Artemis 1
Artemis 1 (zuvor Exploration Mission 1, engl. für „Erkundungsmission 1“, kurz EM-1; früher Space Launch System 1 oder SLS-1) ist die Missionsbezeichnung für den zweiten unbemannten Flug des US-amerikanischen Raumschiffs Orion. Die Mission ist Teil des Artemis-Programms der NASA und soll im Jahr 2022 stattfinden.[1] Das Raumschiff soll in einen hohen Mondorbit eintreten und wieder zur Erde zurückkehren. Es handelt sich um den ersten Start des neuen Trägersystems Space Launch System (SLS) und der von Airbus gebauten Orion-Antriebs- und Versorgungseinheit ESM.
Missionsemblem | |||||||
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Missionsdaten (geplant) | |||||||
Mission: | Artemis 1 | ||||||
Raumfahrzeug: | Orion | ||||||
Trägerrakete: | SLS Block 1 | ||||||
Besatzung: | (unbemannt) | ||||||
Start: | 2022[1] | ||||||
Startplatz: | Kennedy Space Center, LC-39B | ||||||
Landung: | |||||||
Landeplatz: | Pazifischer Ozean | ||||||
Flugdauer: | ca. 4–6 Wochen[2] | ||||||
◄ Vorher / nachher ► | |||||||
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Missionsziele
Ziel der Mission ist ein erster unbemannter Test des neuen Raumfahrzeugs und aller Systeme im Weltraum. Dazu gehören das Zusammenspiel des amerikanischen Kommandomoduls mit dem europäischen Servicemodul, Tests der Manövrierfähigkeit im Mondorbit und die Bewährungsprobe des Hitzeschildes beim Wiedereintritt bei einer Geschwindigkeit, die deutlich höher ist als die bei einer Rückkehr aus dem Erdorbit. Gleichzeitig ist dieses auch der Erstflug des neuen Trägersystems SLS.
Die Erkenntnisse aus dieser Mission sind eine wichtige Grundlage für den ersten bemannten Flug, der derzeit als Artemis 2 für das Jahr 2023 geplant ist.
Vorbereitung
Orion soll mit einer SLS-Rakete in der Konfiguration Block 1 gestartet werden. Diese besitzt eine vom Space-Shuttle-Außentank abgeleitete Hauptstufe mit vier gebrauchten RS-25D-Triebwerken, die bereits mit dem Shuttle zum Einsatz kamen. Hinzu kommen zwei ebenfalls auf dem Space-Shuttle-System basierende, verlängerte Feststoffbooster und eine auf der Delta IV basierende Oberstufe.
Im November 2018 wurde das Servicemodul des Orion-Raumschiffs für die EM-1-Mission von Bremen zum Kennedy Space Center (KSC) in den USA geliefert.[3] Mitte 2020 kamen dort auch die Einzelteile der beiden Feststoffbooster an.[4] Die erste Raketenstufe wurde ab 2019 zusammengebaut und von Januar bis März 2021 getestet.[5][6][7]
Missionsverlauf
Orion soll vom Kennedy Space Center Launch Complex 39 in einen niedrigen Erdorbit gestartet werden. Die Oberstufe bringt das Raumschiff aus der Parkbahn auf Kurs zum Mond. Nachdem Orion dort angekommen ist, bremst das Raumschiff mit seinem eigenen Antrieb ab (engl.: „Lunar Orbit Insertion“, LOI), um nach einem weiteren Manöver in einen hohen elliptischen Mondorbit (engl.: „Distant Retrograde Orbit“, DRO) mit einem Aposelenum von 70.000 km über der Oberfläche einzuschwenken. Nach einem sechstägigen Aufenthalt in dieser Umlaufbahn führt Orion eine weitere Triebwerkszündung durch und soll dann wieder zur Erde zurückfliegen. Versorgt und angetrieben wird die Kommandokapsel dabei von einem auf dem europäischen ATV basierenden Servicemodul (engl.: „European Service Module“, ESM), welches vor dem Wiedereintritt in die Erdatmosphäre abgetrennt wird und verglüht. Beim Wiedereintritt wird die Kapsel erstmals bei etwa 40.000 km/h höchsten Belastungen ausgesetzt sein, bevor sie an Fallschirmen hängend im Pazifischen Ozean wassern soll.[8][9] Insgesamt soll die Mission etwa 4 bis 6 Wochen dauern.
Alternativer Missionsverlauf
Unter dem politischen Druck des Wahlkampfs für die Präsidentschaftswahl in den Vereinigten Staaten 2020 wurde eine Aufteilung und Umbuchung der Mission auf die Falcon Heavy und/oder Delta IV Heavy erwogen, um den damaligen Plantermin Juni 2020 einhalten zu können. Das Orion-Raumschiff und das ESM wären dann getrennt in eine niedrige Erdumlaufbahn gebracht worden, um dort – mittels eines noch zu entwickelnden Mechanismus – zu docken und anschließend auf den Transferorbit zum Mond einzuschwenken.[10] Die Idee wurde jedoch zumindest für EM-1 wieder verworfen.[11]
Sekundäre Nutzlasten
Neben dem Orion-Raumschiff sollen mit dem ersten Start des SLS auch 10 Cubesats gestartet werden, darunter mehrere kleine Mondsonden.[12] Die Cubesats haben 6U- oder 12U-Format.[13]
Im Einzelnen sind dies:
- Zwei Nutzlasten aus dem NextSTEP-Programm der NASA:
- LunIR (vormals Skyfire) – ein von Lockheed Martin gebauter CubeSat für eine Untersuchung der Mondoberfläche im Vorbeiflug.
- Lunar IceCube – ein von der Morehead State University in Kentucky gebauter CubeSat für die Suche nach Eis und anderen Ressourcen aus einem ca. 100 km hohen Mondorbit.
