Artilleriewerk Grimsel
Das Artilleriewerk Grimsel (auch AW Grimsel, Armeebezeichnung A 8900) ist ein Schweizer Festungsartilleriewerk auf dem Gemeindegebiet von Guttannen im Kanton Bern.
Geschichte und Lage
Das AW Grimsel war eine der grossen Festungen der Schweizer Armee, gehörte zum westlichen Verteidigungsraum der Gotthardfestung und lag bei der Juchlichälen (Juchlistock 2590 m ü. M.) auf über 2000 m ü. M. oberhalb des Grimselsees und nordwestlich des Grimsel Hospiz. Für den Bau des Werkes wurde von Oberwald über den Grimselpass auf den Nollen (1980 m ü. M., Grimsel Hospiz) eine Bauseilbahn erstellt, die nach der Fertigstellung der Festung wieder demontiert wurde.
- Artilleriewerk am Fuss des Juchlistocks
- Lageplan
- Hütte für den Seilbahnbau
- Fundamente der Bauseilbahn
Das Werk wurde 1941–1943 erstellt, 1998 geschlossen, später zurückgebaut und 2003 an die Kraftwerke Oberhasli AG (KWO) verkauft.
Artilleriewerk Grimsel A 8900
Das Felswerk hatte einen Hauptstollen von rund 1 km Länge und umfasste das Artilleriewerk, Unterkünfte und die Basisinfrastruktur mit über fünfzig Räumen, darunter eine Bäckerei, ein Krankenzimmer, die Stromversorgung mit drei Sulzer-Dieselaggregaten, eine Kehrichtverbrennungsanlage und eine Totenkammer. Es wurde von einer Besatzung mit rund 250 Mann betrieben.
Die Bewaffnung bestand aus sechs 10,5-cm-Bunkerkanonen auf Hebellafetten, die im Herbst 1944 durch sechs 15-cm-Bunkerkanonen 1942/46 L42 ersetzt wurden. Die Batterie Ost (Geschütze 5 und 6) deckte das Gebiet von Cristallina (Grenze zu Italien) – Airolo – Pizzo Centrale – Chastelhorn – Gemsstock ab (ganzes Gotthardgebiet). Die Batterie Süd (Geschütze 3 und 4) bestrich das Gelände vom Passo San Giacomo – Basodino (Grenze zu Italien) – Ofenhorn – Binntal. Batterie West (Geschütze 1 und 2) deckte Formazza (Italien) – Albrunhorn – Binn – Ernen – Fiesch ab.
Das Werk wurde von der Festungsartilleriekompanie 25/7 betrieben. Die Bezeichnung änderte sich später in Festungskompanie I/7 (Truppenordnung 61) und (Armee 95) Festungsartilleriekompanie II/6. Bis 1962 gehörte das Werk zur Grenzbrigade 11, dann wurde es der Festungsbrigade 23 (Gotthardbrigade) unterstellt.[1]
- Festung Südseite
- Plan der Festung
- Festung Nordseite
- Zugang zur unterirdischen Festungstreppe
Standseilbahn Z 311
Das Werk konnte über die Spitallamm-Staumauer (Grimsel-Hospiz) und von dort unterirdisch über 700 Treppenstufen erreicht werden. Ab 1941 erfolgte der Zugang zum Werk mit einer 450 m langen Windenbahn für 25 Personen mit der Talstation beim Summerloch (Spittellamm Staumauer des Grimselsees) und der Bergstation im Felsen der Festung. Die Standseilbahn war letztmals 2004 in Betrieb und wurde dann ebenfalls abgebaut. Das Trassee der ehemaligen Bahn ist heute noch gut sichtbar.[2]
- Spitallamm-Staumauer (Blick gegen Süden): rechts Trassee der ehemaligen Militärseilbahn zum Artilleriewerk
- Spitallamm-Staumauer mit Zugang zur unterirdischen Festungstreppe
Sperrstelle Grimsel
Neben dem Artilleriewerk Grimsel mit Aussenanlagen hatte auch die Passverteidigung zentrale Bedeutung. Die Sperrstelle Grimsel liegt auf der Passhöhe im Grenzgebiet der Kantone Bern und Wallis und besteht aus zwei Infanteriewerken und zahlreichen Unterständen.
- Nollen A 8901: Infanteriebunker
- Chessibidmer A 8907: Infanteriebunker (Baujahr 1941), 2 Maschinengewehre
- Tanklager A 8908 (1941)
- Seeuferegg Ost A 8909 (ob der Passstrasse): Infanteriebunker (1941), 3 Maschinengewehre, schützte den Zugang über die Staumauer zum Artilleriewerk
- Seeuferegg West A 8910 (beim Grimsel Hospiz Hotel): Infanteriebunker (1941), 1 Maschinengewehr
- Artilleriebeobachter Nägelisgrätli (Grenze Bern/Wallis) A 8914: für die Feuerleitung des AW Grimsel
- Unterstände A 8915 – A 8929 (Standorte nicht bekannt)
- Im Umfeld des Forts befanden sich 13 Flakstellungen F 11132 – F11144 für 20-mm-Fliegerabwehrkanonen
- Grimsel Hospiz auf dem Spittelnollen mit Seeuferegg-Staumauer und Bunker Seeuferegg West
- Bunker Seeuferegg West
- Bunkerscharte Seeuferegg West
- Bunker Seeuferegg Ost
Sperrstelle Grimselpass
Die Sperrstelle Grimselpass gilt als militärhistorisches Denkmal von nationaler Bedeutung.[3]
- Grimselpass West A 8912 (Kanton Bern): zweistöckiges Felswerk für bis zu 100 Mann, 1 Panzerabwehrkanone, 1 Maschinengewehr, 1 Beobachtungsstand
- Grimselpass Ost A 8913 (Kanton Wallis): Felswerk, 1 Panzerabwehrkanone, 1 Maschinengewehr, 1 Beobachtungsstand
- Bunker Grimselpass West
- Bunker Grimselpass Ost
Literatur
- Sperrstelle Grimselpass. In: Silvio Keller, Maurice Lovisa, Barbara Vogt Siegrist: Militärische Denkmäler der Kantone Bern und Freiburg. Eidgenössisches Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport, Bern 2006, Seite 46
Weblinks
Einzelnachweise
- Festung Oberland: AW Grimsel
- Schweizer Seilbahninventar: Grimsel Summerloch - Spittellamm Artilleriewerk Grimsel.
- Sperrstelle Grimselpass. In: Silvio Keller, Maurice Lovisa: Militärische Denkmäler im Kanton Wallis. Eidgenössisches Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport, Bern 2002, Seite 36–37