Anton Szandor LaVey
Anton Szandor LaVey (ursprünglich Howard Stanton Levey; * 11. April 1930 in Chicago, Illinois; † 29. Oktober 1997 in San Francisco, Kalifornien) war Gründer und Hohepriester der Church of Satan. LaVey nahm für sich selbst in Anspruch, als Erster den modernen Satanismus definiert und organisiert zu haben. Er war Verfasser der 1969 erschienenen Satanischen Bibel.
Leben
Anton Szandor LaVey wurde am 11. April 1930 als Howard Stanton Levey in Chicago als Sohn von Gertrude Augusta Coulton und Michael Joseph Levey[1] in eine säkulare jüdische Familie geboren.[2] Was man über sein Leben weiß, geht zum großen Teil auf seine eigenen Aussagen gegenüber seiner Biographin Blanche Barton zurück, die jedoch verschiedentlich angezweifelt werden. Seine eigene Tochter Zeena bezeichnete später große Teile der Biographie ihres Vaters als „Lügenkatalog“ und „zum eigenen Vorteil produzierten Quatsch“.[3]
LaVeys Familie zog nach Kalifornien, wo er seine frühen Jahre in der San Francisco Bay Area und in Globe, Arizona verbrachte. Dort zeigte LaVey schon früh Interesse für verschiedene Instrumente, bevorzugt Tasteninstrumente wie die Pfeifenorgel und die Dampforgel, an denen er sich selbst das Klavierspielen beibrachte.
LaVey besuchte die Highschool in Globe, brach diese jedoch nach einiger Zeit ab und verließ sein Elternhaus. Er trat dem „Clyde Beatty Circus“ zunächst als Handlanger bei, später teilte man ihm andere Aufgabenfelder zu; so arbeitete er dort unter anderem als Raubtierdompteur und Organist.
LaVey gab später an, dass die Arbeit seine Sicht auf Religion beeinflusste; so schrieb er später in der 1969 veröffentlichten Satanischen Bibel:
„Samstagabends sah ich regelmäßig Männer, die lüstern die halbnackten Tanzmädchen auf dem Jahrmarkt anstarrten, und wenn ich Sonntagsmorgens die Veranstaltungen der Evangelisten in einem Zelt am anderen Ende des Festplatzes auf der Orgel begleitete, sah ich die gleichen Männer wieder. Hier saßen sie mit ihren Frauen und Kindern auf den Bänken und baten Gott um Vergebung, und Befreiung von ihren fleischlichen Trieben. Und am nächsten Samstagabend waren sie dann wieder auf dem Festplatz und starrten die Mädchen an.“[4]
LaVey verließ Los Angeles und kehrte nach San Francisco zurück, wo er, laut seiner Biografie, drei Jahre als Polizeifotograf im San Francisco Police Department arbeitete, was jedoch später von Biografen angezweifelt wurde, da es keine Aufzeichnungen gab, die dies belegten.
1951 heiratete LaVey Carole Lansing,[1] mit der er 1952 seine erste Tochter Karla bekam. Er trennte sich 1960 von Lansing, nachdem er Diane Hegarty[1] kennengelernt hatte. Beide heirateten nie, jedoch gebar sie 1963 seine zweite Tochter Zeena Schreck[5] (geborene Zeena Galatea LaVey).[6][7][8]
1967 beschäftigte LaVey in einer seiner Nachtclub-Shows eine Topless-Tänzerin namens „Sharon King“, deren wirklicher Name Susan Atkins war. Atkins war eine der Haupttäterinnen im Fall des Mordes an Roman Polańskis Ehefrau Sharon Tate, der ein Jahr später von der sogenannten Manson Family begangen wurde.
In den späten 1960ern und 1970ern wurde LaVey von Philosophen und Schriftstellern wie Ayn Rand, Friedrich Nietzsche, John Dee und Ragnar Redbeard beeinflusst und schrieb u. a. mehrere Essays sowie die Bücher The Satanic Bible (1969), The Compleat Witch (1971) und The Satanic Rituals (1972).[9]
In den 1970ern plagten ihn zusehends Geldprobleme. LaVey kündigte an, dass höhere Priestergrade in der Church of Satan künftig nur noch gegen finanzielle Gegenleistungen erlangt werden könnte. Dies führte zu empörten Reaktionen seiner Anhängerschaft und letztendlich einer Spaltung der Church of Satan: Im Juni 1975 gründeten einige Mitglieder unter Führung von Michael Aquino den Temple of Set.[10]
1987 heiratete er seine dritte und letzte Frau, Blanche Barton, mit der er 1993 einen Sohn namens Satan Xerxes zeugte.