- Zwei Nutzlasten im Rahmen der Forschungen der NASA für die bemannte Raumfahrt:
- Near-Earth Asteroid Scout, oder NEA Scout soll einen Asteroiden untersuchen, fotografieren und die Position bestimmen.
- BioSentinel soll in einer niedrigen Erdumlaufbahn mit Hefen den Einfluss von Strahlung im Weltraum auf lebende Organismen bestimmen.
- Zwei wissenschaftliche Nutzlasten der NASA:
- CuSP – eine „Weltraumwetterstation“ zur Messung von Teilchen und magnetischen Feldern im All, auch in Hinsicht auf ein zukünftiges Netzwerk solcher Stationen.
- LunaH-Map soll Wasserstoff innerhalb von Mondkratern und anderen permanent im Schatten gelegenen Regionen am Südpol des Mondes kartieren.
- Missionen von internationalen Partnern:
- ArgoMoon (Argotec/Italien) – Navigation in der Nähe der SLS-Oberstufe
- Equuleus (JAXA/Japan) – Messungen der Plasmasphäre der Erde
- Omotenashi (JAXA/Japan) – ein preiswerter Mondlander, einzige Mondlandung im Rahmen der Artemis-1-Mission
- Eine weitere Nutzlast wurde 2017 durch das NASA-Programm Cube Quest Challenge bestimmt:[14]
- Team Miles von einem Team um das Unternehmen Fluid and Reason in Tampa – Erprobung eines Plasmaantriebs im Tiefraum[15]
Die Cubesats sollen nach der Trennung des Orion-Raumschiffs von der Oberstufe und bei ausreichendem Sicherheitsabstand ebenfalls von der Oberstufe getrennt werden. Sie werden mit einem Federmechanismus von dem Orion-Stufenadapter getrennt und in eine Bahn ausgesetzt, die am Mond vorbeiführt. Der weitere Flug und eventuell nötige Bahnänderungen finden dann unabhängig voneinander statt.[16][13]
Vier weitere Cubesats sollten mit Artemis 1 starten, wurden aber nicht rechtzeitig (bis zum Stichtag am 26. September 2021) fertiggestellt:[17]
- Lunar Flashlight soll Eisablagerungen auf dem Mond finden und Regionen bestimmen, in denen sich ein Abbau lohnen könnte.
- Earth Escape Explorer (CU-E3) der University of Colorado Boulder – ein Satellitenpaar zur Erprobung von Kommunikationstechnik in einer Sonnenumlaufbahn[18]
- Cislunar Explorers der Cornell University in Ithaca – Erreichen einer Mondumlaufbahn per Wasserantrieb[19]
Weblinks
- NASA: Artemis 1 (englisch)
- NASA: Orion-Raumschiff (englisch)
- NASA: Space Launch System (englisch)
Einzelnachweise
- EGS, Jacobs completing first round of Artemis 1 pre-launch integrated tests prior to Orion stacking. In: nasaspaceflight.com. Abgerufen am 30. September 2021 (englisch).
- Inside Artemis 1’s complex launch windows and constraints. In: nasaspaceflight.com. Abgerufen am 2. November 2021 (englisch): „“The mission does vary between what we generally term a ‘short-class mission’ which is about a 25, 26, 28 days or what we’ve generically termed a ‘long-class mission’ which is somewhere between 38 and 42 days”, Sarafin explained. […] The overall mission duration will be between four and six weeks. Notably, both mission durations are longer than the spacecraft’s maximum limit with a full crew of four onboard – 21 days.“
- ESA-Servicemodul auf dem Weg in die USA. 5. November 2018, abgerufen am 27. Januar 2019.
- SLS booster segments arrive in Florida, but stacking on hold until core stage test. Spaceflight Now, 17. Januar 2021.
- NASA Invites Media for Look at NASA’s Space Launch System Progress. NASA, 20. Februar 2019, abgerufen am 12. März 2019 (englisch).
- Stephen Clark: NASA studying cause of early end to NASA moon rocket test-firing. Spaceflight Now, 17. Januar 2021.
- NASA Mega Moon Rocket Passes Key Test, Readies for Launch. NASA-Pressemeldung vom 18. März 2021.
- siehe Abschnitt: What`s next? Abgerufen am 7. April 2015.
- EM-1: NASA managers request ambitious changes to debut SLS/Orion mission. Abgerufen am 7. April 2015.
- Eric Berger: NASA to consider use of private rockets for first Orion lunar mission. In: Ars Technica. 13. März 2019, abgerufen am 13. März 2019.
- Marcia Smith: Commercial Alternative to SLS for EM-1 Rejected. In: Spacepolicyonline.com. 26. März 2019, abgerufen am 30. März 2019.
- Space Launch System's First Flight will launch small Sci-Tech cubesats. Abgerufen am 3. Februar 2016.
- SLS EM1 secondary payload: Omotenashi. Missionsüberblick der JAXA vom 29. Oktober 2016 (PDF, 1 MB), Seite 2.
- NASA: Three DIY CubeSats Score Rides on NASA’s First Flight of Orion, Space Launch System. In: NASA Press Release 17-055. 8. Juni 2017, abgerufen am 11. Mai 2018.
- Cube Quest Challenge Spotlight: Team Miles. NASA, 18. Mai 2017.
- NASA Space Launch System’s First Flight to Send Small Sci-Tech Satellites Into Space. 2. Februar 2016, abgerufen am 3. Februar 2016.
- Four Artemis I CubeSats miss their ride. Abgerufen am 8. Oktober 2021.
- Cube Quest Challenge Team Spotlight: CU-E3. NASA, 1. Juni 2017.
- Cube Quest Challenge Team Spotlight: Cislunar Explorers. NASA, 22. Mai 2017