Ausländerkinder-Pflegeheim
In der Ausländerkinder-Pflegestätte Burgwedel (Großburgwedel) waren ca. 40–50 Kinder von Zwangsarbeiterinnen, die bei Bauern im Landkreis Burgdorf arbeiten mussten, untergebracht.
Die Einrichtung von Ausländerkinder-Pflegestätten geht auf einen Erlass von Heinrich Himmler aus dem Jahr 1943 zurück. Die Kinder von Zwangsarbeiterinnen sollten keinesfalls in einem Krankenhaus, sondern in sogenannten Kindersammelstellen geboren werden. Dort sollten die Neugeborenen möglichst wenige Tage nach der Geburt von deren Müttern getrennt und in Einrichtungen einfachster Art untergebracht werden, die in Himmlers Erlass verharmlosend als Ausländerkinder-Pflegestätten bezeichnet wurden. Dies kam einer Mordempfehlung gleich.[1]
Die „Ausländerkinder-Pflegestätte“ Großburgwedel, im Dorf einfach „Polenheim“ genannt, wurde vom September 1944 bis Kriegsende in einem baufälligen und nicht mehr bewohnten Bauernhaus mitten im Ort, nahe der St. Petri-Kirche, betrieben. Nachweislich starben hier mindestens 24 Kinder, vermutlich aber 28 Kinder. Beigesetzt wurden sie auf dem Gemeindefriedhof Großburgwedel. Die genaue Lage der Gräber kann heute aufgrund der baulichen Veränderungen auf dem Friedhof nicht mehr ermittelt werden. Das „Heim“ in Burgwedel wie auch ein vergleichbares in Papenhorst Nr. 9a bei Nienhagen im Landkreis Celle (heute Samtgemeinde Wathlingen) wurde in den letzten Jahren des Zweiten Weltkriegs errichtet. Eine 2008 herausgegebene Dokumentation nennt für Niedersachsen 60 damalige Lager, 30 weitere waren in Planung.
Geografie
Das „Heim“ in Burgwedel befand sich in einem alten, leerstehenden Bauernhaus, Großburgwedel Nr. 13, (heutige Adresse: Im Mitteldorf 9). Es lag unmittelbar hinter der Kirche St. Petri, etwa 50 Meter entfernt von der Gemeindeverwaltung.
Geschichte
Unter der Trägerschaft der Kreisbauernschaft wurde im August/September 1944 in Großburgwedel ein „Ausländerkinder-Pflegeheim“ für Kinder von osteuropäischen Zwangsarbeiterinnen eingerichtet. Bereits für den Oktober 1944 sind die ersten Todesfälle von Kindern in diesem „Heim“ dokumentiert. Insgesamt starben hier vermutlich 28 Kinder: 15 kamen aus Polen, 9 aus der ehemaligen Sowjetunion, meist aus der Ukraine. Sie wurden ihren Müttern, die Zwangsarbeit auf Bauernhöfen in der Umgebung leisten mussten, wenige Wochen nach ihrer Geburt weggenommen. Das jüngste der in dem Heim verstorbenen Kinder war sechs Wochen, das älteste 15 Monate alt. Die Babys starben an den Folgen von Vernachlässigung und falscher bzw. mangelhafter Ernährung und wurden auf dem örtlichen Friedhof an unbekannter Stelle begraben.[2]
Stolpersteine
Am 23. November 2019 verlegte der Kölner Künstler Gunter Demnig in Burgwedel 28 Stolpersteine für 24 namentlich bekannte und vier unbekannte verstorbene Säuglinge und Kleinkinder sowjetischer und polnischer Zwangsarbeiterinnen.
Literatur
- Irmtraud Heike, Jürgen Zimmer: Die toten Kinder der "Ausländerkinder-Pflegestätte" in Großburgwedel, in: Geraubte Leben. Spurensuche: Burgwedel während der NS-Zeit, S. 66-133. VSA-Verlag, Hamburg 2019, ISBN 978-3-96488-038-3.
- Thomas Oberdorfer: "Diese Forschung geht einem richtig nahe", Hannoversche Allgemeine Zeitung 14. November 2019
- Sandra Köhler: Engel und Blüten für die 28 toten Babys, Hannoversche Allgemeine Zeitung 25. November 2019
- Andreas Babel: "Schrecklich und unvorstellbar", Cellesche Zeitung 25. November 2019
Einzelnachweise
- Himmlers „Pflegestätten“ brachten Kindern den Tod auf wendland-net.de, abgerufen am 5. April 2020.
- Irmtraud Heike / Jürgen Zimmer: Geraubte Leben. Spurensuche: Burgwedel während der NS-Zeit. VSA Verlag, Hamburg 2019, ISBN 978-3-96488-038-3, S. 76–90.