BVG-Baureihe J
Die Baureihe J ist ein von den Berliner Verkehrsbetrieben (BVG) für das Großprofilnetz der Berliner U-Bahn bestellter Fahrzeugtyp.[1] Er soll ab 2022 an die BVG ausgeliefert werden.
U-Bahn Berlin Baureihe J | |
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Anzahl: | 236 Wagen
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Hersteller: | Stadler Pankow |
Baujahr(e): | ab 2022 |
Achsformel: | (1A)Bo’+Bo’(A1) (1A)Bo’+Bo’(A1)+(1A)Bo’ + Bo’(A1) |
Spurweite: | 1435 mm (Normalspur) |
Länge über Kupplung: | 32.100 mm 64.200 mm |
Höhe: | 3425 mm |
Breite: | 2650 mm |
Drehgestellachsstand: | 1800 mm |
Höchstgeschwindigkeit: | 70 km/h |
Stundenleistung: | 680 kW 1320 kW |
Stromsystem: | 750 V = |
Stromübertragung: | seitliche, von unten bestrichene Stromschiene |
Kupplungstyp: | Scharfenbergkupplung |
Sitzplätze: | 40/112 |
Stehplätze: | 174/347 |
Fußbodenhöhe: | 950 mm |
Vorgeschichte
Nachdem die BVG 2002 die letzten Züge der BVG-Baureihe H erhalten hatte, konnte Berlin aus finanziellen Gründen über Jahre keine neuen Fahrzeuge für das Großprofilnetz der U-Bahn-Netz beschaffen. Lediglich für das Kleinprofil wurden bis 2007 noch Züge der BVG-Baureihe HK und ab 2015 der BVG-Baureihe IK beschafft. Mitte der 2010er Jahre war der Wagenpark der U-Bahn daher deutlich überaltert, im Großprofil betrug das Durchschnittsalter 26 Jahre, im Kleinprofil 28 Jahre, die ältesten Züge stammten aus dem Jahr 1964.[2][3] Provisorisch wurden daher ab 2015 neue Züge der Baureihe IK mit zusätzlichen Trittbrettern zur Spaltüberbrückung ausgerüstet, um auf Großprofilstrecken eingesetzt werden zu können.[4]
Beschaffung
Aufgrund der steigenden Fahrgastzahlen und der Überalterung des Fahrzeugparks bewilligte der Berliner Senat der BVG im Jahr 2016 die Beschaffung einer neuen Fahrzeuggeneration für Klein- und Großprofilnetz der U-Bahn. Im Oktober 2016 schrieb die BVG die Beschaffung europaweit aus. Insgesamt sollten bis zu 440 Wagen für das Kleinprofil und 1060 für das Großprofil beschafft werden. In der Ausschreibung setzte sich der Hersteller Stadler gegen das Konsortium von Siemens und Bombardier sowie den französischen Hersteller Alstom durch und erhielt im Mai 2019 den Zuschlag. Alstom legte vor der Berliner Vergabekammer Einspruch ein und erhob, nachdem der Einspruch abgelehnt worden war, vor dem Kammergericht Berlin Klage.[5] Das Kammergericht wies die Klage jedoch am 20. März 2020 zurück. Die BVG konnte damit die Bestellung bei Stadler auslösen.[6] Stadler errichtete für den Auftrag eigens neue Werkhallen in seinem Pankower Werk, wofür das Unternehmen 70 Mio. € investierte.[7]
In einem ersten Abruf orderte die BVG bei Stadler 376 Wagen. Entsprechend der BVG-Nomenklatur werden die beiden Fahrzeugtypen als Baureihe J (für das Großprofil) und Baureihe JK (für das Kleinprofil) bezeichnet. Die Bahnen werden von Stadler Pankow gefertigt und ab 2022 an die BVG ausgeliefert.[8][9] Im Herbst 2022 sollen je 12 Wagen der beiden Baureihen ausgeliefert werden und einem umfangreichen Testbetrieb unterzogen werden. Nach der Zulassung soll ab Ende 2023/Anfang 2024 die Serienlieferung starten. Zunächst sind bis Ende 2025 140 Wagen der Baureihe JK und 236 Wagen der Baureihe J zur Auslieferung vorgesehen.[10][3] Zuvor hatte die BVG ab Juni 2021 im Deutschen Technikmuseum Berlin (DTM) ein Mock-up der Baureihe JK ausgestellt, um die Gestaltung des Innenraums und des Führerstands im Detail zu testen und festzulegen.[11]