Am 29. Oktober 1997 starb Anton Szandor LaVey in San Francisco an einem Lungenödem infolge eines Herzfehlers.[11][8] Sein Todesdatum wurde nachträglich verändert.[12]
Church of Satan
Nach eigenen Angaben gründete LaVey in der Walpurgisnacht am 30. April 1966 die Church of Satan und verkündete das „Year one, Anno Satanis“. In einem Teufelskostüm mit Hörnern an der Mütze zelebrierte er im Keller seines Stadthauses in San Francisco Schwarze Messen. Dadurch wurde er zum kontroversen Brennpunkt medialer Aufmerksamkeit. So besuchte er Talkshows und erschien auf den Titelseiten vieler Zeitschriften. Ob er wirklich als Berater zu Horrorfilmen wie Roman Polanskis Rosemaries Baby hinzugezogen wurde, wie er selber behauptete, ist umstritten.[13]
In den folgenden Jahren, nachdem seine Glaubensgemeinschaft weltweit Anhänger gefunden hatte, widmete LaVey sich dem Schreiben, Lehren und Unterrichten; dabei verfasste er einige Texte, unter anderem die Satanische Bibel. Sein Ziel war es, den „wahren“, neuzeitlichen Satanismus von seinen mittelalterlichen Doktrinen zu befreien und ihn somit für alle Menschen begreifbar zu machen. Im Kern geht es in seinen Lehren um einen radikalen Materialismus und hedonistischen Individualismus, der den menschlichen Körper, das Ego und sinnliche Lust feiert. Mit diesen Wertvorstellungen war LaVey für die Hippie-Bewegung anschlussfähig, die Ende der 1960er Jahre in Kalifornien blühte. Dennoch verabscheute er sie als „psychedelisches Ungeziefer“, da er gegen die von ihnen praktizierte Gleichheit aller Menschen war. Er selbst bezeichnete sich als misogyn.[14]
Der Religionswissenschaftler Hugh Urban sieht sowohl in den Ritualen der Church of Satan als auch den Lehren der Satanischen Bibel auch Elemente der Satire und der Religionsparodie.[15]
Diskografie
- The Satanic Mass, LP (1968, wiederveröffentlicht 1994 und 2001)
- Answer Me/Honolulu Baby, 7"-Single (1994, wiederveröffentlicht 2001)
- Strange Music, 10"-EP (1994)
- Satan Takes a Holiday, CD (1995)
Primärliteratur
- The Satanic Bible. Avon Books, New York NY 1969, ISBN 0-380-01539-0.
- The Compleat Witch, or, What to do When Virtue Fails. Dodd, Mead & Co., New York NY 1971, ISBN 0-396-06266-0.
- The Satanic Rituals. Avon Books, New York NY 1972, ISBN 0-380-01392-4.
- The Devil’s Notebook. Feral House, Portland OR 1992, ISBN 0-922915-11-3.
- Satan Speaks! Feral House, Venice CA 1998, ISBN 0-922915-66-0.
Siehe auch
Weblinks
- Literatur von und über Anton Szandor LaVey im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Church of Satan auf churchofsatan.com
Einzelnachweise
- Ancestry of Anton LaVey
- Full Disclosure: Not Talking to the Reverend Joel Ethan about the Church of Satan. In: Church of Satan. Abgerufen am 9. September 2021 (amerikanisches Englisch).
- “a catalogue of lies”, “self-serving bullshit”. Zitiert bei Hugh Urban: New Age, Neopagan, and New Religious Movements. Alternative Spirituality in Contemporary America. University of California Press, Berkeley 2015, ISBN 978-0-520-96212-5, S. 181 f. (abgerufen über De Gruyter Online).
- Anton Szandor LaVey: Die Satanische Bible. Second Sight Books, Berlin 1999.
- Zeena Schreck Homepage. Abgerufen am 28. Dezember 2012.
- Annette Lamothe-Ramos: Beelzebubs Tochter. In: Vice Magazine. Vice Media Inc. Abgerufen am 26. Juli 2012.
- Don Lattin: Satan’s Den in Great Disrepair. 25. Januar 1999. Abgerufen am 14. August 2012.
- Anton Szandor LaVey in der Notable Names Database (englisch)
- Medway, Gareth J. (2001). Lure of the Sinister: The Unnatural History of Satanism. New York and London: New York University Press. ISBN 9780814756454.
- Lewis, James R. "Who Serves Satan? A Demographic and Ideological Profile". Marburg Journal of Religion. June 2001.
- Anton LaVey; Founded the Church of Satan. In: Los Angeles Times, 8. November 1997. Abgerufen am 28. Februar 2012.
- Anton LaVey's Faked Death Certificate
- James R. Lewis: Satanism Today. An Encyclopedia of Religion, Folklore, and Popular Culture. ABC-Clio, Berkeley 2001, S. 229; Hugh Urban: New Age, Neopagan, and New Religious Movements. Alternative Spirituality in Contemporary America. University of California Press, Berkeley 2015, ISBN 978-0-520-96212-5, S. 183 (abgerufen über De Gruyter Online).
- Hugh Urban: New Age, Neopagan, and New Religious Movements. Alternative Spirituality in Contemporary America. University of California Press, Berkeley 2015, ISBN 978-0-520-96212-5, S. 183 ff. (abgerufen über De Gruyter Online).
- Hugh Urban: New Age, Neopagan, and New Religious Movements. Alternative Spirituality in Contemporary America. University of California Press, Berkeley 2015, ISBN 978-0-520-96212-5, S. 179 (abgerufen über De Gruyter Online).