Art-Loss-Register
Das Art-Loss-Register (ALR) ist die weltweit größte Datenbank verlorener und gestohlener Kunstwerke (Kunstraub und Artnapping). Es wurde 1991 in Zusammenarbeit zwischen Auktionshäusern (darunter die weltweit bedeutendsten Auktionshäuser Sotheby’s und Christie’s), internationalen Verbänden des Kunsthandels, Vertretern der Versicherungswirtschaft und der Stiftung International Foundation for Art Research gegründet.[1] Es ist hervorgegangen aus einem Projekt der International Foundation for Art Research, die von New York aus seit 1976 Informationen zu Kunst-Diebstählen zusammengetragen hat.[2] Das Art-Loss-Register unterhielt Büros in London (Zentrale), Bath, New York, Köln und Paris, konsolidierte diese aber alle Anfang 2010 in der Zentrale in London.[3]
Datenbank
Die Datenbank wies 2007 über 180.000 Einträge auf,[4] 2010 waren es nach Firmenangaben 300.000 und Anfang September 2016 bereits 500.000 Kunstgegenstände.[5] Ursprünglich bezogen sich die weitaus meisten auf Verluste im Dritten Reich durch die Enteignung jüdischer und anderer Sammler sowie im und nach dem Zweiten Weltkrieg durch gezielten Kunstraub der Besatzungsmächte und direkte Kriegsschäden. Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf Diebstählen aus Museen im Irak während der Besetzung durch amerikanische Truppen im Irak-Krieg 2001. Aber auch ohne kriegerische Konflikte werden nach einer Schätzung des FBI von 2005 jährlich Kunstwerke im Wert von acht Milliarden Dollar gestohlen.
In der Datenbank finden jährlich etwa 300.000 Abfragen statt.[5] Nach einer Anfrage erhält der Händler ein Zertifikat, das bestätigt, dass das fragliche Stück zum Zeitpunkt der Suche nicht als Verlust gemeldet war.[6] Der Händler kann so die Anfrage beim Art Loss Register nachweisen und dass er damit seinen Sorgfaltspflichten nachgekommen ist, nicht allerdings positiv, dass der Kunstgegenstand nicht abhandengekommen ist, da nicht jedes gestohlene Objekt auch gemeldet wird. Zudem sind viele Objekte bei ihren Eigentümern nicht ausreichend dokumentiert; wenn etwa keine oder nur schlechte Bilder vorliegen, ist eine Identifizierung erheblich schwieriger.
Schwerpunkte und Erfolge
Der Schwerpunkt der Arbeit des ALR liegt in der diskreten Zusammenarbeit mit Kunsthandel, Versicherungsunternehmen und spezialisierten Ermittlungsgruppen der Polizei in verschiedenen, besonders engagierten Staaten, darunter das Art Crime Team des FBI[7] und die 40-köpfige Arbeitsgruppe des italienischen Comando Carabinieri Tutela Patrimonio Culturale. Aber auch die Öffentlichkeit wird in Kooperation mit weltweiten Kunstzeitungen und -zeitschriften in die Suche und Fahndung eingeschaltet und über Hintergründe des Handels mit illegalen Kunstwerken informiert.
Seit seiner Gründung 1991 konnten etwa 5500 Kunstobjekte durch das Art-Loss-Register wiederbeschafft werden.[4] Bei Kunstwerken von hohem Wert geht das ALR davon aus, dass im Laufe von 25 Jahren etwa 15 % der Kunstgegenstände identifiziert werden, bei kleinen Objekten ist die Quote sehr viel geringer. Andere Angaben gehen davon aus, dass nur rund 1,5 % aller gestohlenen Kunstgegenstände wieder zurückgeführt werden können.[8] Als Gründe gelten die niedrige Priorität, mit der Diebstähle bei den Polizeibehörden verfolgt werden. Außergewöhnliche Kunstdiebstähle sind bei der Verfolgungsintensität die Ausnahme.
Ähnliche Einrichtungen
Speziell für NS-Raubkunst in Deutschland wurde 1994 die Koordinierungsstelle für Kulturgutverluste in Magdeburg eingerichtet. Sie betreibt die Lost Art-Datenbank und das Gesamtverzeichnis deutschen national wertvollen Kulturgutes.
Als Konkurrenz zum Art Loss Register wurde 2013 die Art Recovery Group (ARG) ins Leben gerufen,[9] die seit 2016 die Datenbank ArtClaim betreibt.[10] Zuvor hatten sich Chris Marinello, der Gründer der Art Recovery Group und früherer Mitarbeiter des Art Loss Register mit seinem früheren Arbeitgeber außergerichtlich über vielfältige gegenseitige Ansprüche geeinigt.[11] ArtClaim macht noch keine Angaben über die Zahl der registrierten Kunstwerke (Stand Dezember 2016).
Belege
- Glueck, Grace. Art Group Is Set Up To Judge Attribution, New York Times. May 8, 1970.
- Yarrow, Andrew L. A Lucrative Crime Grows Into a Costly Epidemic, New York Times. March 20, 1990.
- Artloss.com: Our History (abgerufen am 12. August 2012)
- Cinthio Briseno: Kunstdieben mobil auf der Spur. Fraunhofer Magazin 3.2007, Seiten 22–23
- Artloss.com: Loss Registration (abgerufen am 27. Dezember 2016)
- Ursula Kampmann: "Beim Art Loss Register erhält man ein Zertifikat, das bestätigt, dass das Stück zum Zeitpunkt der Suche nirgends als Verlust gemeldet war.", zitiert in: Catrin Lorch: Antiken vom Lastwagen : Der internationale Markt schützt seine Ware durch Provenienzforschung: Aber wer kauft das Raubgut?, in: Süddeutsche Zeitung, 23./24./25. April 2011, Seite 20
- Robert K. Wittman: Priceless: How I Went Undercover to Rescue the World's Stolen Treasures. Crown Publishers 2010, ISBN 978-0307461476
- Melanie Gerlis/Javier Pes: Recovery rate for stolen art as low as 1,5 %, in: The Art Newspaper v. 27. November 2013 (Memento vom 3. Dezember 2013 im Internet Archive)
- Melanie Gerlis: Art Loss Register faces competition complaint from Art Recovery Group, in: The Art Newspaper v. 26. Januar 2016 (Memento vom 27. Dezember 2016 im Internet Archive)
- International Art Claim LC: ArtClaim
- Laura Chesters: Art Recovery Group’s database goes non-profit. In: Antiques Trade Gazette, 16. November 2016
Weblinks
- Webseite des Art-Loss-Register (englisch, benötigt JavaScript)
- Artikel der ZEIT vom 8. Dezember 2005 über Kunstdiebstähle mit Erwähnung des Art-Loss-Registers