Teil des Auftrags an Stadler ist auch eine Ersatzteilgarantie für 32 Jahre nach Auslieferung des letzten Fahrzeugs.[7] Vertraglich vereinbart ist eine Mindestabnahmemenge von 606 Wagen beider Baureihen. Über den Verkehrsvertrag des Landes Berlin mit der BVG sind insgesamt 756 Wagen der Baureihe J und 262 Wagen der Baureihe JK bereits finanziert. Die 756 Wagen der Baureihe J sollen bis 2030 ausgeliefert werden. Es besteht zudem eine Option über weitere 304 Wagen der Baureihe J, deren Auslieferung bei Ziehung der Option bis 2033 vorgesehen ist, und 178 Wagen der Baureihe JK, die bis 2035 kommen könnten.[3]
Fahrzeugbeschreibung
Wie bereits bei den Vorgängerbaureihen besteht ein Zug der Baureihe aus bis zu sechs Wagen, die als Endwagen mit Führerstand an einem Ende und Übergang am anderen Ende oder als Mittelwagen mit beidseitigen Übergängen ausgeführt sind. Es können dabei durchgängige Zwei-, Vier- oder Sechs-Wagen-Züge gebildet werden. Abgeliefert werden die vorgesehenen 236 Wagen der Baureihe J in Form von 52 Zweiwagen- und 33 Vierwagenzügen. Möglichst viele Bauteile sind typgleich mit der Baureihe JK konstruiert, um den Ersatzteilaufwand gering zu halten.[10]
Der Wagenkasten besteht aus Aluminium, wie bei den Vorgängerbaureihen erhält er drei Doppeltüren auf jeder Seite. Diese weisen eine Breite von 1300 mm auf. Gegenüber der Baureihe IK wurden die Türsäulen deutlich schmaler, der Innenraum wirkt damit großzügiger und breiter. Zwischen den Türen ist jeweils nur noch ein breites Fenster vorgesehen. Die insgesamt deutlich geringeren Glasflächen gegenüber den Vorgängergenerationen sollen den Wartungsaufwand reduzieren und Reparaturen von zerkratzten Scheiben vermeiden. Anstelle der fehlenden Fenster sind Fahrgastinformationssysteme vorgesehen. Ein zweiteiliger Zug soll insgesamt 40 Sitzplätze und 174 Stehplätze (4 Personen pro Quadratmeter) aufweisen, ein vierteiliger Zug 112 Sitzplätze und 347 Stehplätze. Die Baureihe J erhält ein Fahrgastinformationssystem mit Monitoren und Außenanzeigen an den Stirnseiten und in den Seitenwänden.[10]
Die Motoren für die Baureihe kommen von Traktionssysteme Austria (TSA) aus Wiener Neudorf.[12] Nach ihrer Auslieferung wird die Baureihe die modernste im Großprofilnetz der Berliner U-Bahn sein.
Weblinks
Einzelnachweise
- BVG stellt Vorführmodell der neuen U-Bahn-Baureihe vor
- Klaus Kurpjuweit: BVG-Chefin Sigrid Nikutta im Interview "Wir können die Zukunft der Mobilität planen", Der Tagesspiegel, 30. Dezember 2014 (abgerufen am 26. Oktober 2021)
- Abgeordnetenhaus Berlin: (XI) 3 Jahre Mobilitätsgesetz – Wat bewegt sich in Berlin? Der Ausbau des ÖPNV, Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Sven Kohlmeier (SPD) vom 13. Juli 2021 und Antwort vom 28. Juli 2021; Drucksache 18/28164. (abgerufen am 26. Oktober 2021)
- Klaus Kurpjuweit: Wagenmangel bei der U-Bahn in Berlin: BVG schraubt Trittbretter an, Der Tagesspiegel, 18. Februar 2015 (abgerufen am 26. Oktober 2021)
- Jörn Hasselmann: Anschaffung neuer U-Bahnen verzögert sich: Unterlegene Firma klagt gegen BVG-Auftragsvergabe, Der Tagesspiegel, 14. November 2019 (abgerufen am 26. Oktober 2021)
- Urban Transport Magazine: Kammergericht Berlin entscheidet: Stadler darf 1500 neue U-Bahnen an BVG Berlin liefern, UTM, 23. März 2020 (abgerufen am 26. Oktober 2021)
- Jörn Hasselmann: Das Werk von Stadler in Berlin-Pankow: Wo die 1500 neuen U-Bahn-Wagen der BVG gebaut werden, Der Tagesspiegel, 25. August 2020 (abgerufen am 26. Oktober 2021)
- Stadler: BVG bekommt 2022 die ersten neuen U-Bahnwagen eurailpress.de
- Ui, was für ’ne U-Bahn! Sicherer, sauberer und Sitze für alle bz-berlin.de
- U-BAHN VOM TYP J. Abgerufen am 17. September 2021.
- Berlin.de: BVG stellt Vorführmodell der neuen U-Bahn-Baureihe vor, 11. Mai 2021 (abgerufen am 26. Oktober 2021)
- Berliner U-Bahn fährt künftig mit österreichischen Motoren wirtschaftszeit.at