] Mit der Verlängerung der Strecke 1840/41 nach Aachen nahm die Bedeutung des Bahnhofs weiter ab. Er wurde noch im 19. Jahrhundert stillgelegt.
Nachnutzung
Das Gebäude gelangte 1892 in den Besitz der Stadt Köln, die es als Wohnhaus nutzte. Von 1935 bis zu ihrer Verhaftung 1943 wohnte dort die 1944 von der nationalsozialistischen Justiz ermordete Klara Stoffels. Seit den 1950er Jahren wohnten und wirkten dort zwei Künstler. Seit 1980 ist es unter der Denkmalnummer 268 denkmalgeschützt und ein Teil des Landschaftsparks Belvedere, als dessen Namensgeber es fungierte.
Seit 2010 stand der Bahnhof Belvedere leer und war stark sanierungsbedürftig.[7] Im Dezember 2010 gründete sich ein Förderkreis Bahnhof Belvedere e. V., der die Mittel für die Sanierung organisierte, die Bauträgerschaft dafür übernahm und eine kulturelle Nutzung des Gebäudes anstrebt.[8][9] In seiner Sitzung am 23. Juni 2015 hat der Rat der Stadt Köln geschlossen für die Sanierung des historischen Bahnhofs Belvedere gestimmt. Die Stadt übertrug das Gebäude im Erbbaurecht an den Förderkreis und beteiligt sich an den Kosten von Sanierung und Ausbau.[10] Am 29. Oktober 2018 bekam der Förderkreis für seine Verdienste um den Erhalt des Gebäudes und sein Engagement den Deutschen Preis für Denkmalschutz 2018, die Silberne Halbkugel, verliehen.[11][12]
Der Bahnhof Belvedere ist Teil des Netzwerks Via Industrialis in Köln.[13]
Beschreibung
Die Pläne für den Bau stammen vermutlich von dem Architekten und Stadtbaumeister Johann Peter Weyer oder – nach Meinung von Walter Buschmann – vom Kölner Stadtbaumeister Matthias Biercher, der Schüler der Berliner Bauakademie und damit der Schinkelschule verbunden war. Das im klassizistischen Landhausstil errichtete zweigeschossige Gebäude ist heute das älteste erhaltene Bahnhofsgebäude im deutschsprachigen Raum und einer der wenigen Bauten der Schinkelschule im Rheinland.[7] Der verputzte Bau mit seinen auffällig hohen Fenstern liegt seitlich oberhalb der Bahnstrecke an der nach dem Bahnhof benannten Belvederestraße. Der Mittelteil der straßenseitigen Fassade besitzt einen von Voluten getragenen Balkon. Auf der Gartenseite schließt sich nach einem Wintergarten ein Terrassengarten an.
Das zum Haus gehörende Grundstück wurde 1991 als geschützter Landschaftsbestandteil unter Schutz gestellt.[7] In der zum Haus gehörenden Grünanlage stehen sieben ca. 150 Jahre alte Platanen.
Literatur
- Alexander Kierdorf (Hrsg.): Köln. Ein Architekturführer. Architectural Guide to Cologne. Reimer, Berlin 1999, ISBN 3-496-01181-5.
Weblinks
Einzelnachweise
- Bahnhof Belvedere im Veranstaltungskalender der Stadt Köln
- Walter Buschmann, Alexander Kierdorf: Köln Bahnhof Belvedere. Rheinische Industriekultur e. V.
- Allgemeines Organ für Handel und Gewerbe, fünfter Jahrgang, Köln, 1839, S. 95.
- Friedrich Ev. von Mering, Ludwig ReischertZur Geschichte der Stadt Köln am Rheine, dritter Band, Druck und Verlag von Joh. Wilh. Dietz, Köln 1839, S. 300.
- A. W. Beyse, Beiträge zum practischen Eisenbahnbau, Druck und Verlag von C. Macklot, Karlsruhe 1840, S. 114–115.
- Allgemeines Organ für Handel und Gewerbe, fünfter Jahrgang, Köln 1839, S. 432.
- Förderkreis Bahnhof Belvedere (Hrsg.): Bahnhof Belvedere - eine neue Zukunft für Deutschlands ältestes Stationsgebäude. Informationsflyer. Förderkreis Bahnhof Belvedere e. V., Köln o. J.
- Endstation Belvedere? In: Frankfurter Allgemeine Zeitung. Ausgabe vom 10. September 2011, S. 49.
- Lövenich im Brennpunkt e.V. – Magazin (Memento vom 8. April 2016 im Internet Archive; benötigt JavaScript), S. 20
- Sanierungsbeschluss der Stadt Köln von 2015 beschrieben auf der Webseite des Förderkreises.
- Deutsches Nationalkomitee für Denkmalschutz (Hg.): Deutscher Preis für Denkmalschutz 2018. Berlin 2018, S. 18f.
- Preisträger 2018 auf der Homepage des Deutschen Nationalkomitees für Denkmalschutz (derzeit noch nicht aktualisiert); abgerufen am 3. November 2018.
- http://www.via-industrialis.de/seiten/routen/westen.html#belvedere